Ballaststoff
Ergebnis präsentieren«, teilte er seinem Chef mit.
»Na, das ist doch wunderbar. Dann weiterhin frohes Schaffen, und wir sehen uns morgen um 16 Uhr bei der Pressekonferenz!«
»Du vertellst dem Chef ja Geschichten, du Optimist! Ende der Woche!«, schüttelte Jansen seinen Kopf, als sie wieder allein waren. »Dat glaubst du doch selbst nich!«
»Wieso? Wir arbeiten doch wirklich dran«, erwiderte Angermüller. »Oder was siehst du hier? Lese ich etwa Zeitung? Na bitte! Also, wo waren wir stehen geblieben, bevor uns Harald mit seinem Besuch beehrte?«
»Na, bei den überaus spannenden Berichten aus der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin zum Thema Müsli. In allen Müsliproben gab es Haferflocken, Rosinen und Nüsse. In den Bronchien des Mannes fanden sich unter anderem auch Spuren von Blütenpollen, Kleieflocken und Reste von gepopptem Amaranth«, las Jansen. »Gepopptes Amaranth, wat is dat denn für ne Schweinerei?«
»Amaranth kommt aus Südamerika. Das sind so kleine getreideähnliche Körner, die schon bei den Inkas auf dem Speiseplan standen. Und wenn das ähnlich wie Popcorn behandelt wird, ist es im Müsli besser verdaulich«, erklärte Angermüller. »Ich hab das schon mal als Beilage statt Reis gemacht. War gar nicht schlecht.«
»Aha. Muss ich ja nich essen. In dem Müsli von Anke Mewes fand sich jedenfalls nichts von den drei Zutaten, im Öko & Frisch-Müsli war nur das Amaranth und das von Langhusens enthielt nur die Blütenpollen. Nirgendwo hundertprozentige Übereinstimmung mit den Spuren am Opfer.«
»Tja, Claus, dann bleibt wohl nichts anderes übrig, als dass du jetzt durch die Bioläden pilgerst, sämtliche Müslisorten kaufst, analysierst und im Selbstversuch testest.«
»Sach ma, geht’s noch?«
»Was hast du denn? Dann kannst du dich endlich mal gesund ernähren. Eiweiß, Vitamine, Ballaststoffe, Mineralien, alles drin! Das Kontrastprogramm zu deinem ewigen Junkfood!«
»Seh ich aus wie ’n Wellensittich? Ich ess doch kein Vogelfutter!«
»Täte dir aber gut, Claus«, freute sich Angermüller. »Allerdings glaub ich auch nicht, dass uns das voranbringen würde. Lass uns Feierabend machen, wir wühlen uns hier doch nur fest. Auf dich wartet bestimmt Vanessa, und ich muss gleich noch einkaufen gehen.«
»Ja, ja, Vanessa«, sagte Jansen ohne große Begeisterung. »Okay, machen wir Feierabend.«
Kapitel VIII
Als er die Kalbsleber beim Schlachter seines Vertrauens, der nur Ware aus artgerechter Tierhaltung verkaufte, in der Auslage liegen sah, erinnerte sich Georg Angermüller einer Köstlichkeit, die er bei einem Besuch Venedigs kennengelernt hatte. Im Garten eines kleinen Ristorante in San Polo, nicht weit vom Rialtomarkt, hatte er eine delikate Fegato alla Veneziana genossen. Also nahm er diese angenehme Erinnerung als Inspiration für das heutige Abendessen und kaufte ein gutes Pfund von der frischen Kalbsleber.
Erstaunlicherweise war Astrid, die sonst eher wenig Fleisch aß, ein großer Fan von allen Innereien. Und da der noch nicht ganz so weit entwickelte Geschmack von Julia und Judith heute nicht berücksichtigt werden musste, war es eine gute Gelegenheit, Astrid mit diesem leichten, überaus schmackhaften Gericht zu erfreuen.
Im Ökoladen besorgte Georg eine duftende Charentaismelone für die Vorspeise, außerdem Polenta und eine Ciabatta, der man die handwerkliche Herstellung auf den ersten Blick ansah. Und dann entdeckte er wunderbar aromatische Aprikosen, die sich bestimmt zu irgendeinem Nachtisch verarbeiten ließen. Er packte für alle Fälle noch eine Schlagsahne dazu.
So war er in ziemlich guter Stimmung, als er zu Hause ankam und seine Einkäufe auf dem Küchentisch aufbaute. Astrid war noch nicht da, und voller Elan stürzte er sich in die Zubereitung des Essens. Dass er diesen Abend für ein entscheidendes Gespräch nutzen wollte, dessen Themen nicht unbedingt zu den angenehmen zählten, war während der Überlegungen um das Abendessen weit in den Hintergrund von Georgs Bewusstsein geraten. In der Küche zu stehen, die Lebensmittel zu fühlen, zu schmecken, zu riechen, sie zu bearbeiten und zu einem neuen, köstlichen Ganzen zu komponieren, das war für ihn immer noch die beste Ablenkung von den Mühen des täglichen Lebens, ob nun privater oder beruflicher Natur.
Liebevoll umwickelte er die Melonenviertel mit zartem Parmaschinken und stellte sie in den Kühlschrank. Er wusch und pürierte die Aprikosen, aromatisierte mit etwas Orangenlikör, süßte mit
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