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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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»Oh Gott!«
    Ein tonloses Schluchzen ging durch ihren knochigen Körper. Sie hielt die Hände vors Gesicht und konnte nicht aufhören. Als Angermüller ihr tröstend über den Rücken streichen wollte, fuhr sie erschrocken hoch, ließ es dann jedoch zu, während stumme Weinkrämpfe sie unaufhörlich schüttelten.
    Da er schon diverse unerfreuliche Erfahrungen mit der zuständigen Mitarbeiterin vom Institut für Rechtsmedizin gemacht hatte, sicherte sich Angermüller bei der Staatsanwältin ab, bevor er die Präparatorin an ihrem freien Sonntag für eine Identifizierung anforderte. Wie erwartet, überschüttete ihn die Frau, die er ohnehin nie anders als missgelaunt erlebt hatte, mit einigen nicht sehr freundlichen Bezeichnungen, bevor sie wütend den Hörer aufknallte und sich auf den Weg ins rechtsmedizinische Institut machte.
    Anke Mewes’ Mutter, die sie voller Ungeduld im Flur erwartete, war anzusehen, dass ihr die an sie gerichtete Bitte ganz und gar nicht gefiel. Aber als sie des Zustands ihrer Tochter gewahr wurde, fügte sie sich ins Unvermeidliche und übernahm die Betreuung ihrer Enkelinnen.
     
    Die junge Frau erkannte in dem Toten ohne jeden Zweifel Kurt Staroske. Danach blieb sie stumm. Angermüller wollte wissen, ob sie etwas für sie tun könnten. Sie wollte nur nach Hause gefahren werden. Wie sie so apathisch im Wagen saß, tat sie dem Kommissar furchtbar leid. Er überlegte, ob es nur die Trauer um die Person des Toten war, die Anke Mewes so leiden ließ, oder ob es die Hoffnung auf eine neue Lebensperspektive war, die mit Kurt Staroske gestorben war. Ihre Wohnung lag in einer wenig attraktiven Ecke in Moisling, wo die Wohnungseigentümer das Investieren schon vor Längerem aufgegeben zu haben schienen. Bei ihr angekommen, fragte Angermüller, ob sie vielleicht ein Foto von Kurt Staroske hätte.
    »Sie bekommen es selbstverständlich wieder zurück.«
    »Ja«, sagte die junge Frau abwesend und schloss die Wohnungstür auf, »hab ich bestimmt. Einen Moment, bitte.«
    Als sich leise die Tür der Nachbarwohnung öffnete und das neugierige Gesicht einer alten Frau durch den Spalt lugte, bat Anke Mewes die Beamten schnell zu sich hinein. Sie verschwand hinter einer der vier Türen, die von dem kleinen Flur abgingen. In der abgestandenen Luft roch es süßlich nach Weichspüler. Zwei Zimmer, Küche, Bad in einem Neubau aus den 60er-Jahren, die Decken niedrig, die Fenster klein, die Räume auch im Hochparterre ziemlich dunkel. Angermüller konnte verstehen, dass die Frau mit ihren zwei Kindern hier wegwollte.
    »Hier. Das war vor zwei Wochen am Strand, da hab ich ihn fotografiert.«
    Sie presste die Lippen aufeinander.
    Ein Mann, den Angermüller auf Mitte 50 geschätzt hätte, mit einem sympathischen Gesicht und nur wenigen Haaren auf dem Kopf, grinste fröhlich in die Kamera. Er trug eine groß geblümte, weit geschnittene Badehose, kniete im Sand, umrahmt von zwei kleinen Mädchen, um die er je einen Arm gelegt hatte. Die kleine Kimberly hatte wieder den Daumen im Mund, und ihre große Schwester schien sich nicht fotografieren lassen zu wollen und zog einen beleidigten Flunsch.
    »Wo haben Sie ihn eigentlich gefunden? Wie ist er gestorben?«, fragte Anke Mewes plötzlich leise.
    »Wie er gestorben ist, wissen wir noch nicht«, antwortete Angermüller. »Gefunden wurde er auf dem Platz vom Lubeca Country Golf Club zwischen Süsel und Neustadt.«
    »Auf dem Golfplatz?« Völlig verstört schaute die Frau die Beamten an.

Kapitel III
    Auch heute war der Parkplatz wieder gut belegt. Sie stellten den Wagen ab und gingen hinüber zu einer der reetgedeckten Katen, in der sich das Klubsekretariat und ein Golfshop befanden. Ein paar Spieler, die wohl nicht zum Klub gehörten, meldeten sich gerade an. Die gepflegte Dame im bordeauxfarbenen Poloshirt hinter dem Tresen war von höflicher Distanz. Sie bat die Gäste um die Zertifikate ihrer Platzreife, die sie mit strengem Blick überprüfte, kassierte die Greenfees und verteilte die Score-Karten. Mit der Andeutung eines Lächelns entließ sie die Golfer schließlich auf den Platz. Danach musterte sie misstrauisch die beiden Beamten, denn Jansens Jeans und T-Shirt beziehungsweise Angermüllers lockeres Karohemd über der weiten Leinenhose entsprachen überhaupt nicht dem hier herrschenden Dresscode.
    »Sie wünschen?«
    Als sie ihr die Dienstausweise zeigten, begriff sie.
    »Ach, Sie sind das! Ihretwegen musste das Damenturnier gestern abgebrochen werden. Und,

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