Ballaststoff
Auskunft, Jansen lächelte nur breit.
»Ab Mitte dieser Woche zeige ich meine Bilder in der neuen Ausstellungshalle der großen Marina bei Neustadt. Meine erste Ausstellung hier oben!« Die Freude darüber war ihr anzumerken. Ihre anfängliche Reserviertheit schien verschwunden.
»Da kann man ja gratulieren.«
»Vielen Dank. Aber das heißt erst einmal ein paar Tage schuften, Bilder transportieren und aufhängen, sich mit schlechten Licht- und Raumverhältnissen abfinden. So ist das eben.«
Die Frau trug ein Radfahrertrikot, und ihre schmale, mädchenhafte Figur wirkte ziemlich durchtrainiert. Ihr Alter einzuschätzen, fand Angermüller schwer, Anfang 40, Anfang 50? Während die Haut über den markanten Wangenknochen ziemlich glatt war, gruben sich um die Augen herum viele kleine Fältchen ein.
»Sind da noch mehr Bilder?«, fragte Angermüller. »Wenn wir schon mal hier sind!«
»Zwei wären da noch. Ich bin übrigens Tilde Brunkhorst. Sind Sie Freunde von den Langhusens?«
»Nein«, der Hauptkommissar schüttelte den Kopf. »Mein Name ist Angermüller, das ist mein Kollege Jansen. Wir sind von der Kriminalpolizei.«
»Oh«, machte die Malerin erstaunt. »Sind Sie dienstlich hier?«
»Ja«, nickte Angermüller. »Ein Hofbewohner wurde tot aufgefunden. Sein Name ist Kurt Staroske.«
»Hatte er einen Unfall?«, fragte sie mit zurückhaltendem Interesse.
»Nach unseren Erkenntnissen liegt Fremdverschulden vor.«
»Ah ja, Fremdverschulden. Interessante Bezeichnung«, sagte sie nachdenklich. Sie schien es nicht ironisch zu meinen.
»Kannten Sie Kurt Staroske?«
»Nur vom Sehen. Ich bin noch nicht sehr lange hier, wissen Sie, und die letzten Wochen war ich nur mit Einrichten und Eingewöhnen beschäftigt. Vom Hofleben habe ich bisher kaum was mitbekommen. Tja«, sie blickte ein wenig unschlüssig zwischen den Beamten hin und her, »wollen wir dann die letzten beiden Bilder?«
Die kleine Kate bestand im Erdgeschoss aus einem einzigen Raum. In einer Ecke war eine Küchenzeile untergebracht, es gab einen kleinen Esstisch und vier Stühle und ansonsten nur eine Staffelei, einen riesigen Arbeitstisch voller Pappen und Papierbögen, in einem Regal Farbtuben, Stifte, Werkzeuge und andere Materialien. An den Wänden hingen und standen Bilder über Bilder, auf den meisten Menschenkörper in Bewegung, die zum Teil auch über den Rahmen hinausragten, teils einfach nur als Silhouette gefertigt waren, manche nur schwarz und weiß, andere in kräftigen, klaren Farben. Die dem Eingang gegenüberliegende Wand, die nach Norden ging, bestand fast nur aus Glas und ließ ungehindert das Licht herein.
»Ja, dann vielen Dank für die Hilfe«, nickte die Malerin, als alles verstaut war. »Jetzt brauche ich meine Bilder nur morgen früh zur Marina zu transportieren und dort wieder auszuladen. Moment noch!«
Sie ging zur Beifahrertür des VW-Busses und überreichte Angermüller und Jansen jeweils einen Zettel.
»Hier. Falls Sie Lust und Zeit haben. Mittwochabend ist die Vernissage.«
Sie warf die Autotür zu. Interessiert betrachtete Angermüller das Papier.
»Vielen Dank. Das macht ja richtig neugierig auf Ihre Arbeiten. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg.«
»Danke«, sagte sie mit einem leisen Lächeln. »Aber jetzt muss ich los. Tschüss.« Damit verschwand sie um die Ecke hinters Haus.
Während Angermüller und Jansen in ihren Dienstwagen stiegen, raste ein professionelles Rennrad an ihnen vorbei, darauf mit einem Fahrradhelm die Malerin, die ihnen kurz zuwinkte.
»Komische Frau«, kommentierte Jansen.
»Interessante Frau«, gab Angermüller zurück.
Frau Matthiesen war bei der Gartenarbeit, als die beiden Kommissare über den unbefestigten Weg vom Graswurzelhof kamen. Sie hatte wohl versucht, sie abzupassen, denn als sie den Dienstwagen erblickte, begann sie zu gestikulieren und zu winken. In dem bunten Schürzenkleid und mit einem Strohhut auf dem Kopf, sah sie auf einmal ganz anders aus, viel echter irgendwie, dachte Angermüller.
»Wat will die denn nu noch?«, brummte Jansen, stoppte den Wagen neben dem Gartenzaun und ließ das Fenster herunter.
»Moin. Was gibt’s?«
»Hallo, Herr Kommissar«, grüßte Frau Matthiesen und sah dabei zu Angermüller. »Ich hab Sie vorhin wieder hier langfahren sehen. Gibt’s denn schon was Neues?«
»Tut mir leid«, beschied er sie, »zu den laufenden Ermittlungen kann ich keine Auskunft geben. Lange waren Sie ja nicht in Timmendorf bummeln!«
»Ach, ich
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