Bahners, Patrick
Wikipedia-Artikel über das
Kopftuch.
Auszüge: «Das Kopftuch signalisiert: Ich bin unberührbar
und rein; ich stehe über anderen Frauen» (Gerda Kieninger, SPD,
Nordrhein-Westfalen). «Es steht für Intoleranz und die Herabsetzung der Frau in
Gesellschaft, Staat und Familie» (Klaus Meiser, CDU, Saarland). «Das Tragen
eines Kopftuchs transportiert diese Botschaft - aus welchen Beweggründen auch
immer es getragen wird» (Schulministerin Barbara Sommer, CDU,
Nordrhein-Westfalen). «Es ist das, was die Fachleute mit einem etwas
zungenbrecherischen Fremdwort eine zivilisatorische Selbstethnisierung nennen»
(Christoph Bohr, CDU, Rheinland-Pfalz). «Das Kopftuch ist nicht so harmlos wie
die lila Latzhose» (Gerhard Papke, FDP, Nordrhein-Westfalen). «Spätestens in
der Familie, in der sich der Konflikt um das Kopftuch zugleich meist auch als
Konflikt zwischen den Generationen anbahnt und festmacht, ist dieser Konflikt
eine schreckliche Wirklichkeit» (Christoph Bohr, CDU, Rheinland-Pfalz). «Wir
wissen, in der Mehrzahl lehnen die muslimischen Schülerinnen das Kopftuch ab»
(Bernhard Recker, CDU, Nordrhein-Westfalen). «Was wir auch wissen, ist, dass
nach wie vor die Mehrheit muslimischer Frauen kein Kopftuch trägt, dass es im
laizistischen Staat Türkei in öffentlichen Einrichtungen sogar verboten ist»
(Reiner Braun, Vorsitzender des Bildungsausschusses, SPD, Saarland). «Es kann
nicht sein, dass wir Dinge übernehmen, die zur Konsequenz haben, dass Mädchen,
die sich nicht in ihre Familienstrukturen einbinden lassen und tun, was Vater
und Brüder verlangen, dann damit rechnen müssen, dass sie ums Leben gebracht
werden. Genau dafür steht das Kopftuch» (Marlies Kohnle-Gros, CDU,
Rheinland-Pfalz). «Die Bereitschaft zur Unterstützung unserer Gesellschafts-
und unserer Verfassungsordnung kann man beim besten Willen mit dem Kopftuch
nicht verbinden» (Christoph Bohr, CDU, Rheinland-Pfalz). «Das Kopftuch ist und
bleibt Ausdruck des Glaubens oder einer politischen Haltung, und das lässt
sich am Ende auch nicht auseinanderdividieren» (Thomas Kufen, CDU,
Nordrhein-Westfalen).
Kruzifixe sollen bleiben
Das Bundesverfassungsgericht hat ein gesetzliches
Kopftuchverbot an eine eindeutige Bedingung gebunden. Fünf der acht
Bundesländer haben Wege gesucht, diese Bedingung zu umgehen.
Verfassungskonform wäre nach dem Wortlaut des Urteils ein Kopftuchverbot im
Rahmen einer «Regelung, die Lehrern untersagt, äußerlich dauernd sichtbar ihre
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft oder Glaubensrichtung
erkennen zu lassen». Das deutsche staatskirchen-rechtliche Herkommen, das der
Religion als öffentlicher Sache auch in der staatlichen Sphäre Platz
verschafft, würde modifiziert durch die Entscheidung, «der staatlichen
Neutralitätspflicht im schulischen Bereich eine striktere und mehr als bisher
distanzierende Bedeutung beizumessen». Mehr Distanz zwischen Religion und
Staat, zwischen privater Person und öffentlicher Rolle des Lehrers: Das müsste
für alle Religionen gleichermaßen gelten. Es ist undenkbar, dass die striktere
Fassung der Neutralitätspflicht die Neutralität aufweicht. Das letzte Wort des
Gerichts: Eine «Dienstpflicht, die es Lehrern verbietet, in ihrem äußeren
Erscheinungsbild ihre Religionszugehörigkeit erkennbar zu machen», ist mit dem
Verbot der Diskriminierung aufgrund des Bekenntnisses gemäß Artikel 3 3 Absatz 3 des
Grundgesetzes nur vereinbar, «wenn Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften
dabei gleich behandelt werden». Die vom Gericht eingeschärfte Pflicht zur
Gleichbehandlung des Kopftuchs und denkbarer Äquivalente soll den Anschein der
Diskriminierung der Muslime vermeiden. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit
verbietet dem Gesetzgeber nicht, «durch das äußere Erscheinungsbild einer
Lehrkraft vermittelte religiöse Bezüge von den Schülern grundsätzlich
fernzuhalten, um Konflikte mit Schülern, Eltern oder anderen Lehrkräften von
vornherein zu vermeiden». Aber grundsätzlich heißt dann: religiöse Bezüge
überhaupt.
Es mag vorsorgliche kollegiale Ironie gewesen sein, dass
die Senatsmehrheit den Prozessvertreter des Landes, den Tübinger Staatsrechtslehrer
Ferdinand Kirchhof, mit der Äußerung aus der mündlichen Verhandlung zitierte,
«dass die Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität im
Bereich der Schule angesichts der gewandelten Verhältnisse nunmehr strenger
gehandhabt werden müsse». Kirchhof, seit
Weitere Kostenlose Bücher