Ballaststoff
etwas Neues?«
Ihr nettes Großmuttergesicht unter der honigblond gefärbten Dauerwelle wollte nicht so recht zu ihrem jugendlich herausgeputzten Äußeren passen. Sie sah gespannt zu den Kommissaren, jedoch ging Angermüller nicht auf ihre Frage ein.
»Wie ist denn so das Verhältnis zu Ihren nächsten Nachbarn? Haben Sie guten Kontakt zu den Leuten vom Graswurzelhof?«
»Och, was soll ich dazu sagen?« Die Frau überlegte. »Viel haben wir ja nich miteinander zu tun. Erst seit Lisamarie öfter bei uns ist, weil die Kinder zusammen spielen, da seh ich Frau Langhusen manchmal. Aber sonst …« Sie sah Hilfe suchend zu ihrem Mann. »Was meinst du, Björn-Ole?«
»Wie meine Frau sacht, so viel haben wir nich mit denen zu tun. Außer in letzter Zeit durch unsere Enkelin. Aber dat is man auch gar nich so einfach. Da sind ja immer wieder andere Leute auf dem Hof bei denen. Groß Kontakt haben wir eigentlich nich, und mit Namen kenn ich nur den Bauern, den Henning Langhusen«, Matthiesen zuckte mit der Schulter. »Na ja, is eben ein Biohof.«
»Was heißt das?«, hinterfragte Angermüller diese eigentümliche Feststellung.
»Na, die spritzen nich, das Unkraut wuchert, die Erträge sind gering. Die krepeln so vor sich hin. Ich mein’, faul sind die nich, aber leben können die nur mit den Subventionen, die sie vom Staat kriegen. Bin froh, dass wir unsern Betrieb nich mehr haben. Ständig haben die sich beschwert, unsere Pflanzenschutzmittel würden ihre Felder verunreinigen. Dabei ist das ganze Unkraut von denen zu uns gekommen. Und dann haben die immer wieder andere Leute auf dem Hof arbeiten, und manche von denen sind wirklich nich ganz dicht, da musst ja Angst haben, dat die sonst was anstellen.«
»Mein Mann meint diese behinderten Menschen, die auf dem Hof betreut werden«, erklärte Frau Matthiesen mit einem begütigenden Lächeln. »Das ist wirklich bewundernswert, was die Langhusens da machen, denn dat is ja man nich so einfach mit solchen Leuten. Und dann ist da oft dieser Lärm. So laute Krawallmusik, wissen Sie. Da haben wir auch schon mal wegen Ruhestörung die Polizei holen müssen.«
»Aus Sorge um unsere Tiere haben wir früher auch das Veterinäramt in Eutin manchmal benachrichtigt. Und jetzt muss man da immer noch ein Auge drauf haben. Schließlich verkaufen die ja die Milch und das Fleisch, und man weiß doch nie, wat diese unkontrolliert gehaltenen Viecher, die immer im Freien rumstehen, für Krankheiten mit sich rumschleppen.«
»Na ja«, Frau Matthiesen tätschelte ihrem Mann, der sich in Rage geredet hatte, besänftigend die Hand und versuchte, ein wenig einzulenken. »Aber die Bäuerin, die ist ganz in Ordnung. Es stimmt zwar, wie mein Mann schon erwähnt hat, so sauber ist das da nich. Ich sach dem Kind immer, sie soll dort lieber nichts essen. Aber Lisamarie, die spielt doch so gern mit der Thea, dat ist die Kleine von den Langhusens, und da mach man das doch auch nich verbieten, oder? Und die Frau Langhusen, das is eine sehr fleißige Person. Die arbeitet von morgens bis abends. Sie is eben nich grade pütscherig. Aber jeder, wie er kann, sach ich immer.«
Sie lachte ein wenig geziert. Angermüller und Jansen verzogen keine Miene, und der Hauptkommissar fragte stattdessen: »Kennen Sie einen Kurt Staroske?«
Herr und Frau Matthiesen verneinten. Auch bei dem Foto von Staroske und den beiden kleinen Mädchen musste der Mann passen.
»Doch, den kenn ich!«, sagte seine Frau hingegen aufgeregt. »Der hat manchmal mit den Kindern Ball gespielt, wenn wir Lisamarie abgeholt haben. Er is immer so’n beten schnuddelig. Aber Lisamarie erzählt von dem ganz begeistert. Dat ist doch der, der manchmal den Clown macht für die Kinder! Zu mir ist er auch immer sehr freundlich, das muss ich sagen. Und du kennst den auch, Björn-Ole!«, stellte sie mit Überzeugung fest.
Sie hielt ihrem Mann das Foto von Kurt Staroske erneut unter die Nase.
»Dummtüch. Wo soll ich den denn her kennen?«
»Erst mal hast du den auch auf dem Hof gesehen und dann is dat auch der, mit dem du neulich Ärger hattest. Der so ausverschämt zu dir war, wie du erzählt hast! Is noch gar nich so lange her.«
Sie schien sich völlig sicher, dass sie recht hatte.
»Weißt du denn nich mehr, Björn-Ole?«
Matthiesen schaute auf das Bild.
»Ach so, der ist dat. Den hätt ich jetzt nich erkannt.«
»Aber du hast den doch öfter mal gesehen!«
»Öfter, öfter«, brummte ihr Mann unwillig, »vielleicht zwei, drei Mal bin ich
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