Ballade der Leidenschaft
Seine Miene verschloss sich. „Wo immer du es wünschst, ma belle .“ Nun grinste er unbekümmert. „Im Bett, am Boden … Ich habe schon auf schlimmeren Böden geschlafen.“
Erleichtert lächelte sie. Sie hatte gewusst, mit Ben würde es keine Schwierigkeiten geben. Im Gegensatz zu Per nahm er Rücksicht auf ihre Gefühle.
Er zog sich seine Tunika über den Kopf, und Rozenn gestattete sich, das Muskelspiel seiner Schultern zu bewundern. Wie gut er gebaut ist, dachte sie und musterte seine breite Brust, den flachen Bauch, die dunklen Härchen, die über den Hosenbund hinausgingen. Um sein Publikum zu beeindrucken, trug er schöne, edle Kleidung. Aber ohne diesen Staat sah er noch viel besser aus. Vielleicht, überlegte sie atemlos, wäre es gar nicht so schlimm, von Ben geliebt zu werden. Er wirkte so anziehend. Und sie hatte seine Küsse genossen.
Würden ihr Sir Richards Küsse gefallen? Könnte sie den Liebesakt mit ihm genießen? Wären sie in Liebe vereint? Ben hatte gefragt, ob sie den Ritter liebte. Nein. Das wusste sie in ihrem Herzen. Aber vielleicht würde sie Sir Richard lieben lernen …
Nachdenklich runzelte sie die Stirn, sank wieder auf ihr Kissen hinab und schaute zu, wie Ben sich weiter auszog. Er schleuderte die Stiefel beiseite, und dabei fiel sein Blick auf die Sachen, die sie zusammengefaltet hatte. Sofort erstarrte er, als sei er erschrocken, dann ging er zu ihr und schaute sie forschend an.
„Ben?“
Mit einer ruckartigen Kopfbewegung wies er in Richtung der Kleidungsstücke. „Hast du mein Zeug durchsucht?“, fragte er in kaltem, hartem Ton.
„Nur um es zu ordnen. Du hast das alles am Boden verstreut.“
„Tatsächlich?“
„Ja.“
Sein Blick nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. „Und du hast für mich aufgeräumt?“
„Ja, Ben. Was stimmt denn nicht?“
„Bitte, Rose, es wäre mir lieber, du würdest meine Sachen nicht anrühren.“
Zunächst konnte sie ihn nur anstarren – tief gekränkt, weil er es für nötig hielt, so etwas zu sagen. Noch dazu in diesem unfreundlichen Ton. Früher hatten sie alles bereitwillig geteilt. „Verzeih mir …“ Seufzend zuckte sie die Achseln, neigte sich zur Bettkante und warf ihm sein zerrissenes Hemd zu. „Dann willst du sicher auch nicht, dass ich das für dich flicke.“
Nachdem er das Hemd aufgefangen hatte, sah er es nur flüchtig an. Immerhin wirkte sein Gesicht jetzt etwas sanfter. „Meinetwegen musst du dir keine Mühe machen.“
Erbost zog sie das Laken über ihre Schultern und drehte sich zur Seite, von Ben abgewandt. „Flick es eben selber! Damit wollte ich dir einfach nur für deine Hilfe danken, das war alles.“ Zu ihrem Entsetzen klang ihre Stimme tränenerstickt, und das würde Ben mit seinem scharfen Gehör zweifellos bemerken.
Beinahe hatte sie das Gefühl, sein Blick würde ihren Rücken verbrennen. Sie hörte ein Stöhnen, dann ein Scharren. Offenbar wurde eine Pritsche unter dem Bett hervorgezogen.
„Hier ist genug Platz“, fauchte Rozenn und klopfte hinter sich auf die Matratze. „Du kannst ruhig neben mir schlafen – falls du das erträgst.“
Noch ein Stöhnen. Rasselnd wurde die Pritsche unter das Bett zurückgeschoben. Die Matratze zitterte, als Ben sich darauf warf. „Danke, chérie “, murmelte er und unterdrückte ein Gähnen. „Heute Nacht brauche ich einen erholsamen Schlaf. Bis wir Adams Landsitz in Wessex erreichen, müssen wir eine anstrengende Reise überstehen.“
Und dann musste er die Kerze gelöscht haben, denn es wurde dunkel. Es war eine sanfte, warme Finsternis, erfüllt von den leisen Stimmen und Geräuschen der Menschen im öffentlichen Schlafraum. Hin und wieder erklang Gelächter in der Schankstube, der heimelige Geruch eines Holzfeuers wehte herauf.
„Irene hat mir gestattet, schon etwas früher zu verschwinden“, erklärte Ben leichthin.
Da wusste Rozenn, dass er noch eine Weile reden würde. Bevor sie sich versöhnten, wollte er nicht einschlafen. Das galt auch für sie selbst. „Und ich dachte, du müsstest bis Mitternacht für ihre Gäste singen. So spät kann es noch nicht sein.“
„Nein, Irene ist sehr großzügig. Für eine Handvoll Lieder überlässt sie uns dieses Zimmer.“
„Sie mag dich.“
„Ja.“
Hinter ihrem Rücken bewegte er sich seufzend, und ein Hauch von Sandelholz stieg ihr in die Nase. Dieses Öl hatte er anscheinend bei seiner Rasur im Badehaus benutzt.
„Rose?“, flüsterte er und berührte ihre Schulter.
Halbherzig
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