Ballade der Leidenschaft
vermutete sie. Aber was hatte sie von dem berüchtigten Benedict Silvester erwartet?
„Natürlich, Monsieur.“
„Und wenn es möglich ist, möchten wir zwei nebeneinanderliegende Kabinen. Würdest du dich persönlich um Rose kümmern, Soaz? Sie hat einen langen Ritt hinter sich. Nach dem Bad braucht sie eine Massage mit deinem speziellen Jasminöl.“
„Wie Ihr wünscht.“
Also betrat Ben eine Kabine, und Rose wurde in die benachbarte geführt. Darin standen ein hölzerner Zuber und eine Bank – mit so vielen Kissen bedeckt, dass sie wie ein Sofa aussah.
Ein Sofa … Rozenn kaute an ihrer Unterlippe. Darauf mussten die Massagen stattfinden. Nur zu lebhaft erinnerte sie sich an das wohlige Stöhnen, das sie bei ihrer Ankunft im Badehaus gehört hatte. Geschah auf diesen Bänken auch noch etwas anderes? Die Anwesenheit der kleinen Soaz ließ das eher nicht befürchten. Aber …
Der Vorhang öffnete und schloss sich hinter dem Mädchen, das einige weiße Leinentücher neben ein goldfarbenes Seidenkissen legte. An den Rändern war das Kissen mit glänzenden roten Quasten besetzt. Zweifellos hätte es Comtesse Muriel hellauf begeistert.
„Soll ich Euch beim Auskleiden helfen, Madame?“, fragte Soaz lächelnd.
„Oh – ja, bitte“, stimmte Rozenn trotz ihres Unbehagens zu. Seit sie dem Kleinkindalter entwachsen war, hatte ihr niemand mehr beim Ausziehen geholfen.
„Lass Soaz das machen, chérie !“ Durch den weißen Vorhang drang aus der angrenzenden Kabine Bens Stimme herüber, in der unverwechselbare Belustigung mitschwang.
Unsicher spähte sie in seine Richtung. Würde er sie beobachten? Doch sie sah hinter dem dünnen Stoff nur die Umrisse zweier Gestalten. Welche Ben war, erkannte sie mühelos an den breiten Schultern und schmalen Hüften. Anscheinend war Barbe ziemlich üppig gebaut, mit vollen Brüsten. Hm …
Die beiden Silhouetten verschmolzen zu einer, und Rose schluckte. „Ach ja? Zieht Barbe dich auch aus?“ Eine unnötige Frage, denn sie konnte erkennen, dass Barbe sich an Bens Taille zu schaffen machte und den Gürtel öffnete. Aber die Worte waren ihr entschlüpft, ehe sie es hatte verhindern können.
„Natürlich.“ Im Plauderton wehte Bens Stimme durch das weiße Leinen herüber. „Weißt du das nicht, Rose? Wenn hoch geschätzte Gäste in vornehmen Häusern baden, werden sie von den Frauen des Hauses bedient.“
„Das ist kein vornehmes Haus!“
„Trotzdem wird man hier genauso gut betreut. Wir armen gewöhnlichen Sterblichen ahmen nun mal gern die Sitten und Gebräuche des Adels nach.“
„Oh …“ Der Spott war unüberhörbar. Verwirrt stand Rozenn da und starrte die Silhouetten in der Nachbarkabine an. In ihrem Mund entstand ein bitterer Geschmack. Von einem unangenehmen Gefühl getrieben, das sie nicht hätte benennen können, trat sie einen Schritt näher zu Ben.
Als sie den Vorhang beiseite zerren wollte, spürte sie Soaz’ Hand auf ihrem Arm. „Madame? Möchtet Ihr ihn doch selbst betreuen?“
Rozenn riss sich zusammen und schüttelte den Kopf. Schweigend sank sie auf das Seidenkissen, und Soaz nahm ihr den Schleier ab.
„Soll ich Euer Haar waschen, Madame?“
„Bitte.“ Nachdem das Mädchen den Zopf entwirrt hatte, stand Rozenn auf und hob die Arme. Wie eine feine Dame ließ sie die seitliche Verschnürung ihres Kleides lösen – und fühlte sich elend.
„Kleine Blume?“
„Hm?“ Entschlossen kehrte sie Bens Silhouette den Rücken zu. Nun zog Barbe ihm sicher die Tunika aus. Oder vielleicht öffnete sie die Schnüre seiner Hosen … Nein, nein – sie wollte sich nicht vorstellen, von welchem Kleidungsstück die Frau ihn gerade befreite.
„Pass gut auf, was Soaz macht“, fuhr er fort. „Falls du wirklich die Herrin eines Ritterhaushaltes werden willst, wird Sir Richard erwarten, dass du all die Gepflogenheiten kennst.“
Geschickt streifte Soaz ihr das Kleid über den Kopf und half ihr aus dem Unterkleid. Rose errötete verlegen. Nur ihr Ehemann Per hatte sie bisher nackt gesehen, und sogar das war ihr peinlich gewesen. Doch das Mädchen linderte ihre Befangenheit mit einem sanften Lächeln und ergriff einen Wasserkrug. „Zuerst Euer Haar, Madame.“
Rozenn nickte und kletterte in den Badezuber. Langsam versank sie im warmen Wasser, das nach Jasmin roch. Wie sehr ich diesen Duft liebe – das hat Ben nicht vergessen, dachte sie. Weiche Wellen umspülten ihre Brüste, und sie musste sich eingestehen, welch eine himmlische Wirkung das
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