Bali Lombok
Wasser
(Tirtha)
herzustellen.
Makrokosmos – Mikrokosmos
Für die Balinesen ist die Insel als Makrokosmos in drei übereinander geschichtete Sphären aufgeteilt: die Gipfel der Berge und die Region darüber als Welt der Götter, der Untergrund und der Erdboden als Welt der dunklen Mächte und Dämonen und dazwischen die Welt des Menschen.
Der menschliche Körper als ein Mikrokosmos weist die gleiche Dreiteilung auf: Kopf, Körper und Füße. Der Kopf ist der heiligste Teil, da er den Göttern am nächsten ist. Die Füße gelten als unrein, da sie mit dem Boden, der Region der Dämonen, in Berührung kommen. Diese Dreiteilung übertragen die Balinesen auch auf die Anlage ihrer Dörfer und weiterhin auf jeden Tempel mit seinem Vorhof, dem mittleren Hof und dem Innenhof als Allerheiligstem und ebenso auf das Gehöft mit Familientempel (oben), Schlaf- und Wohnräume (Mitte) und Küche und Abfallgrube (unten).
Wie bei der Anlage des Wohnanwesens legen die Balinesen auch beim Schlafen ein ausgeprägtes Richtungsbewusstsein an den Tag: Der Kopf sollte nämlich immer nach
Kaja
, also bergwärts weisen, auf die Welt der Götter gerichtet, oder zumindest nach
Kangin
(Osten), der zweitheiligsten Richtung, dahin, wo die Sonne aufgeht, in der sich der mächtige Sonnengott
Surya
manifestiert.
Der balinesische Kalender
Feiertage und Feste richten sich in Indonesien einmal nach dem islamischen, zum anderen nach dem international gebräuchlichen gregorianischen Kalender. Auf Bali verfügt man zusätzlich noch über zwei weitere Kalendersysteme, welche die endlose Folge von Festen und Zeremonien bestimmen und die Aufschluss darüber geben, ob ein Tag günstig oder ungünstig für irgendeine Art von Unternehmen ist, z. B. den Beginn einer Reise, den Bau eines Hauses, das Fällen eines Baumes usw. Diese beiden Kalender sind der aus Südindien stammende, ältere
Saka
-Kalender und der jüngere, ostjavanische
Pawukon
- (oder
Wuku
-) Kalender.
Pawukon-Kalender
Dem
Pawukon
-Kalender folgen die meisten (aber nicht alle) religiösen Zeremonien, die Markttage, die günstigen und ungünstigen Tage sowie die persönlichen Jahresfeiern. Im eigentlichen Sinn ist der
Pawukon
gar kein Kalender – es gibt nämlich keine Jahre –, sondern eine Folge von Zyklen mit je 210 Tagen, wobei die einzelnen Zyklen nicht benannt oder gezählt werden. Niemand gibt sich die Mühe, über vergangene Zyklen Buch zu führen. Ist ein Zyklus abgelaufen, beginnt eben eine neue, völlig identische 210-Tage-Periode.
Im Gegensatz zu unserem Kalender, der nur die 7-Tage-Woche kennt, hat der
Pawukon
-Kalender zehn verschiedene Wochensysteme, die gleichzeitig nebeneinander ablaufen: die 1-Tag-Woche, die 2-Tage-Woche, die 3-Tage-Woche und so weiter bis zur 10-Tage-Woche. Es laufen also innerhalb des 210-Tage-Zyklus z. B. 70 3-Tage-Wochen, 30 7-Tage-Wochen, 23 9-Tage-Wochen (+3 Schalttage) und 21 10-Tage-Wochen parallel zueinander. Die zehn verschieden langen Wochen tragen Sanskrit-Namen, die sich auf die Anzahl der jeweiligen Tage beziehen. Auch die einzelnen Tage der verschiedenen Wochen haben ihre eigenen Namen, sodass sich ein Balinese 55 Tagesnamen merken muss, wobei ein Kalendertag zehn Namen trägt.
Nicht nur auf den ersten Blick erscheint der
Pawukon
-Kalender fürchterlich kompliziert. Nur wenige Balinesen sind in der Lage, ihren Kalender komplett zu verstehen. Im Zweifelsfall wird sowieso immer ein Experte gefragt, meist ein Priester oder jemand, der fähig ist, die alten
Lontar
-Schriften zu lesen.
Glücklicherweise vereinfacht sich das System dadurch, dass von den zehn unterschiedlichen Wochen nur drei von allgemeiner Bedeutung sind, die 3-Tage-Woche, die 5-Tage-Woche und die 7-Tage-Woche, die von allen die wichtigste ist. Hier bietet sich ein Anknüpfungspunkt zum gregorianischen Kalender, denn der 1. Tag der 7-Tage-Woche
(Redite)
fällt immer auf einen Sonntag, der 2. Tag
(Coma)
ist ein Montag usw.
Einen kompletten
Pawukon
-Zyklus, bezogen auf die 7-Tage-Woche
(Saptawara)
, stellen die Balinesen als Tika dar, einer Übersichtstafel, meist in Holz geschnitzt oder auf Stoffbahnen gemalt. Der
Tika
hat sieben waagerechte Kästchenreihen, die den Tagen der 7-Tage-Woche entsprechen, und 30 senkrechte Reihen, die die 30 7-Tage-Wochen eines vollständigen
Pawukon
darstellen, insgesamt also 210 Kästchen.
Man liest einen
Tika
von oben nach unten und von links nach rechts. Das erste Kästchen links oben steht folglich für den 1. Tag
(Redite)
der 1.
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