Baltasar Senner 03 - Busspredigt
auch nicht, wo sie abgeblieben sind. Meine Marlies … sie ist weg … ohne mich.« Seine Stimme klang traurig.
»Die werden nur kurz eine Runde drehen, so groß ist das Gelände doch nicht, gleich tauchen sie wieder auf.« Baltasar fragte sich, ob Jonas etwas von der neuen Beziehung der beiden ahnte.
»Meine Liebe … sie ist weg. Jetzt habe ich nur noch meine Maschine.« Er tippte auf die Kaffeemaschine. »Das Einzige, was mir bleibt.«
»Wo haben Sie sie denn her?«
»Gewonnen. Beim Glücksrad.« Er lachte, es klang gekünstelt. »Das ist das einzige Glück, das mir heute geblieben ist – eine Kaffeemaschine. Welcher Hohn! Marlies …« Er leerte die Flasche in einem Zug. »Ich hol Nachschub.« Kurz danach kam er zurück, zwei Flaschen in der Hand.
»Prost.«
»Warum feiert Valentin nicht mit? Ihr trinkt doch sonst immer zusammen, oder etwa nicht?«, fragte Baltasar. Das Bier tat ihm gut. Was kümmerten ihn die Frauen?
»Irrtum, Herr Pfarrer. Der trinkt nur in Ausnahmefällen.«
»Wieso das?«
»Hängt wohl mit seinem Vater zusammen, der ist Alkoholiker.«
»Aber seine Eltern sind geschieden, und er ist bei seiner Mutter aufgewachsen, oder?«
»Stimmt. Aber sein Papa hat damals die Entlassung nicht gepackt und ist abgestürzt. Lebt von der Sozialhilfe, soviel ich weiß. Hat nie Unterhalt gezahlt oder seinen Sohn unterstützt. Wer weiß, was aus Valentin hätte werden können, wenn die Familie ein normales Leben geführt hätte?« Jonas betrachtete den Inhalt seiner Flasche. »Jedenfalls fragt mein Kumpel sich das, falls er noch mein Kumpel ist.«
»Warum wurde Valentins Vater entlassen?«
»Genaues weiß ich nicht. Er arbeitete in einer Glasfabrik, und die machte Pleite.«
»Die Angra?« Baltasar war hellhörig geworden.
»So hieß der Laden. Soll damals viele getroffen haben. Aber Valentins Vater fand keinen neuen Job mehr. Ziemliche Kacke, so was.«
»Hat Valentin öfter darüber gesprochen?«
»Nur wenn er zugedröhnt war und seinen Koller hatte. Aber lassen Sie uns von was anderem reden. Ich hab für heute genug von Valentin und Marlies.«
»Kopf hoch, Junge! Liebeskummer vergeht. Versprochen.«
Baltasar entdeckte Quirin und Charlotte Eder in der Menge. »Ich muss jetzt los.«
Er ließ die Bierflasche zurück und bahnte sich den Weg zu den beiden.
»Guten Abend, schön, dass Sie kommen konnten.«
»Hochwürden, was für ein Fest!« Charlotte Eder schien angetan zu sein. »Ich wusste gar nicht, dass die Leute hier so feiern können, es ist wie auf einem Jahrmarkt.«
»Werden die Einnahmen für Ihre Kirche reichen?«, fragte Quirin.
»Das stellt sich morgen heraus. Aber Spenden können wir gar nicht genug haben.«
»Warten Sie den Termin mit dem Notar ab, dann werde ich Ihnen auch noch was für die Reparatur zuschießen.«
»Das ist nett. Wie laufen übrigens die Geschäfte?« Baltasar dachte an den Bericht seines Freundes Philipp über den Besuch in der Versicherungsagentur.
»Momentan mache ich eine kreative Pause«, sagte Quirin. »Ich will erst abwarten, was sich sonst noch so ergibt.«
»Mein Sohn plant, sich weiterzubilden«, sagte Charlotte Eder. »Nicht wahr, Quirin?«
»Ein neuer Job, das wär’s.« Quirin nickte. »Oder mich selbstständig machen mit einem kleinen Unternehmen, das wäre mein Traum. Dazu fehlt mir das Startkapital. Noch.«
»Na, dann viel Glück.«
Baltasar verabschiedete sich und schaute noch mal bei Victoria Stowasser vorbei. Der Topf mit dem Pichelsteiner war leer. »Ein voller Erfolg, alles verkauft«, sagte sie. »Ich hoffe, den Kunden schmeckt’s so gut, dass sie auch mal in mein Wirtshaus kommen.«
»Davon bin ich fest überzeugt. Wo kann man besser essen als bei Ihnen?«
»Sie schmeicheln mir. Aber ich nehm das Kompliment gerne an.« Victoria lächelte auf ihre unnachahmliche Weise, bei der Baltasar die Knie weich wurden.
»Ich drehe noch eine Runde«, sagte er, »bis später.«
Lana und Lenka hatten noch ein paar Wurzelsepps im Angebot, aber sie hatten immerhin vier von ihnen verkauft, wie sie ihm andeuteten. Die Kinder schienen bereits im Bett zu sein.
Emma Hollerbach hatte ihre Bude bereits geschlossen und räumte auf. Ihre Wangen glühten. »Der Leberkäs und das Bier sind weg.«
Auch fast alle Preise waren vergeben. »Den Rest verschenken wir«, sagte Agnes Wohlrab. »Das Zeug nehmen wir auf keinen Fall wieder mit nach Hause.«
Die Feuerwehrkapelle hatte ihr letztes Stück beendet, und nachdem das Bier ausgegangen war, leerte sich
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