Ballade der Liebe
Aufstellung genommen, um Flynns letzte Anweisungen vor Miss O’Keefes Ankunft entgegenzunehmen. Wiggins und Smythe sollten gleichfalls im Haus wohnen, als ständige Bewacher der neuen Herrin, gemeinsam mit zwei Bow Street Runners, mit denen sie sich abwechselten.
Flynn hatte alle Dienstboten einzeln auf Herz und Nieren geprüft und sich versichern lassen, dass sie Miss O’Keefe treu dienen wollten.
Bevor er das Haus verließ, warf Flynn einen letzten Blick die Treppe in den ersten Stock hinauf.
Er zweifelte daran, ob er je wieder einen Fuß in dieses Haus setzen würde, nachdem Lord Tannerton ihm die Stellung beim Duke of Clarence verschafft hatte. Eine aussichtsreichere Position hätte Flynn nicht erwarten können. Der Prinz war der dritte Anwärter in der Thronfolge, wobei Prinzessin Charlotte ihren Onkel um einen Platz herunterstufen könnte, wenn sie ihr Kind zur Welt brachte.
Flynn hätte Freudensprünge vollführen und Tanner beim Händeschütteln die Fingerknochen brechen müssen, als er ihm die Neuigkeit eröffnete. Stattdessen hatte er sich formell bedankt und seine Absicht geäußert, vorher nach Irland zu reisen.
Obschon seine Niedergeschlagenheit kein Glücksgefühl über seinen Karrieresprung zuließ, wusste Flynn wenigstens die Ehre zu schätzen, die ihm zuteil wurde.
Nachdem er Roses neues Heim verlassen hatte, machte er sich zu Fuß auf den Weg in die St. James Street und untersagte sich strikt, an Rose und Tanner, der sie heute Abend von Vauxhall in die Great Ryder Street begleiten würde, zu denken.
Flynn betrat Tanners Haus in der Befürchtung, seinem Dienstherrn wieder auf der Treppe zu begegnen. Er begab sich in die Bibliothek und holte Unterlagen aus der Schreibtischschublade, die er bearbeiten wollte. Tanners Geschäftspapiere sollten geordnet sein, bevor er nach Irland abreiste, das hatte er sich vorgenommen.
Beflissen machte er sich daran, offene Rechnungen zu begleichen und Korrespondenz zu erledigen. Er arbeitete konzentriert, und bald legte sich sein Gemütsaufruhr. Die Ablenkung hinderte ihn daran, in Schwermut zu verfallen.
Irgendwann fand er zufällig die Rechnung des Bow Street Runners, der nach Brighton gereist war, um Greythorne zu überwachen. Flynn legte den Federkiel beiseite und stützte den Kopf in die Hände. Er durfte die Stellung bei Tanner erst aufgeben, wenn Rose keine Gefahr mehr von Greythorne drohte.
Er versuchte sich zwar einzureden, dass auf Tanner Verlass war, sie zu beschützen. Es war eine Herausforderung, die den Marquess zu großem Einsatz und Ehrgeiz anspornte. Dennoch würde Flynn keine Ruhe finden, wenn Greythorne durch die Gegend schlich und auf seine Chance lauerte, Rose in die Hände zu bekommen.
Ein Schreckensbild tauchte vor ihm auf. Er sah Rose, an Händen und Füßen gefesselt, hilflos Greythornes perversen Grausamkeiten ausgeliefert. Das durfte nicht geschehen.
Niemals.
Flynn sprang auf die Füße. Seine innere Unruhe, die sich wieder eingestellt hatte, machte es ihm unmöglich, weiter zu arbeiten. Er legte die unerledigten Papiere wieder in die Schublade zurück.
In Vauxhall war Rose schutzlos, mochte Tanner ihr noch so viele Bewacher zugeteilt haben. Er musste dorthin, auch wenn es ihn schier umbrachte, sie zu sehen und zu wissen, dass sie ihm niemals gehören würde. Er musste Ausschau nach einer drohenden Gefahr halten. Sie sollte nicht wissen, dass er in ihrer Nähe war, aber er würde dafür sorgen, dass ihr kein Leid geschah.
Greythorne ging jeden Punkt seines Planes noch einmal in Gedanken durch. Ein bis ins Kleinste ausgeklügeltes strategisches Meisterwerk, Rache an Tannerton zu nehmen, der einfältig genug gewesen war, sich einzubilden, er hätte sich seiner auf so primitive Weise entledigt.
Verächtlich musterte er die Männer, die vor ihm standen: ein ungewaschener, schlecht gekleideter Haufen Landstreicher, die jede Schandtat begingen, wenn der Preis stimmte.
„Ihr kennt eure Aufgaben?“, fragte er barsch.
„Jawohl, Sir“, antwortete der Anführer.
Die anderen murmelten zustimmend.
„Ihr nehmt die beiden gefangen, ohne ihnen ein Haar zu krümmen“, ermahnte Greythorne seine Henkersknechte.
Das Vergnügen, seinen Opfern Schmerzen zuzufügen, sollte nur ihm allein vorbehalten sein.
20. KAPITEL
Beim Betreten des Vergnügungsparks setzte Flynn eine Maske auf, nichts Ungewöhnliches an einem Ort, an dem vieles schnöder Schein und Maskerade war. Was er allerdings in der Vergangenheit verachtet und als billige
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