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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ein wenig schüchtern, wie Gesche fand.
    »Findest du nicht auch, dass man sich darum kümmern muss, Kurt ordentlich bestatten zu lassen? Vielleicht hat er ja Familie, das müsste man zumindest versuchen herauszufinden. Aber Henning meint, die Polizei würde das schon organisieren. Er jedenfalls will überhaupt nichts damit zu tun haben.«
    Gesche hatte sich schon wieder heiß geredet.
    »Na ja, letztendlich wird doch jeder irgendwie irgendwo bestattet. Und wenn einer niemanden hat, wird sich wohl die Gemeinde kümmern«, meinte Tilde nur ruhig. »Ich weiß nicht, ob das nötig ist, dass ihr da was unternehmt.«
    »Ach, entschuldige, dass ich dich mit dieser Diskussion überhaupt behellige. Ich rede und rede«, nahm Gesche sich wieder zurück. »Du hast Kurt ja kaum gekannt. Zum Glück sind die meisten auf dem Hof ganz gut mit der Nachricht von seinem Tod umgegangen. Nur für Svenja war es ein bisschen viel, glaube ich. Sie hat wieder diese entsetzlichen Kopfschmerzen bekommen.«
    »Die Arme! Was hat sie eigentlich für Probleme?«
    »Svenja hat Schwierigkeiten, die Stimmungen, Gefühle und Empfindungen anderer Menschen wahrzunehmen und zu verstehen. Vielleicht hast du schon mal vom Asperger-Syndrom gehört, einer bestimmten Form von Autismus? Für Menschen, die darunter leiden, ist jede soziale Interaktion eine große Hürde, und oft scheitern sie daran.«
    Tilde nickte.
    »Als behindert würde ich Svenja trotzdem nie bezeichnen«, fuhr Gesche fort. »Sie hat eine völlig normale Intelligenz, und wenn man ihr Sicherheit verschafft, durch vertraute Bezugspersonen, feste Orte, wiederkehrende Routinen, dann merkt man ihr außer einer gewissen Zurückhaltung nichts an. Und dass sie auf die Nachricht vom Tod eines ihr bekannten Menschen heftig reagiert, ist ja eigentlich etwas Normales. Seit sie bei uns ist, hat Svenja jedenfalls einige Fortschritte gemacht. Das Leben in der Gemeinschaft, der Rhythmus der Jahreszeiten in der Arbeit mit der Natur, der Umgang mit den Tieren, das tut ihr alles sehr gut. Sie hatte früher auch massive Essstörungen, kam direkt aus einer Therapie zu uns. Zum Glück ist dieses Problem hier nicht wieder ausgebrochen.«
    »Bewundernswert, was ihr hier alles macht«, sagte Tilde. »Neben der ganzen Landwirtschaft noch die Betreuung von Svenja, Dominik und den anderen. Bravo.«
    »Wir sehen den Hof, die Menschen und die Arbeit mit der Natur als Einheit. Alle werden hier in die Pflicht genommen, jeder trägt auf seine Weise zum Gelingen des Ganzen bei, fühlt sich angenommen und verantwortlich. Und so werden bei unseren betreuten Menschen, quasi durch ihr eigenes Tun, heilsame Prozesse in Gang gesetzt.«
    »Trotzdem, ich sehe ja, was ihr hier leistet. Das ist echt bewundernswert«, anerkannte die Malerin. »So, jetzt muss ich aber wieder. Vielen Dank für den Kaffee, Gesche. Und nicht vergessen, Mittwochabend!«
    »Die Zange!«, erinnerte Gesche.
    Nachdem ihre Nachbarin mit dem Werkzeug versorgt und gegangen war, musste Gesche sofort wieder an die Auseinandersetzung mit Henning und an seinen überraschenden Gefühlsausbruch denken. Seit Tagen war ihr Mann so wortkarg und grüblerisch. Ein Zusammenhang, der ihr bisher nicht aufgefallen war, drängte sich ihr mit einem Mal auf. Sie versuchte, sich genauer zu erinnern, ob er seit dem vorletzten Wochenende so verändert war. Damals war Kurt zum letzten Mal auf dem Hof gewesen. Und die Polizei schien anzunehmen, dass er an diesem Wochenende umgebracht worden war. Gab es da vielleicht irgendeine Verbindung? Langsam und stetig nahm eine Befürchtung in ihrem Inneren Platz, die sie gar nicht weiter ausformulieren wollte. Nein, das konnte nicht sein. Sie war verrückt, diese absurden Gedanken auch nur im Ansatz zuzulassen. Aber egal, wie Gesche es drehte und wendete, sie landete stets aufs Neue bei der einen, beängstigenden Vorstellung.
    »Gesche!«, rief jemand aufgeregt und riss sie aus ihren finsteren Überlegungen.
    »Was ist denn, Dominik? Du bist ja ganz zitterig!«
    »Da! Gesche, guck doch! Die Polizei! Ganz viel Polizei!«
     
    Ganz so cool wie bei ihren vorangegangenen Besuchen wirkte Holger Andresen diesmal nicht. Besonders nicht, als er die Beamten vom Kommissariat für Rauschgiftdelikte entdeckte, die ihn mit dem Durchsuchungsbefehl in der Hand begrüßten wie einen alten Bekannten. Peggy Stein brach sofort in Tränen aus. Gemeinsam mit den Streifenbeamten stellten die Rauschgiftfahnder die kleine Kate auf den Kopf, während Angermüller und

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