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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Arthur Mellnig auf den Kopf zusagen. Wie sich aus der Vorgeschichte der Frau ergab, hatte sie bis zu ihrer Verehelichung als Physiotherapeutin gearbeitet. Die Zusatzausbildung als Chiropraktikerin hatte sie wegen ihrer Heirat kurz vor dem Abschluss abgebrochen. Evelyn Immenseh war also sowohl fachlich als auch körperlich durchaus in der Lage gewesen, ihrem Opfer einfach und fachgerecht das Genick zu brechen.
    Da außer dem Hotelportier inzwischen auch zwei Mitglieder der rumänischen Nationalmannschaft die Verdächtige zweifelsfrei als die Frau im Speisewagen erkannt hatten und ihre Fingerabdrücke in Mellnigs Schlafwagenabteil gefunden worden waren, bestand kein Zweifel mehr. Natürlich oblag es dem Gericht und den Geschworenen, über Schuld oder Nichtschuld zu befinden, aber für Vonderhöh stand fest, wer Arthur Mellnig getötet hatte.
    »Sie können Ihre Situation nur verbessern«, klärte der Oberleutnant die heulende Frau auf, »wenn Sie von jetzt an vorbehaltlos mit uns kooperieren, Madame .« Er betonte das Wort Madame so, dass der Eindruck entstehen konnte, er habe noch nicht jeden Respekt vor seiner Gesprächspartnerin verloren. Mit dieser Taktik hatte er in Vergangenheit schon gute Erfahrungen gemacht. »Sie sind eine schöne, noch junge Frau. Da macht es schon einen Unterschied, ob Sie 15 Jahre bekommen und bei guter Führung nach zehn Jahren nach Hause gehen oder lebenslang …« Er machte mit der Hand eine Geste, die die Aussichtslosigkeit eines solchen Schicksals andeuten sollte.
    »Gut«, die Immenseh wischte sich die Augen ab, schnäuzte sich, dann war sie so weit. »Was möchten Sie wissen ?«

     
    * * *

     
    Da Konsul Emden zu den most wanted persons in der Bundesrepublik zählte, hatte sich Anselm Wiegele mit Kriminaldirektor Dr. Reinbeck vom BKA in Wiesbaden in Verbindung gesetzt und Rückendeckung geholt. Vor allem hatte er darum gebeten, eine Kopie des Haftbefehls nach Wien zu faxen. Nach Rücksprache mit Dr. Schneckenburger direkt an dessen Anschluss im Innenministerium.
    »Ich bin inoffiziell bereits beim Bundeskriminalamt, schon fast vier Monate«, vertraute er Harry auf der Fahrt zum Ministerialrat an. »Aber offiziell mache ich noch den Hauptkommissar in Singen. Das ist so eine Art ›Undercover‹-Aktion, es geht um eine mächtige Figur aus dem Dunstkreis der Regierung in Stuttgart. Aber vergiss das gleich wieder, sonst bekomme ich noch Schwierigkeiten .«
    Harry nickte nur, war ganz begeistert, Geheimnisträger zu sein. Obwohl er eines nicht ganz verstand. »Ich werde schweigen wie ein Grab«, sicherte er Wiegele zu. »Nur etwas möchte ich noch wissen. Gehört der Job als Sicherheitschef des DFB auch zu deiner ›Undercover‹-Aktion ?«
    »Ja«, Wiegele hatte ein wenig mit der Antwort gezögert.
    »Das kann dann aber nur bedeuten, dass …«, wollte Harry einwerfen, doch der Hauptkommissar, oder was immer er im Moment auch war, fiel ihm ins Wort.
    »Richtig, die Person, um die es geht, hält sich derzeit ebenfalls in Wien auf. Also halt bloß die Klappe, sonst bringst du mich in Teufels Küche .«
    Bei Schneckenburger herrschte Hektik pur. Zu dem ganz normalen Zuwachs an Aufgaben für die Polizei, die eine Veranstaltung dieser Bedeutung und Größenordnung nun einmal mit sich brachte, kam noch der fast schon explosionsartige Mehranfall an Interventionen und Wünschen an den Minister.
    Gut, mit der Polizeiarbeit unmittelbar hatte der Ministerialrat zwar kaum zu tun. Aber alleine die laufende Berichterstattung, die Fuscheé von ihm als seinem Vertreter im BK erwartete, nahm mehr als die Hälfte seiner eigentlichen Arbeitszeit in Anspruch.
    Das Lästigste und gleichzeitig auch Widerlichste war aber dieses Gemauschel auf politischer, aber auch privat-gesellschaftlicher Ebene. Egal, ob es um zwei Karten für eine total ausverkaufte Aufführung mit der Tarabelli in der Oper ging, um einen Ferienjob für die Enkelin der Großnichte von irgendeinem Gesinnungsgenossen oder darum, das Strafmandat, das der Cousin eines Bekannten eines Freundes des Friseurs des Ministers erhalten hatte, verschwinden zu lassen, ›Schneckenburger macht das schon‹. Das war der Standardsatz seines Herrn und Meisters, und der brachte ihn schon langsam zum Kotzen. Nicht der Minister, der Satz. Obwohl, wenn er es genau bedachte …
    Manchmal fragte er sich wirklich, wozu sein Studium gut gewesen sein sollte. Ein 8-wöchiges Kolleg an der Nepotismus-Akademie wäre wahrscheinlich effektiver gewesen. Oder zumindest

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