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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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halbherzig Zustimmung signalisierte, klingelte das Direkttelefon auf seinem Schreibtisch. An seiner Reaktion erkannte Palinski, dass der Anrufer jemand aus der Hierarchie über dem Minister sein musste, denn so etwas wie devote Arroganz schlich sich in die sonst so forsche Tonlage Fuscheés. »Gut, ich bin gleich bei dir drüben«, antwortete er. »Wahrscheinlich wieder nur ein falscher Alarm, die Spinner haben jetzt ja Hochsaison. Ich bin schon unterwegs .«
    Das musste der Kanzler gewesen sein, dachte Palinski, während der Minister auflegte und schon auf den Beinen war. »Also besprich alles Weitere mit Schneckenburger«, meinte der Minister im Gehen, »wir reden ein andermal weiter .«
    »Aber es geht um ein Attentat .« Obwohl er sich gar nicht sicher war, ob es richtig war, Fuscheé ins Vertrauen zu ziehen, waren ihm die Worte einfach herausgerutscht.
    »Woher weißt du ?« , wunderte sich Fuscheé. »Der militärische Nachrichtendienst hat das angeblich erst gestern Abend erfahren. Erstaunlich, der Bursche«, brummte er noch und war auch schon weg.

6
    Donnerstag, 5. Juni, nachmittags
    Drei Meldungen, die am frühen Nachmittag erstmals über den Rundfunk verbreitet wurden, prägten die schlussendlich recht aufgeheizte öffentliche Stimmung in Österreich, Deutschland und auch der Schweiz an diesem Tag.
    Da war zunächst Jean Luc Baredoux, ein belgischer Schiedsrichter, der heute, zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel Schweiz gegen Portugal, völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt hatte. Dank der Indiskretion eines Mitglieds der Besetzungskommission war bekannt geworden, dass die Ergebnisse des von der UEFA zwischenzeitlich als verbindlich angeordneten Polygrafentests Baredoux’ offenbar einige Ungereimtheiten aufgezeigt hatten. Da der Belgier diese Widersprüche nicht befriedigend aufklären konnte, hatte die Besetzungskommission seine Nominierung als Linienrichter, heute wurde das ›Assistent‹ genannt, zurückgezogen und ihn bis auf Weiteres suspendiert.
    Daraufhin hatte Baredoux etwas von Hexenjagd gebrüllt, seinen Rücktritt erklärt und eine eigene Pressekonferenz zu diesem Skandal angekündigt.
    Dann hatte sich ein anonymer Anrufer beim Deutschen Fußballbund gemeldet und mitgeteilt, dass seine nicht näher bezeichnete Organisation die Tochter von Tormannlegende Toby Nachen entführt habe. Für die Freilassung der 13-jährigen Sabine Pleschke wurde die Zahlung von einer Million Euro gefordert. Die Einzelheiten dazu sollten demnächst noch bekannt gegeben werden. Nein, mit dem Mädchen konnte derzeit nicht gesprochen werden. Sie hätte letzte Nacht kaum geschlafen und holte das im Moment gerade nach. Falls man Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Forderung hätte, wollte der Unbekannte dem DFB aber gerne eine Fingerkuppe des Mädchens zusenden. Und jetzt basta.
    Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf diese scheinbar in keinem Zusammenhang stehenden Meldungen waren unterschiedlich. Baredoux’ spektakulärer Abgang wurde vor allem von den Fußballexperten, den echten wie den selbst ernannten, zur Kenntnis und zum Anlass genommen, das bisherige System infrage zu stellen. Diese Unsummen von Geld, die aus dem Sport einen globalen Wirtschaftsfaktor unvorstellbarer Dimension gemacht hatten. Und somit auch eine permanente Herausforderung für Menschen mit entsprechender krimineller Energie darstellten.
    Mit dem den Schiedsrichtern entgegengebrachten Misstrauen hatte eine Gruppe größte Schwierigkeiten. Richtig, die Schiedsrichter selbst. Sie, die sich am Spielfeld immer wieder einer mehr oder weniger aktiven Opposition gegenübersahen und Gegenwind gewohnt sein mussten, fühlten sich zutiefst verunsichert. Dieser Mangel an Vertrauen, dieses elementare Infragestellen ihrer neutralen Position machte ihnen enorm zu schaffen. Ja, einige von ihnen drohten in ersten Reaktionen, den ›ganzen Krempel einfach hinzuschmeißen‹.
    Die Geschichte mit Sabine Pleschke und ihrem Vater Tobias Nachen bewegte naturgemäß die Deutschen mehr als die anderen deutschsprachigen Nachrichtenkonsumenten. Der generelle Tenor verdammte die Entführung und die nachfolgende Erpressung natürlich. In der praktischen Diskussion darüber dominierte aber vor allem die Frage, wie sehr die Spiele des deutschen Teams, vor allem das erste gegen die österreichische Auswahl dadurch beeinflusst werden mochten. Und ob sich die Chancen der Gastgeber, durch einen möglichen Totalausfall Nachens die Gruppenphase der EM zu überstehen, damit

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