Ballaststoff
Sie und Frau Stein gehören auch zu dieser Hofgemeinschaft, und das schon seit zwölf Jahren.«
Mit schief gelegtem Kopf kippelte Holger Andresen lässig auf seinem Stuhl, die dünnen, langen Beine weit von sich gestreckt.
»Na, dann wissen Sie ja alles«, griente er.
»Am vorletzten Sonnabend haben Sie und Frau Stein drüben im Haus mit den anderen zu Mittag gegessen. Kurt Staroske war auch dabei. Anschließend sind Sie mit ihm zusammen weggegangen. War das so, Herr Andresen?«
Peggy Stein hatte sich eine Zigarette gedreht, rauchte in kurzen, heftigen Zügen und schaute aufmerksam zwischen den Beamten und ihrem Partner hin und her.
»Wenn Sie das sagen, Herr Kommissar«, meinte Andresen lahm, der nach wie vor seine dunkle Brille trug.
»Sie waren ja auch dabei, Frau Stein. Worum ging es denn in der Auseinandersetzung, die Sie mit Kurt Staroske hatten?«
Offensichtlich hatte die Frau nicht erwartet, angesprochen zu werden.
»Äh, Auseinandersetzung? Ich weiß gar nicht …«, sie nestelte in ihren schwarzen Locken und sah wieder Hilfe suchend zu Holger Andresen. »Weißt du noch, was da war, Holgi?«
Der bequemte sich nun doch, seine Sonnenbrille hochzuschieben.
»Nix Besonderes. Wir sind hierher zu uns gegangen, weil man da drüben ja nicht rauchen darf. Ich glaube, der Kurt hat uns wieder mal angeschnorrt. Der hatte doch nie Kohle. Aber sonst war alles im grünen Bereich. Hat bisschen viel gesabbelt, der Kurt, aber eigentlich war er ganz okay. Und wenn die Ökos was über irgendwelchen großen Trouble zwischen uns erzählt haben, ist das totaler Quatsch.«
»Wenn das alles so harmonisch und fein war zwischen Ihnen und Staroske, warum haben Sie uns dann erzählt, Sie würden ihn kaum kennen?«
»So gut haben wir uns ja gar nicht gekannt. Aber ’ne Zigarette hat man schon mal zusammen geraucht. Konnte ja nicht ahnen, dass das für Sie so megawichtig ist, Herr Kommissar«, meinte Andresen treuherzig. »Übrigens ist mir gerade was eingefallen. Der Holgi hat eben ein Gedächtnis wie ein Elefant!«
Der Blick, mit dem Peggy Stein ihren Partner bedachte, war eine Mischung aus Skepsis und Verwunderung. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Holger Andresen grinste.
»Weißt du nich mehr, Peggy, der Kurt hat an dem Sonnabend einen ›auf dicke Hose‹ gemacht. Irgend so ein bedeutender Typ wollte bei ihm vorbeikommen.«
»Jetzt, wo du’s sagst! Stimmt, ja!«, bekräftigte die Frau. »Der hat sich damit unglaublich wichtig gehabt, der Kurt.«
»Ich hab das ja nicht so richtig ernst genommen, aber wer weiß«, fuhr der Musiker fort. »Für ihn schien diese Verabredung von riesiger Bedeutung zu sein.«
»Von wem da die Rede war, wissen Sie nicht?«, fragte Jansen ohne große Hoffnung. »Und gesehen haben Sie diesen groß angekündigten Besucher auch nicht?«
»Weder noch, Kumpel«, bedauerte Andresen. »Ich würde sonst ja gern helfen.«
Mehr als diese mageren Informationen waren bei den Musikern nicht zu holen. Und so hatten sich die Kommissare vorerst verabschiedet.
»Dat war ja wieder nich viel«, murrte Jansen. »Aber das H 16 da in dem Taschenkalender – dat hängt bestimmt mit dieser geheimnisvollen Verabredung irgendwie zusammen.«
»Vielleicht«, sagte Angermüller, »wenn es die wirklich gegeben hat und die nicht nur der Fantasie von deinem Rockstar entsprungen ist. Na ja, wie weiß die Weste von Peggy und Holgi ist, werden wir bald feststellen.«
Als sie gerade in ihren Dienstwagen steigen wollten, ging die Tür der kleineren Kate auf und ein riesiges, rechteckiges Teil, das in einen geblümten Stoff gewickelt war, bewegte sich langsam auf sie zu. Von der offensichtlich ziemlich kleinen Person, die es schleppte, waren nur die Füße und die Hände zu sehen.
»Komm, lass uns mal helfen«, forderte Jansen seinen Kollegen auf.
Erstaunt ließ sich die Frau mit dem raspelkurz geschorenen, hennaroten Haar ihre Last abnehmen.
»Vielen Dank, ich hätte das auch selbst geschafft«, sagte sie ein wenig misstrauisch zu den Männern. »Aber wenn Sie unbedingt wollen: Schön vorsichtig! Und da in den Wagen bitte.«
Angermüller und Jansen schoben das Teil in den VW-Bus, in dem schon mehrere ähnlich große Stücke lehnten.
»Ah, Sie sind die Malerin!«, stellte Angermüller fest.
»Ja, bin ich. Und ich bin gewohnt, meine Bilder allein zu schleppen«, erklärte sie den Männern. »Interessieren Sie sich für Kunst?«
»Ich seh mir Kunstausstellungen immer ganz gern an«, gab der Kommissar
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