Ballsaison: Palinskis siebter Fall
gute Nachricht, freute er sich und nahm sie als gutes Omen. Von jetzt an würde es das Schicksal wieder gut mit ihm meinen. Je länger er sich das einredete, desto mehr war er davon überzeugt. Das war wohl das, was Psychologen unter ›positiv denken‹ verstanden.
Das funktionierte ganz gut bis zum nächsten Anruf. »Endlich erreiche ich Sie«, flötete ihm Hektor Wiener samtweich ins Ohr. »Es gab da in letzter Zeit zwischen uns einige Missverständnisse«, räumte er ein. »Und die wollte ich persönlich aus der Welt schaffen .«
Zunächst schien es Palinski, als ob ihm jemand Eiswürfel hinten in den Kragen geschüttet und über die Wirbelsäule talwärts hatte rutschen lassen. Dann zeigte Wieners scheißfreundliche Art doch etwas Wirkung. Immerhin ging es Palinski nicht um Rache, sondern um Gerechtigkeit. Wieners Anruf war definitiv ein erster Schritt in die richtige Richtung. »Und wie stellen Sie sich das vor ?«
»Sie erhalten von uns …«, Wiener legte ein strategisches Zögern ein, »4.000, nein, sagen wir 5.000 Euro für sämtliche Rechte in Verbindung mit dem Schnitzel und dem Werbespot, und dazu lade ich Sie und Ihre sehr verehrte Frau Gemahlin zu einem exquisiten Abendessen ein«, er meckerte lachähnlich in den Hörer. »Natürlich in ein tolles Restaurant Ihrer Wahl und nicht in eines meiner Lokale. Hehehe. Ich denke, wir sollten den Kontakt wieder intensivieren .«
Schleimscheißer, dachte Palinski, aber das Angebot war gar nicht schlecht. Bloß, er wollte eigentlich gar kein Geld von diesem ›Schnitzelfritzel‹. »Was denken Sie, wie viele ›Schnitzel à la Polska‹ werden Sie während der EURO 08 in Österreich verkaufen ?« , wollte er wissen. »Vorausgesetzt, wir einigen uns«, fügte er hastig dazu.
Das war zwar nicht die Antwort, die Wiener erwartet hatte, konnte ihn aber auch nicht in Verlegenheit bringen. »Vorsichtig geschätzt, gehen wir davon aus, dass wir in unseren 64 Filialen in den drei Wochen 35.000 bis 40.000 ›Schnitzel à la Polska‹ verkaufen werden. Warum?«
»Ich schlage vor, Sie verpflichten sich, pro verkauftem Schnitzel 15 Cent an eine karitative Institution zu überweisen, die ich Ihnen noch nennen werde. Mindestens aber die angebotenen 5.000 Euro.« Es war angenehm, Gutes zu tun, durchfuhr es Palinski. Vermittelte ein hervorragendes Gefühl. Und war eigentlich auch ganz einfach, wenn man mit Gaunern wie Wiener zu tun hatte.
»Und was schaut für Sie dabei heraus ?« , Wiener klang misstrauisch. »Warum wollen Sie das machen ?«
»Weil wir eine Verantwortung für die Menschen haben, denen es nicht so gut geht wie uns«, entfuhr es Palinski. Mein Gott, jetzt redete er schon den gleichen hohlen, selbstgefälligen Scheiß daher, der ihn bei anderen sonst immer so aufregte.
Nicht, dass das inhaltlich nicht gestimmt hätte, aber wie er es gesagt hatte, hatte es wie eine arrogante Form von gesellschaftlichem Narzissmus geklungen. »Nein, weil ich Ihr Geld nicht will. Schicken Sie mir noch heute eine verbindliche Erklärung dieses Inhalts per Fax, und wir ziehen die einstweilige Verfügung zurück .«
»Sollen wir Ihren Namen als Spender nennen ?« , wollte Wiener wissen, doch Palinski lehnte ab. »Keine Werbung für mich, ich will das nicht .«
»Sie versetzen mich immer wieder in Erstaunen«, meinte der Schnitzelking jetzt fast ehrfürchtig. »Wissen Sie was, ich runde auf 20 Cent je Schnitzel auf. Ich finde Ihr Verhalten toll, meine Hochachtung .«
Damit war also auch diese leidige Sache aus der Welt geschafft, freute sich Palinski. Und das war gut, denn er hatte wirklich genug anderes um die Ohren. Er fühlte sich richtig beschwingt, als er sich wieder dem Brionigg-Dossier widmete.
* * *
Konsul Dr. h. c. Hans Jürgen Kehl hatte eben eines seiner jüngsten Investments besichtigt. Das riesige, neben dem Ernst-Happel-Stadion gelegene Pratereinkaufszentrum gehörte zu 68 Prozent der ›Aval Beteiligungs-Holding‹ in Vaduz, die sich über diverse Verschachtelungen zu 100 Prozent in Kehls Eigentum befand. 18 Prozent der Aktien wurden von der BBLtd, Grand Cayman, gehalten. Was im vollen Wortlaut so viel wie ›Beitzmann Beteiligungen‹ mit beschränkter Haftung bedeutete und zu Recht auf Wilhelmine Kehl, geborene Beitzmann, schließen ließ.
Die restlichen 14 Prozent der Aktien befanden sich im Streubesitz und sorgten dafür, dass die jährlichen Hauptversammlungen nicht langweilig wurden.
In dem gewaltigen Komplex befand sich nicht nur ein riesiger
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