Ballade der Liebe
einen Brief von ihr bekommen. Erzähl es ihr!“, forderte Mary eifrig.
„Später“, meinte Lucy. „Ich habe ihn bei mir. Zuerst musst du Elliot begrüßen.“
Lucys Ehemann trat vor, und Rose umarmte auch ihn in ihrem Überschwang und anschließend Mr. Duprey, Marys Ehemann.
„Fabelhaft“, lobte Duprey. „Gute Vorstellung. Erstklassig.“
„Vielen Dank.“ Rose wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich freue mich, euch alle wiederzusehen. Ihr habt mir gefehlt. Ich wusste gar nicht, dass ihr wieder aus Bath zurück seid.“ Die Dupreys hatten vorgehabt, den ganzen Sommer in Bath zu verbringen, und die Elliots waren auf Mr. Sloanes Landsitz eingeladen.
„Nun wollen wir aber gehen.“ Tanner mahnte zum Aufbruch. „Ihre Freunde werden mit uns speisen, Miss O’Keefe, und Sie haben den ganzen Abend Zeit, Neuigkeiten auszutauschen.“
In Madame Bisous Salon unterhielten Tanner und Flynn sich mit Elliot und Duprey, während Rose unter reger Anteilnahme der Freundinnen Miss Harts Brief aus Venedig vorlas.
„Oh mein Gott, sie ist guter Hoffnung!“, rief Rose, der die freudige Botschaft seltsamerweise die Tränen in die Augen trieb.
Mary neigte sich ihr zu und ergriff ihre Hand. „Ich auch, meine Liebe.“
„Und ich bin die Dritte im Bunde“, kicherte Lucy.
Und dann kullerten Rose die Tränen tatsächlich über die Wangen. Alle drei Freundinnen erwarteten ein Kind. Gerührt umarmte und küsste Rose sie.
Das Soupé verlief in lebhafter, beinahe ausgelassener Stimmung, man plauderte angeregt und lachte viel. Trinksprüche wurden ausgebracht, in erster Linie von Tannerton, der es offenbar darauf abgesehen hatte, die Damen zu unterhalten und zum Lachen zu bringen. Rose bemerkte, dass Mr. Elliot und Flynn sich angeregt unterhielten. Nachdem die Tafel aufgehoben war, suchte sie Mr. Elliots Nähe.
„Kennen Sie Mr. Flynn?“, fragte sie den Sekretär von Mr. Sloane.
Er trank einen Schluck Wein, bevor er antwortete. „Ja, wir kennen uns, wenn auch nur flüchtig. Er ist ein tüchtiger Mann.“
Dieses Lob machte Rose stolz, auch wenn sie kein Recht hatte, stolz auf Flynn zu sein.
Elliot, dem der Wein die Zunge gelöst hatte, fuhr fort: „Es heißt, er hat eine große Karriere vor sich. Er kann es sogar zu einem Sitz im Parlament bringen. Man weiß ja, dass Tannerton ihn auf Großes vorbereitet.“
Auf eine Königliche Hoheit, dachte Rose im Stillen.
Sie warf einen Blick zu Flynn hinüber, der sich mit Duprey unterhielt. In dieser Sekunde wandte Flynn den Kopf in ihre Richtung, und ihre Blicke begegneten einander.
Nachdem Elliot sich einem anderen Gast zugewandt hatte, schlenderte Katy heran. „Was wirst du tun?“
Rose blinzelte verständnislos. „Was meinst du?“
„Nun ja, ihn natürlich.“ Katy wies mit dem Kinn in Flynns Richtung.
Rose sah die Freundin an. Es war ihr unmöglich, ihre Gefühle zu verbergen. „Ich weiß nicht, Katy. Ich weiß es wirklich nicht.“
Erst kurz vor Morgengrauen löste sich die Gesellschaft auf. Die Jungvermählten, Mary und Lucy, verabschiedeten sich völlig übermüdet und wurden von ihren Ehemännern in die Kutschen gesetzt. Rose sah ihnen wehmütig hinterher. Beide hatten sich dagegen entschieden, Kurtisanen zu werden, und sich stattdessen verliebt.
Und nun waren beide glücklich verheiratet.
Tannerton trat neben Rose. „Ich darf Ihnen eine gute Nacht wünschen, Miss O’Keefe.“ Er schwankte ein wenig, vermutlich hatte auch er zu tief ins Glas geschaut.
Rose versank in einen förmlichen Knicks. „Ich danke Ihnen noch einmal, Mylord, für diesen wunderschönen Abend.“
Er nahm sie am Ellbogen, zog sie hoch und meinte gut gelaunt: „Schluss mit den Förmlichkeiten. Ich möchte lieber einen Kuss.“
Rose erschrak. Er forderte einen Kuss von ihr. Unstet irrte ihr Blick durch den Raum auf der Suche nach Flynn, der damit beschäftigt war, Katy beim Aufstehen zu helfen. Die lachte plötzlich schrill und schlang ihre Arme um seinen Hals.
Rose blickte zu Tannerton hoch, der immer noch lächelnd vor ihr stand. Ohne weiter zu überlegen, hob sie ihm ihr Gesicht entgegen.
Er gab ihr einen Kuss auf den Mund. Seine Lippen waren weich wie Flynns Lippen, ebenso warm und schmeckten nach Brandy. Aber das war auch alles.
Er löste sich wieder von ihr und lächelte irgendwie einfältig, wie Rose fand. „Flynn wird die nächsten Arrangements treffen.“
Sie wusste, was er damit andeutete, und ihr Herz krampfte sich zusammen. Wieder flog ihr Blick zu Flynn.
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