Ballaststoff
das Marianne erzähle!«
Der Grieche wiegte besorgt seinen Kopf.
»Die hat immer so eine blühende Fantasie. Hoffentlich traut sie sich dann noch, allein das Haus zu verlassen. Und wann soll das passiert sein?«
»So wie es sich anhört, wohl am Sonnabend vor einer Woche. Da hab ich Kurt auch zum letzten Mal gesehen.«
»Gruselige Geschichte«, nickte Christos. »Aber Holger!«
Jetzt regte er sich richtig auf.
»Der hat ja wohl wirklich ein Rad ab! Legt hier eine biodynamische Hanfplantage an, der Idiot! Der ist wirklich unverbesserlich.«
»Na gut. Jetzt weißt du, was hier alles so los war. Und da kommt auch Dominik. Dann lass uns mal loslegen«, meinte Gesche.
»Kalimera, Christos!«, rief Dominik begeistert, als er den Griechen sah, rannte zu ihm hin und umarmte ihn.
»Euch kann man wirklich nicht allein lassen«, sagte Christos kopfschüttelnd, aber mit einem Lächeln zu Gesche.
»Sollst uns ja auch nicht allein lassen, Christos, mein Christos!«, jubelte Dominik glücklich. Und dann begannen sie, die Lebensmittel in den Verkaufsanhänger zu räumen, mit dem Christos und Dominik gleich auf den Markt nach Lübeck fahren würden. Sie luden Gesches selbst eingekochte Marmeladen ein, die Milchprodukte wie Quark und Frischkäse, mit und ohne Kräuter, für deren Herstellung Svenja verantwortlich war, Honig, Eier, Wurst aus eigener Produktion und natürlich Gemüse, Kräuter und Obst. Und ihr eigenes Graswurzelhof-Spezial-Müsli.
»Guck mal, Christos, die hab ich ganz allein gemacht!«
Stolz zeigte Dominik auf die Radieschenbunde in einem der Erntekörbe.
»Extra prima!«, lobte Christos, und zufrieden trabte der kleine Mann davon, den nächsten Korb holen.
Während sie die Kiste mit den kiloweise abgepackten Müslitüten zum Wagen trug, überfiel Gesche wieder dieses eigentümliche Gefühl. Als der Kommissar sie nach dem Müsli gefragt hatte, da hatte sie ihm nur die Büchse mit der Sorte gezeigt, die sie für den Eigenbedarf in der Küche stehen hatte. Das selbst gemischte Spezialmüsli, das sie verkauften, hatte sie nicht erwähnt. Gut, den Mann hatte das ja scheinbar nur im Zusammenhang mit Kurts Ernährungsgewohnheiten interessiert. Doch vor allen Dingen, das wusste auch Gesche, gehörte die Frage zu den Ermittlungen der Umstände von Kurts Tod. Es wäre gelogen gewesen, zu behaupten, sie hätte gar nicht an das Müsli in der Lagerkammer gedacht. Der Vollständigkeit halber hätte sie es erwähnen müssen, das war ihr sonnenklar.
Doch da waren diese Zweifel, die in ihrem tiefsten Inneren bohrten. Ständig drehten sich ihre Gedanken im selben Teufelskreis. So ging es nicht weiter. Auch wenn sie noch so viel Angst hatte vor den Fragen, die ihr pausenlos durch den Kopf gingen, und vor den Antworten, die sie fast noch mehr fürchtete – sie musste mit Henning reden. Bald.
Gesche wuchtete die Kiste in den Wagen. Irgendwie fiel ihr das heute doppelt schwer. Das liegt wahrscheinlich an dem ganzen unausgesprochenen Kram, den ich auf dem Herzen hab, dachte sie. Und wer hatte bloß die Etiketten so auf diese Müslitüten geklebt? Da hatte mal wieder jemand ziemlich schlampig gearbeitet. Sie waren zum Teil schief angebracht und sahen faltig aus.
»Dominik, bist du das etwa gewesen? Hast du die Etiketten so unordentlich auf die Müslitüten geklebt?«, fragte Gesche in leicht gereiztem Ton.
Der Angesprochene kam angelaufen, besah sich genauestens die Tüten mit den Aufklebern und schüttelte dann heftig seinen Kopf.
»Das bin ich nicht gewesen, Gesche. Du weißt, ich mache meine Arbeit immer ordentlich«, protestierte er. »Das ist gar nicht nett von dir, so was zu sagen.«
Empörung stand ihm ins Gesicht geschrieben, und er schien kurz davor, in Tränen auszubrechen.
»Entschuldige, Dominik! Das war gedankenlos von mir«, sagte Gesche zerknirscht und nahm ihn in den Arm. »Ich bin irgendwie ein bisschen durcheinander heute. Tut mir echt leid. Bitte sei mir nicht böse.«
Immer noch ziemlich vorwurfsvoll sah Dominik zu ihr hoch.
»Na gut. Aber du darfst nicht wieder so was sagen!«
»Du hast heute wirklich einen gesunden Appetit, Georg! Wie kannst du einfach so unkontrolliert in dich reinstopfen? Aber trotzdem: Irgendwie hab ich das Gefühl, du hast abgenommen«, meinte Astrid nach einem prüfenden Blick auf ihren Mann, als sie in der Küche beim Frühstück saßen. Zwar hatte sie Urlaub, doch sie brauchte immer ein paar Tage, bis sie das auch auskosten und länger schlafen konnte. Zu fest war
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