Ball der Versuchung
Schaden ist angerichtet. Was hat dir Myrnin erzählt?«
»Er sagte...« Claire befeuchtete ihre Lippen und warf den Bodyguards einen Blick zu, die erschreckend nahe gekommen waren. Amelie zog eine Augenbraue hoch und nickte. Claire fühlte eher, dass sie zurückwichen, als dass sie es sah. »Er sagte, Sie beide wären davon ausgegangen, dass Bishop tot sei, deshalb war er überrascht, als er erfuhr, dass er in die Stadt gekommen ist. Er sagte, dass Bishop Rache nehmen will. An Ihnen.«
»Was hat er dir über das Fest erzählt?«
»Nur dass es zu einer Art Zeremonie gehöre, Bishop in der Stadt willkommen zu heißen«, sagte Claire. »Und dass Sie wohl nicht gegen ihn kämpfen werden, wenn Sie das Fest veranstalten.«
Amelies Lächeln war kurz und kalt. »Myrnin versteht etwas von der Welt und ihrer Politik. Nein, ich werde nicht gegen ihn kämpfen. Es sei denn, ich muss. Hat er dir sonst noch etwas erzählt?«
»Nein.« Claire nahm ihren ganzen Mut zusammen. »Ysandre nimmt Shane mit. Und Michael - ich habe vorhin herausgefunden, dass er hingeht und dass er Monica mitnimmt. Nicht Eve.«
»Kannst du dir vorstellen, dass es mich nicht im Geringsten kümmert, wie deine Freunde ihre romantischen Angelegenheiten handhaben?«
»Nein, es ist nur - ich möchte, dass Sie mich einladen. Bitte. Alle Vampire nehmen Menschen mit. Warum nehmen Sie nicht mich mit?«
Amelies Augen weiteten sich. Nicht sehr, aber genug, dass Claire sicher sein konnte, für die Überraschung des Tages gesorgt zu haben. »Warum solltest du dorthin gehen wollen?«
»Monica sagt, es sei das gesellschaftliche Ereignis des Jahres«, sagte Claire. Sie war sich nicht sicher, ob ein Witz gut ankommen würde; sie wusste, dass Amelie Sinn für Humor hatte, wenn auch einen eher undurchsichtigen.
Heute war er offenbar nicht existent.
»Also gut, die Wahrheit ist, ich mache mir Sorgen um Michael und Shane. Ich will nur sicherstellen, dass sie okay sind.«
»Und wie genau würdest du das sicherstellen, wenn nicht einmal ich das kann?« Amelie wartete nicht auf eine Antwort, weil es offenbar keine gab. »Du willst den Jungen beobachten, um sicherzugehen, dass er nicht Ysandres Beute wird. Ist es das?«
Claire schluckte und nickte. Das war alles, aber das war auch ganz schön viel.
»Das ist Zeitverschwendung. Nein«, sagte Amelie. »Du wirst nicht daran teilnehmen, Claire. Ich sage dir hiermit explizit, damit wir uns richtig verstehen: Ich kann dich dort nicht aufs Spiel setzen. Du wirst an dieser Veranstaltung nicht teilnehmen. Weder du noch Myrnin. Ist das klar?«
»Aber...«
Amelies Stimme schwoll zu einem Schreien an. »Ist das klar?« Ihr Zorn traf sie wie Messerstiche und Claire schnappte nach Luft und nickte. Sie wäre am liebsten einen Schritt vor dem schrecklichen Glitzern in Amelies Augen zurückgewichen, aber das wäre eine sehr schlechte Idee. Sie war genug um Myrnin herum gewesen, um zu wissen, dass Rückzug ein Zeichen von Schwäche war, und Schwäche löste Angriffe aus.
Amelie starrte sie weiterhin an, unbewegt und schweigend, und sie hatte eine Wildheit an sich, die Claire sich nicht erklären konnte.
»Herrin«, sagte einer der Bodyguards. »Wir sollten gehen.« Er ließ es so klingen, als würden sie irgendwo erwartet, aber Claire hatte das beklemmende Gefühl, dass er sich absichtlich einmischte. Dass er Amelie eine Ausrede lieferte, sich zurückzuziehen.
»Ja«,sagte Amelie. Ihre Stimme klang leicht belegt, was Claire noch nie zuvor gehört hatte. »Allerdings. Bringen wir das hier zu Ende. Du hast gehört, was ich gesagt habe, Claire. Ich warne dich, stell mich nicht auf die Probe. Du bist mir lieb und teuer, aber du bist nicht unersetzlich und du hast Freunde und Angehörige in dieser Stadt, die weit weniger nützlich sind.«
Dies war unmissverständlich als direkte Drohung zu verstehen. Claire nickte langsam.
»Sag die Worte«, sagte Amelie.
»Ja, ich habe verstanden.«
»Gut. Jetzt behellige mich nicht weiter. Du kannst gehen.«
Claire wich zur Treppe zurück. Sie ging sogar die ersten beiden Stufen rückwärts hinunter, bevor sie sich umdrehte und die übrigen hinunterrannte. Als sie schon halb unten war, fiel ihr ein, dass der einzige Schalter, mit dem die Tür von innen geöffnet werden konnte, oben war, an der Couch, auf der Amelie saß.
Wenn Amelie sie nicht hinauslassen wollte, ging sie gar nirgends hin.
Claire erreichte die letzte Stufe. Die Tür war noch immer zu. Sie schaute die Treppe hoch und sah, dass
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