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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht sehr lange zusammen, und zweitens ist die finanziell ziemlich schlecht dran, glaube ich.«
    »Ich ahne schon, was jetzt kommt!« Ihr Mann hob abwehrend seine Hände. »Bitte, Gesche, du musst nicht immer denken, dass du für alles verantwortlich bist! Du musst dir diese Sache nicht auch noch ans Bein binden, du hast genug zu tun. Bestimmt kümmert sich die Polizei darum.«
    »Und wenn nicht? Ich finde, wir sollten zumindest versuchen herauszufinden, ob es da jemanden gibt.«
    »Oh nein!« Hennings Stimme wurde lauter. »Das machst du bitte nicht! Ich habe überhaupt kein Interesse, diesem Mann das letzte Geleit zu geben, geschweige denn, ihm seine Beerdigung zu bezahlen!«
    »Sag mal, was ist denn los?« Gesche sah ihren Mann völlig perplex an. »Du hast den Kurt angeschleppt! Und schließlich gehörten wir zu den letzten Bezugspersonen in seinem Leben. Irgendwie war er ja auch Teil unserer großen Familie auf dem Hof.«
    »Familie! Tss!«, machte Henning aufgebracht. »Ein ichbezogenes Arschloch war der Typ!«
    Der Hund, der die ganze Zeit neben Hennings Stuhl gedöst hatte, hob aufmerksam seinen Kopf.
    »Psst, Henning! Die Kinder!«, machte Gesche. So hatte sie ihren Mann schon lang nicht mehr erlebt.
    »Was ist denn los mit dir? Wie redest du denn?«
    »Ich möchte darüber gar nicht mehr reden«, entgegnete Henning mühsam beherrscht. »Für mich ist das Thema beendet. Punkt.«
    »Tut mir leid«, sagte Gesche, die sich so leicht nicht aus dem Konzept bringen ließ. »Für mich nicht. Ich sehe das anders. Ich finde, das sind wir dem Kurt von Mensch zu Mensch einfach schuldig, egal, wie er war.«
    Ohne ein weiteres Wort stand Henning Langhusen abrupt auf und ging hinaus. Nero rappelte sich hoch und folgte seinem Herrchen auf dem Fuß. Gesche blieb allein in der Küche zurück. Sie wusste gar nicht, wie ihr geschah, und war ziemlich ratlos.
    »Hallo, darf ich reinkommen?«
    Tilde stand in der Tür zum Garten. Ob sie wohl etwas vom Wutausbruch meines lieben Mannes mitbekommen hat, fragte sich Gesche.
    »Natürlich, komm rein, Tilde!«, forderte sie die Malerin erfreut auf. »Magst du vielleicht eine Tasse Kaffee?«
    »Ach ja, das ist nett, vielen Dank. Ich hab den ganzen Tag Bilder aufgehängt und an Lichtschienen gebastelt. Eine kleine Pause kann ich gebrauchen. Aber gekommen bin ich eigentlich, weil ich mir eine Zange leihen wollte, wenn das geht.«
    »Kein Problem. Geb’ ich dir nachher.«
    Die Malerin setzte sich mit an den großen Holztisch. »Oh, ich bin ein bisschen aufgeregt«, sagte sie mit einem verlegenen Lächeln. »Dabei habe ich schon öfter Ausstellungen vorbereitet.« Sie nahm einen Schluck aus der Tasse, die Gesche ihr hingestellt hatte.
    »Ist doch klar! Du bist neu hier, kennst noch wenig Leute, kennst vor allem die ostholsteinische Kunstschickeria nicht«, grinste Gesche. »Da ist das völlig normal, dass man nervös ist, finde ich.«
    »Mögt ihr denn zu meiner Vernissage am Mittwochabend kommen? Dann hätte ich wenigstens ein paar bekannte Gesichter um mich herum.«
    »Ich habe fest vor zu kommen. Ob Henning es auch schafft, kann ich nicht sagen. Es muss ja abends noch gemolken werden.«
    »Ich würde mich jedenfalls sehr freuen. Es wird bestimmt ganz schön. Außerdem soll es Wein und etwas zum Knabbern geben, wurde mir versprochen.«
    »Ich komme auf jeden Fall«, versprach Gesche. »Männer!«, seufzte sie dann. »Die versteh einer! Hast du das eben mitbekommen? Laut genug geredet haben wir ja.«
    »Ich hab deinen Mann mit dem Hund rauskommen sehen, sonst nichts.«
    »Keine Ahnung, warum er so reagiert hat!« Die Bäuerin hob hilflos die Schultern. »Ich habe nur gesagt, dass wir uns um Kurts Bestattung kümmern sollten, beziehungsweise erst einmal herausfinden müssten, ob er Verwandtschaft hat. Aber davon wollte er überhaupt nichts wissen, und dann ist er richtig böse geworden.«
    Tilde war sehr zurückhaltend. Sie fragte nichts, sie kommentierte nicht, sie hörte einfach nur zu. Gesche fand das sehr wohltuend.
    »Ach, Tilde, ich find’s schön, dass du meine Nachbarin bist«, sagte sie und ergriff ihre Hand. »Ich hab mir immer gewünscht, dass hier eine Frau einzieht, mit der ich ab und zu mal klönen kann oder mich bei ihr ausweinen kann. Das fehlte mir bisher ein bisschen. Ich bin froh, dass wir jetzt den Anfang gemacht haben. Und gerade heute kann ich so ein Gespräch von Frau zu Frau sehr gut brauchen!«
    Die Nachbarin schwieg. Sie zog ihre Hand zurück und lächelte, fast

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