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Ballaststoff

Ballaststoff

Titel: Ballaststoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Ahornsirup und vermischte das Ganze mit geschlagener Sahne. Schließlich gab er noch je eine Handvoll Mandelblättchen und kandierte Orange dazu und packte das Ganze in den Tiefkühler. Dann machte er sich ans Hauptgericht.
    Von einem hellen Weinrot, am ehesten an einen Trollinger erinnernd, glatt und glänzend, löste der Anblick der Leber, nachdem er sie aus der Verpackung genommen und in eine Edelstahlschüssel gelegt hatte, bei Angermüller plötzlich ganz neue Assoziationen aus. Er sah die muffige Präparatorin, wie sie lustlos ihrer Pflicht nachging und die Organe wog, hörte das Scheppern der Metalltabletts auf den Fliesen, blickte auf den seltsam grünlich verfärbten Körper und – was das Unangenehmste war – hatte plötzlich den Gestank nach Fäulnis und Verwesung in der Nase und ein flaues Gefühl im Magen.
    Kurz entschlossen warf er ein paar Eiswürfel in ein Glas, goss großzügig vom Averna darüber und gab einen Spritzer Zitronensaft dazu. Schon nach dem ersten Schluck fühlte er sich besser. Trotzdem blieb seine Erinnerung bei der Szene im Sektionssaal gefangen, er sah Steffen mit den Instrumenten hantieren, hörte dessen angenehm ruhige Stimme und sah die junge Rechtsmedizinerin assistieren. Auch in der grünen Verkleidung war Anita ziemlich attraktiv. Anita – auch an sie wollte Georg nicht denken.
    Die Haustür wurde aufgeschlossen. Gerade jetzt wollte er überhaupt nicht an sie denken.
    »Hallo, da bin ich!«
    Astrid kam herein, in dem türkisfarbenen Sommerkleid, das ihr ausgezeichnet stand und das er so gern an ihr mochte. Die seit Wochen scheinende Sommersonne hatte ihr blondes Haar mit noch helleren Strähnchen durchzogen, und ihre Haut hatte einen sanften Goldton angenommen.
    »Hallo, Schatz«, begrüßte er sie in alter Gewohnheit und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Ich habe jetzt vielleicht Hunger!«, stöhnte Astrid und ließ sich auf einen Stuhl am Küchentisch fallen. »Bei Bergers war ein großes Büffet aufgebaut, als ich die Mädchen dort abgeliefert habe, und Frau Berger wollte unbedingt, dass ich was esse. Das sah wirklich alles sehr gut aus! Aber ich habe gesagt, nein danke, heute werde ich ganz allein zu Hause bekocht, und da kann ich jetzt nichts essen. Was gibt es denn?«
    »Als Vorspeise Schinken mit Melone, zum Nachtisch Halbgefrorenes mit Aprikosen, und den Hauptgang bereite ich jetzt zu.«
    »Du bist unverbesserlich, Georg. Ein Glück, dass ich nichts gegessen habe! Ein schlichtes Abendessen kriegst du einfach nicht hin«, sagte seine Frau, aber sie hatte nicht so ganz den kritischen Ton wie sonst in letzter Zeit.
    »Und was muss ich als Hauptgang noch essen?«
    »Ach, ich dachte, vielleicht hast du ja mal wieder Appetit auf Leber nach venezianischer Art«, antwortete er beiläufig.
    »Mmh, Georg, das ist ja wunderbar!«, freute sich Astrid, und Georg war glücklich, die richtige Wahl getroffen zu haben. Ein mit Genuss gefüllter Magen machte zufrieden und war eine gute Grundlage für eine Aussprache in entspannter Atmosphäre.
    »Dann decke ich draußen schon mal den Tisch, während du hier deinen Kochkünsten nachgehst.«
    Die Fegato alla Veneziana in der Weißweinsoße, die Georg immer mit einem frischen Lorbeerblatt würzte, begleitet von der mildnussigen Polenta, schmeckte wirklich einmalig. Sogar Astrid, die sonst die personalisierte Disziplin war und sich stets eine zweite Portion versagte, auch wenn es noch so berauschend mundete, ließ sich noch einmal auftun. Das Halbgefrorene mit seinem fruchtigen Aprikosenaroma schien ihrem Gaumen ebenfalls zu gefallen.
    »Georg, das war ganz wunderbar! Vielen Dank für die Mühe!«
    »Du weißt, kochen ist für mich pures Vergnügen. Es war keine Mühe.«
    »Wie auch immer, danke!«
    Mit ihrem Löffel kratzte Astrid emsig auch noch die letzten Reste aus dem Schälchen, dann hob sie ihren Blick.
    »Georg, ich dachte, wir sollten die seltene Gelegenheit eines Abends zu zweit endlich nutzen, um über ein paar Dinge zu reden«, sagte sie langsam. »Tja, wie soll ich anfangen?«
    »Magst du noch ein bisschen von dem Halbgefrorenen?«, fragte Georg, was natürlich etwas unpassend war in dem Moment. Doch Astrids Vorstoß kam für ihn so überraschend, dass er diese Kunstpause brauchte.
    »Nein, wirklich nicht«, lehnte sie ein wenig irritiert ab. »Das Essen war prima, danke, ich bin satt. Jetzt möchte ich einmal in Ruhe mit dir sprechen. Also, es gibt da nämlich so einiges, was mir schon länger auf der Seele

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