Ballade der Liebe
geglaubt, dass er je eine solche Verhandlung führen müsste.
„Wir werden auf der Straße landen und verhungern!“, lamentierte Miss Dawes und warf sich in einen Stuhl.
„Aber Letty, ich finde Arbeit, glaube mir.“ O’Keefe tätschelte ihre Schulter.
„Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass Sie London verlassen sollten“, unterbrach Flynn das Gezeter. „Der Marquess wird Ihnen behilflich sein. Wohin wollen Sie denn?“
„Wo können wir denn sicher sein?“, jammerte Miss Dawes.
„In Glasgow“, sagte O’Keefe leise. „Das ist eine große Stadt.“
„Glasgow?“, schnaubte Miss Dawes verächtlich.
„Dort finde ich bestimmt Arbeit“, entgegnete O’Keefe.
„Der Marquess wird Ihnen helfen.“ Flynn griff in die Manteltasche, holte ein Bündel Geldscheine heraus und überreichte es Roses Vater. Fünfhundert Pfund. Allein von den Zinsen konnte das Paar überleben.
Sofort riss Miss Dawes ihrem Gefährten die Banknoten aus der Hand und begann gierig zu zählen.
„Glasgow“, wiederholte Flynn. In der aufstrebenden schottischen Handelsstadt würde O’Keefe gewiss in einem Orchester unterkommen.
„Glasgow.“ Miss Dawes drückte lächelnd die Banknoten an ihren vollen Busen.
Später am Nachmittag stand Rose am Fenster der Schlafkammer, in der sie die Nacht verbracht hatte. Flynn hatte ihr versichert, sie müsse nicht auf ihren Gesangsunterricht verzichten, wenn sie sich kräftig genug fühle. Sie hatte nur noch leichte Kopfschmerzen und wollte die Stunde auf keinen Fall versäumen.
Und dann erspähte sie Flynn, der in einiger Entfernung die Straße überquerte. An den Fensterrahmen gelehnt, beobachtete sie ihn sinnend. Mit weit ausholenden, federnden Schritten näherte er sich zielstrebig dem Haus.
Rose eilte zum Spiegel, glättete ihre Röcke, strich sich übers Haar, kniff sich in die Wangen, um etwas Farbe in ihr Gesicht zu zaubern, und verließ das Zimmer. Auf der Treppe hörte sie Lachen. Dann sah sie Katy, die sich bei Flynn untergehakt hatte, unten in der Diele.
Die Freundin hob ihr das Gesicht entgegen. „Sieh mal, wer hier ist, Rose! Ich versuche gerade, ihn zu entführen, aber er will nichts davon hören.“
Rose fand Katys scherzhafte Bemerkung keineswegs komisch. „Ich nehme an, Mr. Flynn geht, wohin er Lust hat, und lässt sich zu nichts zwingen.“ Sie biss sich auf die Zunge.
Die Freundin lachte nur noch mehr. „Genau. Er sollte dorthin gehen, wozu er Lust hat.“
Endlich löste Katy sich wieder von ihm. Rose spürte seinen eindringlichen Blick auf sich, und ihr war, als schmelze sie innerlich.
„Ich bin bereit“, sagte sie leise.
„Sind Sie sicher, dass Sie sich wieder erholt haben?“, fragte er besorgt.
Sie nickte. „Ich will die Gesangsstunde nicht versäumen.“
„Gut, dann wollen wir gehen.“ Er bot ihr den Arm.
„Viel Vergnügen, Rose!“, wünschte Katy ihr von Herzen.
Rose schämte sich ihrer eifersüchtigen Gedanken, drehte sich spontan um und umarmte die Freundin.
Draußen auf der Straße sagte Flynn: „Wir sollten eine Droschke nehmen.“
„Könnten wir bitte zu Fuß gehen?“, fragte sie.
Es war ein milder Sommertag, und ein Spaziergang an der frischen Luft würde ihr guttun und bot ihr die Gelegenheit, mehr Zeit mit ihm zu verbringen.
„Wie Sie wünschen“, meinte er höflich.
Während sie die Straße entlangspazierten, berichtete Flynn ihr von seinem Besuch bei ihrem Vater.
„Befindet Papa sich in Gefahr?“, fragte sie besorgt.
„Daran zweifle ich.“ Er nahm ihre Hand und zog Rose näher in seine Armbeuge. „Der Earl ist kein Narr. Einen Mord zu begehen wäre ihm viel zu riskant.“
Rose hielt Greythorne allerdings für fähig, einen Mord zu begehen. Einer, der fähig war, Frauen das anzutun, was er Katy angetan hatte …
„Trotzdem bin ich froh, dass mein Vater die Stadt verlässt“, sagte sie. „Ich will ihn in Sicherheit wissen. Aber Greythorne wird sich an mir rächen, denken Sie nicht? Er wird wieder in Vauxhall auftauchen.“
Flynn legte seine Hand auf die ihre und drückte ihren Arm. „Kein Grund zur Sorge. Im Augenblick ist er nicht in der Stadt.“ Er erklärte ihr, mit welcher List Lord Tannerton den Unhold gezwungen hatte, die Stadt zu verlassen.
Rose bekam große Augen. „Lord Tannerton kennt den Prinzen so gut, dass er ihn um diesen Gefallen bitten darf?“
„Offenbar“, meinte Flynn.
Wenn das so war, hätte Tannerton sicher auch keine Mühe, den Prinzen davon zu überzeugen, Flynn in seine Dienste zu
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