Ballaststoff
wurde es mir zu blöd, ich hab ihn einfach stehen gelassen und bin wieder weggefahren. Das war alles.«
»Wann war das, um welche Uhrzeit?«
»Genau weiß ich das nicht mehr. Zwischen drei und vier so was, denke ich. Und das ganze Gespräch dauerte vielleicht fünf Minuten oder so, mehr nicht.«
»Und wo genau haben Sie sich getroffen und miteinander gesprochen?«
»Also«, versuchte Bohm sich zu erinnern, »das war im Garten von einer der kleinen Katen dort. Ich weiß noch, dass die Gartenmöbel rot gestrichen waren und etwas ramponiert aussahen.«
Als keiner der Polizisten etwas sagte, fuhr er fort:
»Wissen Sie, der Kurt Staroske war ein echtes Charakterschwein, aber trotzdem irgendwie nicht unsympathisch. Deshalb bin ich ja auch erst so auf den abgefahren. So ein freundlicher, kommunikativer Typ, hab ich gedacht, genau der Richtige im Umgang mit Kunden und Personal. Bis ich dann seine Sprüche und seine Betrügereien durchschaut hab. Ich gebe zu, es gab Momente, da hätte ich ihm gern mal so richtig eine reingehauen. Aber über diese Phase war ich längst hinaus, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Da hat er mir fast schon wieder leidgetan mit seinen schrägen Ideen. Wollte Drogenbaron werden! Der Kurt!«
Ein amüsiertes Lächeln spielte bei der Erinnerung daran um Bohms Mund.
»Als ich vom Graswurzelhof weggefahren bin, da war er jedenfalls noch putzmunter«, setzte er dann entschieden hinzu und sah die Kommissare an.
»Haben Sie sonst jemanden dort getroffen?«, fragte Jansen.
»Nicht, dass ich wüsste. Ich habe jedenfalls niemanden gesehen«, antwortete Hauke Bohm.
Kapitel VII
»Na dann! Auf das, was wir lieben!«
Ihr Glas, in dem irgendein aufregend bunter Cocktail leuchtete, und das seine, gefüllt mit einem sehr angenehmen Rioja, stießen mit einem leisen Klingen zusammen. Ein leichter Wind strich über die wenigen Gäste, die auf der Terrasse der Hotelbar hoch über der Trave den milden Sommerabend und den wunderbaren Blick auf die Lübecker Altstadt genossen.
»Schön, dass wir das endlich geschafft haben, findest du nicht auch?«, fragte sie und zog die sichelförmigen, dunklen Brauen nach oben, was ihr ausnehmend gut zum hübschen Gesicht stand. Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre dunkelrot geschminkten Lippen.
»Ich habe, ehrlich gesagt, schon nicht mehr dran geglaubt. Na ja, wenn wir heute nicht diese schöne Leiche gehabt hätten, wer weiß …«
»Also, da muss ich jetzt doch widersprechen!«, protestierte Georg Angermüller. »Ich hab unsere Verabredung die ganze Zeit irgendwo im Hinterkopf gehabt.«
Ein helles Lachen war die Antwort.
»Sehr weit hinten im Kopf! Wahrscheinlich irgendwo weit hinter der Sehrinde. Aber ich will jetzt nicht ins Detail gehen.«
Frau Dr. Ruckdäschl, zu der er jetzt Anita sagte, was für diese kapriziöse, junge Frau auch irgendwie passender war, hatte offensichtlich großes Vergnügen daran, sich über ihren Begleiter zu mokieren. Während sie ihn nicht aus den Augen ließ, lehnte sie entspannt im Liegestuhl, spielte mit ihrem Trinkhalm, nahm ihn aus dem Glas und zog ihn durch die Lippen. Immer noch trug sie das gleiche, auf Figur geschnittene Kleid in dunklem Rot wie am Morgen und die hochhackigen, schwarzen Schuhe. Georg hatte, ohne groß darüber nachzudenken, einfach in den Kleiderschrank gegriffen, bevor er heute früh zum Dienst gegangen war, und hoffte, in seiner beigefarbenen Hose und dem braunen Leinenhemd neben ihr einigermaßen passabel auszusehen.
»Der Anlass für unseren Umtrunk ist ja deine fantastische Arbeit in unserem letzten gemeinsamen Fall. Die Identifizierung der Toten unter dieser speziellen Rose in Rekordzeit«, versuchte Georg, das Thema zu wechseln.
»Ah ja, du meinst die Rosa Alba, genauer: die göttliche Félicité Parmentier«, schwärmte Anita, »die ihren berauschenden Duft auch unter meinem Schlafzimmerfenster verströmt!«
»Ich trinke also auf die gute Zusammenarbeit mit der genialsten Rechtsmedizinerin, die ich je kennengelernt habe. Auf dein Wohl!«
»Prost, Georg! Und danke für die Blumen. Das ist der Anlass, ja«, stimmte sie zu und streifte mit dem Trinkhalm über seinen Arm.
»Aber vor allem wollte ich diesen interessanten, sympathischen Kriminalkommissar mal in etwas angenehmerer Atmosphäre treffen.«
»Aber Frau Dr. Ruckdäschl«, lachte Angermüller, um seine Verlegenheit zu überspielen, »durch Ihren Beruf müssten Sie doch eigentlich mittlerweile gemerkt haben, dass wir
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