Ball der Vampire
korallenroten Trägertop hing. Sie war der Jahreszeit ziemlich weit voraus.
»Ich bin Amelia Broadway. Mir gehört das Haus.«
»Und warum kommen Sie hier herein und wecken mich?«
»Ich habe in der Nacht Cataliades im Innenhof gehört und mir gleich gedacht, dass er Sie hergebracht hat, damit Sie Hadleys Wohnung auflösen. Ich will mit Ihnen reden.«
»Konnten Sie nicht warten, bis ich von selbst aufwache? Und wieso haben Sie einfach aufgeschlossen, anstatt zu klingeln? Was ist denn mit Ihnen los?«
Jetzt war sie richtiggehend geschockt. Zum ersten Mal wirkte Amelia Broadway, als dämmere ihr, dass sie die Situation nicht gerade optimal gehandhabt hatte. »Na ja, ich bin ziemlich beunruhigt, wissen Sie«, sagte sie kleinlaut.
»Ach ja? Ich auch«, erwiderte ich. »Da sind wir ja schon zwei. Im Moment bin ich sogar sehr beunruhigt. Jetzt gehen Sie schon raus hier und warten Sie im Wohnzimmer, okay?«
»Ja, klar«, sagte sie. »Kann ich machen.«
Ich wartete, bis sich mein Herzschlag wieder normalisiert hatte, ehe ich aufstand. Dann machte ich schnell das Bett und zog ein paar Sachen zum Anziehen aus meiner Reisetasche. Auf dem Weg ins Badezimmer warf ich einen kurzen Blick auf meinen uneingeladenen Gast. Sie wischte im Wohnzimmer Staub - mit etwas, das verdächtig wie ein Männerhemd aussah. Hm.
Ich duschte schnell, trug ein wenig Make-up auf und kam schließlich barfuß, aber in Jeans und Shirt aus dem Bad.
Amelia Broadway hörte mit der Putzerei auf und sah mich an. »Sie sehen Hadley gar nicht ähnlich«, stellte sie fest, aber ihrem Tonfall war nicht zu entnehmen, ob sie das nun gut oder schlecht fand.
»Ich bin auch gar nicht wie Hadley, in keiner Weise«, erwiderte ich ausdruckslos.
»Sehr gut. Hadley war wirklich furchtbar«, sagte Amelia plötzlich unerwartet. »Ups. Entschuldigung, ich bin nicht gerade taktvoll.«
»Ach ja?« Ich versuchte sachlich zu klingen, doch eine Spur Sarkasmus lag wohl in meiner Stimme. »Könnten Sie mir zeigen, wo der Kaffee steht, falls Sie es wissen?« Zum ersten Mal sah ich die Küche im hellen Tageslicht. Sie war aus rotem Backstein und Kupfer, mit einer Edelstahlarbeitsfläche, einem dazu passenden Kühlschrank und einer Spüle mit einer Armatur, die mehr gekostet haben musste als meine Kleidung zusammen. Klein, aber schick und ausgefallen, wie die restliche Wohnung.
Und das alles für eine Vampirin, die eine Küche eigentlich gar nicht brauchte.
»Hadleys Kaffeemaschine steht gleich dort«, sagte Amelia, und da hatte ich sie auch schon entdeckt. Sie war schwarz und fügte sich bestens in das Küchendesign ein. Hadley war immer ein Kaffeefreak gewesen, deshalb hatte ich gehofft, dass sie auch als Vampirin nicht auf ihr Lieblingsgetränk hatte verzichten wollen. Ich öffnete den Küchenschrank über der Kaffeemaschine und sah hinein - zwei Dosen Community Coffee standen darin und ein paar Filter. Der silbrige Verschluss der ersten Kaffeedose, die ich zur Hand nahm, war noch versiegelt, doch die andere war angebrochen und halb voll. Freudig sog ich den herrlichen Kaffeeduft ein. Der Kaffee schien erstaunlich frisch zu sein.
Nachdem ich die Kaffeemaschine befüllt und eingestellt hatte, suchte ich zwei Becher heraus und stellte sie daneben. Die Zuckerdose stand gleich bei der Kaffeemaschine, doch es war nur noch ein eingetrockneter Rest darin. Ich schüttete die Brocken in den Mülleimer, in dem ein frischer Müllbeutel steckte. Jemand hatte ihn nach Hadleys Tod geleert. Ob Hadley wohl Kaffeeweißer-Pulver im Kühlschrank hatte? Im Süden bewahrten die Leute gern alles kühl auf, was sie nicht häufig benutzten.
Doch als ich den glänzenden Edelstahlkühlschrank öffnete, war außer fünf Flaschen »TrueBlood« nichts darin.
Bisher war mir noch nie derart deutlich zu Bewusstsein gekommen, dass meine Cousine Hadley tatsächlich als Vampirin gestorben war. Nie zuvor hatte ich jemanden als Menschen und dann als Vampir gekannt. Es war ein regelrechter Schock. Ich hatte viele Erinnerungen an Hadley, einige waren schön, andere eher unschön - aber in all diesen Erinnerungen hatte meine Cousine geatmet, und ihr Herz hatte geschlagen. Mit zusammengepressten Lippen stand ich da und starrte die roten Flaschen an, bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich die Tür sanft schließen konnte.
Nachdem ich auch in den Küchenschränken vergeblich nach Kaffeeweißer gesucht hatte, sagte ich einfach zu Amelia, hoffentlich trinke sie ihren Kaffee auch schwarz.
»Oh, sehr
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