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Balkan Blues

Balkan Blues

Titel: Balkan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Amerikaner uns die Furcht vor dem Terrorismus einimpfen wie einen Virus. Sie machen uns abhängig von Sicherheitssystemen. Die wollten wir durch die Toten mit der Moutsa lächerlich machen, um zu beweisen, daß all das keinen roten Heller wert ist.«
    »Was die Kameras betrifft, habt ihr euch verrechnet. Da sitzen keine Polizeibeamten dahinter. Da steckt eine Kassette drin, die den Straßenverkehr aufzeichnet. Und soll ich Ihnen, ganz unter uns, was sagen? Die Hälfte davon wird in kürzester Zeit außer Betrieb sein. Denn unsere Leute werden keine Lust haben, andauernd die Kassette zu wechseln, oder es einfach vergessen oder überhaupt Besseres zu tun haben.«
    Einen Moment lang blickt er enttäuscht drein. Doch dann rappelt er sich wieder auf.
    »Ja, aber der Tote, der vom Zeppelin aufgezeichnet wurde, das war genial!« ruft er begeistert aus. »Denken Sie nur, ein ganzer Zeppelin wird für zwei Millionen Euro im Monat gemietet, nur um einen Toten mit der Moutsa aufzuzeichnen. Das war genial, das müssen Sie zugeben!«
    »Mann, Koumerkas, das ist doch alles zeitlich begrenzt. Damit werden wir doch nicht gleich in die Juntazeit zurückversetzt, die Sie ohnehin gar nicht miterlebt haben.«
    Er lacht erneut auf. »Kommen Sie schon, Herr Kommissar! In Griechenland laufen die Uhren anders. Nichts ist dauerhafter als ein Provisorium, und nichts provisorischer als eine dauerhafte Lösung. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben. Eines Morgens verkünden Ihre Leute: Es werden strenge Kontrollen durchgeführt und hohe Strafen über diejenigen Motorradfahrer verhängt, die ohne Helm unterwegs sind. Ein Dreitageswunder, wie meine Mutter immer sagt. Nach diesen drei Tagen vergeht den Beamten die Lust, und alles kehrt wieder zum alten zurück. Jetzt sagt man, die Kameras seien nur vorläufig da, nur für die Olympischen Spiele. Wollen wir wetten, daß nach der Olympiade hundert Gründe gefunden werden, sie nicht abzumontieren und statt dessen dauerhaft zu installieren?«
    »War Ihnen das eine Gefängnisstrafe wert?«
    »Wir haben dem Volk unsere Stimme geliehen!« meint er stolz. »Morgen werden Presse und Fernsehen auf unserer Seite stehen, wenn sie nicht gar unsere Anerkennung als politische Gefangene fordern. Selbst wenn man uns für zwei Jahre einbuchtet, werden wir so prominent wie Kenteris und Thanou. Wenn wir dann ein Café eröffnen, verlangen wir für das Kaffee Frappé vier Euro und fünf für ein Bierchen, und in einem Jahr haben wir den Laden abbezahlt.«
    Ich übergebe ihn an Vlassopoulos und benachrichtige Dermitsakis, er möge Orkopoulos, den künftigen Teilhaber des Cafés, ins Präsidium schaffen. Als ich die Baustelle verlasse, kommt Parkers Limousine auf mich zugeschnellt. Sie bleibt genau vor mir stehen, und Parker springt heraus.
    »Was hat das zu bedeuten?« bellt er auf englisch. »Warum haben Sie mich nicht informiert? Das machen Sie alles hinter meinem Rücken. You are operating behind my back. «
    »Finish« , sage ich kurz angebunden.
    Er blickt mich wie vom Donner gerührt an. »Finish?« wiederholt er mechanisch. »What do you mean?«
    Er steht vor mir wie der Trainer der Portugiesen, und mich überkommt die Lust herumzuspringen wie Otto Rehhagel, der die Außenseitermannschaft übernommen und zum Europameistertitel geführt hat.
    »Alles ist erledigt!« erkläre ich. Und ich erläutere ihm die Einzelheiten.
    Er hört mir mit offenem Mund zu, und als ich fertig bin, gibt er keinen Mucks von sich. Doch hinterher bricht er in Lachen aus und klopft mir begeistert auf die Schulter.
    »Great, Kostas!« ruft er aus und fährt auf englisch fort: » Now, I’m sure that nothing will happen. Nun bin ich sicher, daß nichts passieren wird.«
    »Wieso das denn? Sind wir in Ihrer Wertschätzung gestiegen?« frage ich spöttisch.
    »Wenn ihr uns verrückt machen könnt, dann treibt ihr sicher auch AL - QAIDA in den Wahnsinn!« entgegnet er, legt den Arm um mich und schiebt mich in seine Limousine.

Ein Kindermärchen
    Der Alte kam jeden Nachmittag um drei in den kleinen Park. Jahrein jahraus trug er dasselbe karierte Sakko und dieselbe dunkle, an den Knien abgewetzte Hose. Auf seinem Glatzkopf saß eine Baskenmütze, die ihn im Winter vor der Kälte und im Sommer vor der Sonne schützte. Stets saß er auf derselben Parkbank. Die erste halbe Stunde verbrachte er damit, zurückgelehnt und mit halb geschlossenen Lidern vor sich hinzudösen. Nach einer halben Stunde schlug er die Augen auf, klemmte den Spazierstock

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