Ballard, James G.
Feldern im Süden
liegen, als sei der ausgetrocknete Boden jetzt ebenfalls in Brand geraten.
»Die Löwen!« rief Catherine. »Doktor,
ich höre sie!« Als sie nach vorn ans Wasser rannte, war ihr Gesicht von den
Flammen beleuchtet.
»Sehen Sie, Miß Austen!« Philip hielt
sie am Arm fest. An der Zufahrt der Straßenbrücke stand ein riesiger Löwe vor
den Flammen. Er hatte die Balustrade erklettert, sah in das Inferno unter sich
und verschwand dann mit einem gewaltigen Satz in der Dunkelheit. Wenig später
ertönte zwischen den brennenden Bootshäusern ein entsetzter Aufschrei, dann
hetzte der große Löwe einen Menschen durch die Schatten.
Als sie wieder zum Ufer
hinaufkletterten, bewegte sich etwas hinter einem der gestrandeten Leichter.
Ein zerlumptes altes Weib klammerte sich an Ransom, bevor er sie fortstoßen
konnte.
»Doktor, Sie lassen doch die arme Ma
Quilter nicht allein? Denken Sie nur an die Tiger und die schrecklichen
Flammen!«
»Mrs. Quilter!« Ransom stützte sie
und fürchtete dabei fast, der starke Whiskydunst, der von ihr ausging, könne
jeden Augenblick in Brand geraten. »Was tun Sie hier?«
»Ich suche nach meinem Jungen, Doktor
...« Sie deutete wie eine ängstliche Hexe auf das gegenüberliegende Ufer und
verzog dabei furchtsam das Gesicht. »Daran sind Lomax und seine gräßliche
Miranda schuld! Sie haben mir meinen Jungen gestohlen!«
Ransom schob sie vor sich her die
steile Böschung hinauf. Catherine und Philip, die den alten Neger zwischen sich
trugen, hatten bereits die Brüstung überklettert und suchten in einem der
Gärten Schutz. Die ganze Stadt um sie herum schien wie auf ein vorbereitetes
Zeichen hin gleichzeitig in Brand geraten zu sein. Nur Lomax' Villa, die im
Zentrum dieses Hurrikans stand, blieb immun. Während Ransom zwischen den
zusammenstürzenden Dächern nach seinem eigenen Haus suchte, hörte er weitere
Schreie und sah zwei Geparden, die ihr Opfer durch die brennenden Straßen
jagten.
»Philip!«
Die vertraute Stimme kam vom anderen
Ufer her. Mrs. Quilter drehte sich danach um, starrte blind in die Flammen und
rief heiser: »Das ist mein Junge! Der gute Quilty kommt, um seine arme alte Ma
zu retten!«
»Philip ...!« Quilter rannte durch
die Flammen am Ufer und hielt dabei irgend etwas in den Armen, das sich heftig
bewegte. Als er die Brüstung erreicht hatte, rief er nochmals Jordans Namen,
breitete dann die Arme aus und ließ den großen Vogel frei. Der Schwan, dessen
Gefieder noch immer von Öl fleckig war, überquerte den Fluß mit kräftigen
Flügelschlägen und gewann rasch an Höhe. Als er in der Dunkelheit verschwand,
winkte Philip Quilter ein letztesmal zu, bevor er den anderen folgte. Quilter
sah ihnen lange nach und wirkte dabei vor dem flammenden Hintergrund wie ein
Kind, das sich verlaufen hat.
7
Bei Tagesanbruch hatten sie bereits
sieben oder acht Kilometer in Richtung Süden zurückgelegt. Die Stadt hinter
ihnen brannte noch immer, und Ransom trieb die kleine Gruppe so rasch wie
möglich voran, weil er fürchtete, Jonas und die Fischer seien vor den Flammen
über die Brücke geflohen. Aber die Straße blieb leer.
Sie rasteten in regelmäßigen
Abständen und saßen dabei auf den Rücksitzen der Wagen, die verlassen an den
Straßenrändern standen. Während der Feuerschein sich in den Rückspiegeln brach,
schliefen Ransom und die anderen unruhig, aber Mrs. Quilter verbrachte die
Nacht damit, von einem Wagen zum anderen zu gehen und auf alle Knöpfe zu
drücken. Einmal betätigte sie dabei eine Hupe, deren blecherner Ton klagend
über der öden Landschaft verhallte.
Ihre neue Leidenschaft für Automobile
hielt auch am nächsten Margen unvermindert an. Während Ransom und Philip den
alten Neger auf einer Tragbahre durch die bereits früh unerträglich heiße
Sonnenglut schleppten, ließ sie aus Versehen den Motor eines Wagens an.
»Was würde mein Quilty wohl dazu
sagen, Doktor?« fragte sie, als Ransom ihr den Arm festhielt, mit dem sie nach
dem Schalthebel greifen wollte. Der Motor röhrte auf, während Mrs. Quilter
immer wieder begeistert das Gaspedal durchtrat.
Fünf Minuten später, nachdem es
Ransom endlich doch gelungen war, Mrs. Quilter von ihrem Platz am Lenkrad zu
verdrängen, fuhren sie mit dem Auto weiter. Zu Ransoms großer Überraschung lief
der Motor einwandfrei, während der Benzintank halb gefüllt war. Ransom warf
einen Blick auf die anderen Fahrzeuge am Straßenrand und überlegte sich, daß
der Wagen vermutlich
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