Ballade der Liebe
naiv.
„Ich war nicht aufrichtig, als ich das behauptet habe.“ Und dann fügte sie hastig hinzu: „Aber ich erwarte nicht, dass sich dadurch für dich etwas ändert, Flynn. Bitte nimm die Stellung beim Duke of Clarence an. Davon hast du doch immer geträumt.“
Er stützte sich auf den Ellbogen und sah sie ernsthaft an. „Du wusstest davon?“
Sie nickte. „Lord Tannerton vertraute es mir vor einigen Tagen an.“
Flynns harte Gesichtszüge wurden weich. „Aber ich träume nicht mehr davon, für einen Prinzen zu arbeiten, Rose. Mein Traum bist du.“
Sie fürchtete sich davor, seinen Worten Glauben zu schenken. „Um mich musst du dir keine Sorgen machen“, redete sie hastig weiter. „Ich überlege, ob ich das Pianoforte verkaufe. Von dem Geld kann ich nach Hause fahren. Und ich bin sicher, meine alte Schule nimmt mich wieder als Gesangslehrerin.“ Sie würde auch Böden schrubben oder als Spülmagd arbeiten, es war ihr einerlei.
Er beugte sich über sie und küsste sie zärtlich. „Komm mit mir nach Irland.“
Sie zog die Stirn kraus.
Liebevoll lächelte er sie an. „Ich will dich heiraten, Rose.“
Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, doch er legte ihr den Finger an die Lippen.
„Erzähl mir nicht, dass du mich nicht heiraten willst, Rose. Ich war gestern in Vauxhall und hörte dich singen.“
Ihr Herz klopfte ängstlich. Er hatte die Wahrheit in den Liedern gehört, genau wie sie.
Flynn blickte ihr tief in die Augen. „Ich hätte dich beinahe verloren, Rose. Ich will dich nicht ein zweites Mal verlieren.“
Überwältigt schlang Rose die Arme um ihn. „Du wirst mich nicht verlieren, Jameson Flynn. Ich gehöre dir.“
Tanner brummte der Schädel immer noch höllisch, dennoch war er früh aufgestanden, hatte sich von seinem Kammerdiener bei der Morgentoilette helfen lassen und fühlte sich einigermaßen klar im Kopf, bereit, die lästigen Fragen des Magistraten zu beantworten.
Zu seinem Erstaunen waren alle Beteiligten an dem nächtlichen Tumult im Salon versammelt und warteten auf den Besuch des Beamten. Rose, Katy, die Bow Street Runners – sogar Cummings – alle hatten sich eingefunden. Flynn erklärte seinem Dienstherrn, dass die beiden Damen und Cummings die Nacht unter dessen Dach verbracht hatten, was gewiss für Gesprächsstoff unter dem Hauspersonal sorgte. Tanner fragte sich nur, wie lange es dauern würde, bis die gesamte Audley Street wusste, dass nicht eine, sondern zwei Damen zweifelhaften Rufs in seinem Haus genächtigt hatten.
Als der Friedensrichter schließlich eintraf, übernahmen Flynn und die anderen die Beantwortung der meisten Fragen. Das war auch gut so, denn Tanner war kaum fähig, zwei klare Gedanken hintereinander zu fassen. Seine Erinnerungen an die Vorfälle der letzten Nacht waren immer noch ein hoffnungsloses Wirrwarr.
Mittlerweile hatte der Magistrat sich verabschiedet, und die anderen waren gleichfalls gegangen. Es herrschte eine gesegnete Ruhe im Zimmer. Tanner führte die Tasse zum Mund und trank in kleinen Schlucken. Tee war das einzige Getränk, das sein Brummschädel und sein Magen tolerierten – zu seinem Bedauern.
Er stellte die Tasse ab und schloss die Augen, immer wieder tauchten neue Erinnerungsfetzen auf. Schließlich war es ihm doch noch gelungen, Greythorne das Handwerk zu legen, aber zu welchem Preis?
Er zwang sich, die Augen wieder zu öffnen. Es lag nicht in Tanners Natur, sich lange mit lästigen Dingen zu beschäftigen, schon gar nicht mit der kläglichen Rolle, die er in diesem Fall gespielt hatte. Im Übrigen verstärkten sich seine Kopfschmerzen, wenn er sich zu sehr bemühte, logisch zu denken.
Es klopfte an der Tür. Flynn streckte den Kopf herein. „Kann ich Sie sprechen?“
Um Himmels willen. Noch mehr Gerede. „Wenn es sein muss.“
Flynn trat ein, gefolgt von Rose, die sich an seinem Arm festhielt. Tanner versuchte aufzustehen.
„Bitte bleiben Sie sitzen, Lord Tannerton“, bat sie besorgt.
Erleichtert sank er in den Stuhl zurück. „Dann setzt euch bitte, beide. Und trinkt eine Tasse Tee.“
Tee lehnten sie ab, setzten sich aber nebeneinander aufs Sofa.
„Ich muss Ihnen etwas gestehen, Mylord“, begann Rose in ernstem Ton.
Gütiger Himmel, er war nicht in der Stimmung, sich weitere Nöte anzuhören. Und dann kehrte eine Erinnerung zurück. Gestern Nacht in der Kutsche hatte sie davon angefangen. „Ach ja, richtig.“ Er trank einen Schluck Tee.
Flynn wandte sich ihr zu und legte seine Hand auf die ihre.
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