Ballsaison: Palinskis siebter Fall
sogar zu einem angedeuteten Handkuss hinreißen. Etwas, das zuvor erst ein einziges Mal stattgefunden hatte, nämlich beim Abschlusskränzchen seiner Tanzschule.
Wiens erste Hoteladresse hatte alles auffahren lassen, was auch nur im Entferntesten mit Frühstück zu tun hatte, und noch einiges mehr. Was jetzt noch fehlte, war ein einsichtiger Politiker, der sich von Palinskis Warnung überzeugen lassen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen würde. Nämlich nicht zu diesem verdammten Fußballspiel zu gehen. So einfach war das Ganze und … Verdammt, Palinski hatte ganz weiche Knie bei dem Gedanken, dass etwas schiefgehen könnte. Wo blieb der Herr Ministerpräsident überhaupt?
Als ob Renata Brionigg Palinskis Gedanken gelesen hätte, kam sie gerade darauf zu sprechen.
»Meinen Mann müssen Sie leider entschuldigen«, stellte sie fest, »aber eine dumme Magengeschichte ist wieder akut geworden und hat ihn in ärztliche Behandlung gezwungen. Er ist jetzt zur Beobachtung im Spital .«
»Bedeutet das, dass Ihr Mann heute Abend … ?« , Palinski wagte nicht zu glauben, was er jetzt hoffte.
»Ich fürchte, dass mein Mann das geplante Programm nicht wird einhalten können«, bedauerte Frau Brionigg und grinste dabei wie ein Spitzbub. »Aber keine Angst, die …«, sie wandte sich hilfesuchend an Wilma, »wie heißen diese köstlichen Süßigkeiten mit der Shrimpsfülle noch? Also diese Dinger haben meinem Mann sehr gut gemundet. Er lässt Sie um das Rezept bitten .«
Sämtliches Blut aus seinem Körper, angeblich waren das an die sechs Liter, konzentrierte sich schlagartig in Palinskis Schädel, der leuchten musste wie Rudolfs Nase in der Christnacht. Höchst irritiert wanderte sein vorwurfsvoller Blick zu Wilma, die sich aber nichts anmerken ließ.
»Sie dürfen Ihrer Frau keinen Vorwurf machen, Herr Palinski«, fuhr Renata Brionigg fort. »Sie hat das einzig Richtige getan, nämlich sich mir anvertraut. Ich meine, immerhin haben Sie vorgehabt, meinen Mann außer Gefecht zu setzen, um das einmal so hart zu formulieren. Das hätte schließlich auch ins Auge gehen können .«
Sie blickte ihn ernst an. »Aber ich anerkenne Ihr Motiv und das Risiko, dass Sie damit eingehen wollten. Und ich stehe auch nicht an, Ihnen dafür zu danken. Immerhin hätten Sie ja mindestens Gefängnis dafür riskiert .«
Palinskis Blut weigerte sich nach wie vor standhaft, wieder aus dem Kopf abzufließen. Betreten blickte er zu Boden, dann erwiderte er trotzig: »Immer noch besser, als wenn er heute Abend tot auf der Ehrentribüne des Stadions läge .«
Renata trat jetzt zu Palinski hin, fasste ihn an den Schultern, beugte sich vor und küsste ihn auf beide Wangen. Zuerst rechts, dann links und dann, wohl wegen des wachsenden Spaßes daran, nochmals rechts.
»So, jetzt habe ich Sie genug geärgert«, meinte sie sanft, »jetzt möchte ich Ihnen nur mehr danken. Übrigens, Ihre Idee mit den Shrimps war zwar originell, ja aberwitzig, aber wirkungslos. Denn mein Mann ist lediglich gegen rohes Shrimpsfleisch allergisch. Sobald die Dinger erhitzt werden, sind sie völlig ungefährlich für ihn. Daher hat er Ihre … Kokosbusschens heißen sie wohl, auch mit großem Vergnügen gegessen. Obwohl er nicht die ganze Rezeptur kennt .« Sie lachte verschwörerisch in Richtung Wilma.
»Ja, aber, woran ist er …«, kam es spontan aus Palinski heraus. »Ich meine, wenn er nicht …«
»Das ist mein kleines Geheimnis«, Renata lächelte geheimnisvoll, und er spürte, dass das Thema damit erledigt war. »Auf jeden Fall habe ich meinem Mann nichts von einem Attentat gegen ihn gesagt. Das hätte er entweder nicht geglaubt, oder er hätte unbedingt den Helden spielen wollen. Ante kann da manchmal etwas eigensinnig sein. Obwohl er gleichzeitig ein gewaltiger Hypochonder ist. Ach, diese Männer !« , lamentierte sie scherzhaft und zwinkerte Wilma zu.
Na, auch gut, Palinski sollte es recht sein. Das Blut verteilte sich inzwischen wieder gleichmäßig über seinen ganzen Körper, und ein unheimliches Hochgefühl erfüllte ihn. Attentat verhindert, Auftrag erledigt, auch wenn das vielleicht nie jemand erfahren würde. Aber wegen des öffentlichen Ruhms hatte er den Mord ja ohnehin nicht verhindert. Es war Zeit für ein abschließendes Statement.
»Tut mir nur leid, dass Ihr Mann auf das Fußballspiel verzichten muss«, bedauerte er. »Hoffentlich hat er sich nicht zu sehr darauf gefreut .«
»Da kann ich Sie beruhigen«, erwiderte Renata, »aber mein
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