Ball der Versuchung
aber sie schlief tief und fest. Irgendwie sah sie sogar noch zerbrechlicher aus. Ihre blasse Haut schien durchsichtig und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe der Erschöpfung ab.
Claire empfand Mitleid für sie, aber es war eine distanzierte Art von Mitleid - Miranda rief nicht wirklich viel Zuneigung hervor. Sie hatte keine Freunde, die der Rede wert gewesen wären, das sagte Eve zumindest; die Leute duldeten sie, aber faktisch genossen sie ihre Gesellschaft nicht. Das war heftig für das Mädchen, aber Claire konnte es verstehen. Miranda war eine Mischung aus Verschlossenheit und absoluter Gruseligkeit und sogar in Morganville fiel es ihr schwer, sich einzufügen.
Kein Wunder, dass sie den Vampir verteidigte, der sich von ihr ernährte. Er war wahrscheinlich der Einzige, der ihr irgendeine Art von Zuneigung entgegenbrachte.
Claire blieb stehen, um die Decken fester um das zitternde Mädchen zu wickeln, dann ging sie in die Küche, um Kaffee und Toast zuzubereiten. Sie nahm ihr einfaches Frühstück normalerweise allein ein, da keiner der anderen das war, was man unter einem Morgenmenschen verstand.
Es gab Zeiten, in denen es gar keine gute Idee schien, sich für Frühstunden einzuschreiben.
Als das Telefon klingelte, fuhr sie zusammen. Sie machte einen Satz zum Nebenanschluss neben der Küchentür und nahm noch vor dem nächsten ohrenbetäubenden Klingeln ab. »Hallo?«
»Mom! Hi... stimmt was nicht?«
»Warum sollte etwas nicht stimmen? Warum kann ich nicht einfach anrufen, weil ich mit meiner Tochter sprechen möchte?« Na großartig. Jetzt klang ihre Mutter aufgeregt und verteidigend. »Ich weiß, dass es früh ist, aber ich wollte dich abfangen, bevor du den ganzen Tag im Unterricht bist.«
Claire seufzte, lehnte sich an die Wand und trat träge gegen den Linoleumboden. »Okay. Wie habt ihr euch eingelebt, du und Dad? Habt ihr schon alles ausgepackt?«
»Alles bestens«, sagte ihre Mutter in einem so falschen Tonfall, dass Claire sehr, sehr still wurde. »Es ist nur... man muss sich daran gewöhnen, das ist alles. Die Stadt ist ziemlich klein und so weiter.«
»Ja«, stimmte Claire leise zu. »Man muss sich daran gewöhnen.» Sie hatte keine Ahnung, was ihre Mutter und ihr Vater bisher über Morganville herausgefunden hatten, aber sie mussten eine Art - wie konnte man das nennen? -, eine Art Orientierung erhalten haben. Sie hatte den Verdacht, dass Morganville absolut effektiv war, was das anging. »Habt ihr schon... Leute kennengelernt?«
»Wir waren bei einer netten Kennenlern-Party in der Stadt«, sagte Mom. »Mr Bishop und seine Tochter haben uns mitgenommen.«
Claire musste sich auf die Lippen beißen, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Bishop? Und Amelie? Oh, mein Gott. »Was ist passiert?«
»Oh, eigentlich nichts. Es war eine Cocktailparty. Hors d'oeuvres und Drinks, ein wenig Unterhaltung. Es gab eine Präsentation über die Geschichte von... von...« Mit schockierender Plötzlichkeit brach Claires Mutter in Tränen aus. »Ich schwöre dir, dass wir es nicht wussten... wir wussten es nicht, sonst hätten wir dich nicht an diesen schrecklichen Ort geschickt. Oh, Liebes... „
Claire konnte kaum schlucken wegen des Kloßes in ihrem Hals. »Nicht weinen, Mom. Es ist in Ordnung. Alles wird gut.«
Sie log. aber das musste sie. Zuzuhören. wie ihre Mutter zusammenbrach, war einfach zu heftig. »Hör mal. du hast doch Amelie kennengelernt, nicht wahr?«
Sie hörte ein Schniefen am anderen Ende der Leitung. »Ja, sie scheint nett zu sein.«
Nett würde Claire nicht sagen. »Na ja, Amelie ist die mächtigste Person in Morganville und sie ist definitiv auf unserer Seite. Das war übertrieben, aber es war die beste Art, die Situation in einfachen Worten zu erklären. »Es gibt also wirklich nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Ich arbeite für Amelie. Sie hat die Verantwortung für mich und auch für euch übernommen. sodass wir sicher sind. Okay?«
»Okay.« Es klang matt und gedämpft, aber wenigstens stimmte sie zu. »Ich habe mir nur solche Sorgen um deinen Vater gemacht. Er sah überhaupt nicht gut aus. Ich wollte. dass er ins Krankenhaus geht, aber er sagte, es gehe ihm gut... „
Claire überlief es eiskalt, als sie sich in Erinnerung rief, was Miranda gesagt hatte: Bitte schickt mich nicht dorthin. Ihr wisst nicht, was sie tun werden... Sie hatte das Krankenhaus gemeint. »Aber ist er okay?«
»Heute scheint es ihm gut zu gehen.« Claires Mom putzte sich die Nase.
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