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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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im Positiven wie im Negativen.
    »Von unseren kleinen Mädchen wird bald nicht mehr viel zu erkennen sein. Hast du gesehen, wie die Männer nach ihnen schauen?«
    Seine Frau lachte ein wenig spöttisch.
    »Ach, hast du das auch schon bemerkt? Leider ist davor kein junges Mädchen gefeit. Da müssen wir durch. Ich hoffe, wir haben sie so selbstbewusst und stark erzogen, dass sie damit umgehen können und sich gegen Übergriffe zu wehren wissen.«
    Astrid machte eine kleine Pause, und als sie weitersprach, vermeinte Georg, einen leisen Vorwurf zu hören.
    »Aber es wird nicht unbedingt einfacher, wenn Kinder größer werden, wie du vielleicht langsam erkennst, mein Lieber.«
    »Tja«, machte Georg. Er hatte verstanden. Vor allem hatte er den Ton erkannt, den Astrid anschlug, und er mochte ihn gar nicht. So waren sie schon häufig in eine unschöne Diskussion gerutscht, die sie nicht weiterbrachte. Und mittlerweile war ihm auch klar, was da hartnäckig irgendwo in seinem Hinterkopf saß und verantwortlich für seine schlechte Laune war. Es war sein eigenes Versagen, sein Wankelmut, seine Unentschlossenheit. Er musste endlich Ordnung in sein Leben bringen und unbedingt die nächste Gelegenheit für ein klärendes Gespräch unter vier Augen beim Schopfe packen!
    Judith war aufgesprungen, ganz und gar nicht wie eine abgeklärte, junge Dame, eher wie ein zappeliges, aufgeregtes Kind, und rannte winkend und rufend zum Wasser, wo eine Segeljolle gerade auf den Strand fuhr. Georg ließ sich im Strandkorb neben seinen Schwiegervater zurücksinken.
    »Ich glaub, ich muss mich etwas entspannen«, murmelte er und schloss die Augen. Er musste nicht miterleben, wie Martin seine Ankunft feierte. Eigentlich hatte er gedacht, dass der Unvermeidliche heute einmal nicht auf der familiären Bildfläche erscheinen würde. Nein, nicht ärgern, nicht den schönen Tag verderben lassen, nahm Georg sich vor, und spürte dennoch, wie seine Laune mehr und mehr in den Keller rutschte.
     
    »Papi?«
    Er musste kurz eingeschlafen sein.
    »Ja, was ist?«, blinzelte er und sah Julia mit seinem Handy vor sich stehen.
    »Da ist Telefon für dich. Ich bin rangegangen, weil das lag in deiner Hose, da unten auf dem Handtuch, und du hast es nicht gehört.«
    Manchmal kam so ein Anruf genau im richtigen Moment. Ein Kollege vom Kriminaldauerdienst hatte sich gemeldet.
    »Ich hab da was vorliegen. Könnte vielleicht für euch interessant sein.«
     
    Die Frau mit dem dichten, aschblonden Haar sah nicht so aus, als sei sie vom Leben bisher verwöhnt worden. Angermüller war richtig erschrocken, als er auf dem Bogen mit den Personalien entdeckte, dass sie gerade mal 30 war. Sie trug Shorts und ein knappes T-Shirt, war schlank, fast mager, und wirkte mindestens zehn Jahre älter. Unter den müden Augen hatte sie dunkle Ringe im ansonsten blassen Gesicht, und wenn sie lächelte, was sie nur selten tat, fiel eine unschöne Zahnlücke oben hinter dem rechten Eckzahn ins Auge. Zwei Mädchen, um einiges jünger als Angermüllers Töchter, klammerten sich rechts und links an ihr fest, die kleinere mit der olivfarbenen Haut und den gekräuselten, schwarzen Löckchen hatte den Daumen in den Mund gesteckt. Auch die beiden Kinder in ihren leichten Sommerkleidchen waren sehr zart und schmal und betrachteten die beiden Kommissare mit einer Art vorwurfsvoller Neugier.
    »Mama! Kannst du mir die beiden nicht mal abnehmen?«
    Träge erhob sich die Frau, die ebenfalls Shorts und ein knappes Top trug und Kaugummi kauend auf der Bank im Flur des Behördenhochhauses gesessen hatte. Ihren rechten Knöchel schmückte ein goldenes Fußkettchen.
    »Kommt mal her, Kinder, kommt zur Oma«, sagte sie ohne jedes Engagement. Sie war tief gebräunt und hatte auftoupiertes blondes Haar. Ihre Hand mit den pinkfarben lackierten Nägeln griff nach dem jüngeren Mädchen.
    »Jetzt komm, Kimberly, und du auch, Maribelle. Die Mama muss mal kurz mit den Männern mitgehen.«
    Wie zu erwarten, gaben die Mädchen nur beleidigte Unmutsgeräusche von sich und hängten sich noch fester an ihre Mutter, die halbherzig versuchte, sie von sich wegzuschieben. Die Frau, die kaum älter als die Mutter der Mädchen aussah, verdrehte die Augen und seufzte.
    »Ihr wisst doch noch, wo Oma gleich mit euch hin will?«, fragte sie und zwinkerte mit ihren stark getuschten Wimpern den Beamten verschwörerisch zu.
    »Zu McDonald’s?«, kam es schon etwas interessierter von dem älteren, vielleicht elf Jahre alten

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