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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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mir, seine Eltern seien sehr angetan von mir, und es bestehe deshalb keine Notwendigkeit für eine lange Verlobungszeit.”
    “Annabelle!” Entrüstet schlug die Mutter die Hände zusammen. “Wie konntest du es so weit kommen lassen, ohne mir auch nur ein Sterbenswörtchen davon zu sagen? Ich kenne den jungen Mann nicht. Vielleicht ist er überhaupt nicht passend für dich.”
    “Oh doch, ich denke schon”, mischte sich nun Lydia ein. “Er wird eines Tages sogar einen Titel tragen, wenn auch nur einen niederen. Und Geld ist offensichtlich auch vorhanden …”
    “Du kennst ihn?”
    “Erst seit dem Vortragsabend.”
    “Ihr hättet mich informieren müssen! Das ist, weiß Gott, nicht die Art, in der eine anständig erzogene junge Dame eine Verlobung vorbereitet. Der Himmel mag wissen, was Lord und Lady Baverstock jetzt von dir denken.”
    “Perry wird dich auf dem Ball mit seinen Eltern bekannt machen”, erklärte Annabelle. “Dann kannst du dir selbst ein Urteil darüber bilden und alles so arrangieren, wie es sich gehört. Da Lydia eingewilligt hat, Sir Arthur zu heiraten, besteht auch kein Zweifel mehr an einer Mitgift für mich, nicht wahr?”
    Annabelles vor Eifer schrill gewordene Stimme riss Lydia aus ihren Träumen von dem schönen Fremden mit den lachenden Augen, und ihr Hochgefühl versank in einen Abgrund. Anstatt sich auf den Ball zu freuen, graute ihr nun davor.
    Am Tage vor dem großen Ereignis machte Sir Arthur die angekündigte Visite bei Mrs Fostyn. Er fuhr mit einer glänzenden neuen Kutsche vor und trug einen eleganten Rock aus taubenblauer gerippter Seide und farblich passende Kniehosen. Rüschen aus feinster Spitze fielen auf seine Hände, und das Spitzenjabot über seiner grünen Brokatweste war verschwenderisch wie ein Wasserfall. Die neue weiße Perücke mit je zwei röhrenförmig aufgerollten Locken an jeder Seite saß fester auf dem Kopf als die alte. Seinen vorgewölbten Bauch hatte er in ein Korsett gepresst, das ihm offensichtlich das Atmen etwas erschwerte.
    “Euer gehorsamster Diener, Madam”, sagte er, während er sich über Mrs Fostyns Hand neigte. “Ich hoffe, Ihr seid wohlauf.”
    “Danke der Nachfrage, Sir. Darf ich Euch eine Erfrischung anbieten?”
    “Gewiss. Gern.”
    “Dann nehmt doch bitte Platz.” Die Mutter läutete nach dem Hausmädchen.
    Eine Weile saßen sich die drei – Sir Arthur, Lydia und ihre Mutter – schweigend gegenüber, bis Lydia die Stille nicht mehr ertragen konnte und den Gast fragte, ob er wohl auch den Ball besuchen werde.
    “Selbstverständlich. Und ich hoffe dabei auf einen äußerst glücklichen Ausgang.”
    “Oh ja.” Verlegen blickte Lydia zur Seite und wandte sich dann hastig an die Mutter. “Wo bleibt Janet nur? Soll ich hinausgehen und nachschauen?”
    “Ja, tue das. Sage ihr, sie soll Tee und Gebäck bringen, und dann wartest du am besten in deinem Zimmer, bis Sir Arthur und ich unser Gespräch beendet haben. Oder du hilfst Annabelle dabei, die Bänder an ihr Kleid zu nähen. Du kennst ja ihre unregelmäßigen Stiche.” Mit einem verbindlichen Lächeln wandte sich die Mutter an ihren Gast. “Lydia ist eine außerordentlich geschickte Näherin, Sir Arthur.”
    Erleichtert stürzte Lydia aus dem Salon, als sei sie auf der Flucht. Aber nachdem sie Janet ihren Auftrag übermittelt hatte, ging sie weder in ihr Zimmer noch gesellte sie sich zu der mit Näharbeit beschäftigten Schwester. Stattdessen nahm sie ihren Umhang vom Haken und verließ das Haus. Je weiter entfernt sie war, wenn über ihr Schicksal entschieden wurde, desto besser. Sonst würde sie vielleicht im letzten Moment noch die Entscheidung rückgängig machen.
    Kurz entschlossen machte sie sich auf den Weg zu Mistress Grey, ihrer alten Lehrerin, die sich zwar schon lange vom Schuldienst zurückgezogen hatte, sich aber immer noch über einen Besuch ihrer ehemaligen Schülerin freute. Lydia und ihre Mutter pflegten sich regelmäßig darum zu kümmern, dass es der alten Frau an nichts mangelte. Sie litt stark unter rheumatischen Schmerzen, doch ihr Geist war munter und scharf wie eh und je, und sie hatte aufgrund ihrer Lebenserfahrungen immer einen guten Rat zur Hand.
    Ihr einsam gelegenes Häuschen konnte man am schnellsten über einen Pfad erreichen, der durch den Forst und über eine Wiese zu einem Fahrweg führte, der einmal eine Landstraße gewesen, aber wegen des sich immer mehr ausbreitenden Moors für Wagen nicht mehr passierbar war. Lydia eilte an dem Park

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