Baltasar Senner 03 - Busspredigt
werden lassen. Die Folgen waren tödlich. Was hatte Anton Graf getan, dass ihn der Hass des Unbekannten traf? Oder war der Unbekannte gar kein Mann, sondern eine Frau?
Er musste sich die Unterlagen nochmals genau ansehen, alle Fakten nochmals prüfen. Seinen Freund Vallerot hatte er gebeten, alles zusammenzusuchen, was er über die Glasfirma Angra und die Menschen aus Antons Umfeld finden konnte. Am besten war es, er wühlte sich auch durch diese Dokumente. Ob Philipp bereits aufgestanden war?
Auf dem Weg zum Ausgang fiel Baltasar auf, dass die Tür zum Beichtstuhl nicht ordentlich geschlossen war. Vermutlich waren die Ministranten wieder nachlässig gewesen. Er drückte die Tür zu, aber sie federte zurück. Als er sie öffnete, wusste er, warum: Drinnen lagerten Bilder, verpackt in Zeitungspapier – die Gemälde aus Antons Haus, wie Baltasar beim Auspacken feststellte.
Anscheinend war der Einbrecher doch gestört worden und hatte einen Teil der Beute zurücklassen müssen. Das war einfach, denn die Kirche war nie abgeschlossen. Und der Beichtstuhl gab ein gutes Versteck ab, niemand würde bis Sonntag dort nachsehen, der Täter konnte später unbemerkt wiederkommen, getarnt als Kirchenbesucher, und den Rest abtransportieren.
Baltasar ging zurück zum Pfarrhaus und rief Wolfram Dix an. Der Kommissar pfiff durch die Zähne, als er den Bericht hörte.
»Bleiben Sie bitte so lange vor Ort, Hochwürden, bis die Beamten da sind«, sagte er. »Wir schicken auch noch die Spurensicherung. Das ist eine überraschende Entwicklung. Vielleicht schnappen wir den Mann, wenn er zurückkommt und das Diebesgut abholt.«
Nachdem die Polizei eingetroffen war, fuhr Baltasar zu Philipp. Sein Freund sah ihn aus verschlafenen Augen an.
»Was ist los, ist jetzt deine Kirche auch noch abgebrannt? Oder hattest du eine Heiligenerscheinung, die du mir unbedingt mitteilen willst?«
Baltasar erzählte von dem gestrigen Abend, seinem Fund in der Kirche und dass er alle gesammelten Unterlagen sichten wollte.
»Du bist richtig heiß auf den Fall«, sagte Philipp. »Ich kann es nur wiederholen: Denk dran, der Mörder schreckt vor nichts zurück. Wenn du ihm zu nahe kommst, wird er auf einen Priester auch keine Rücksicht nehmen, egal, welche Schutzengel der Große Außerirdische für dich engagiert hat. Deshalb rate ich dir, bediene dich bei meinen Vorräten, eine kleine Pistole vielleicht, unauffällig im Gürtel zu tragen, ein Elektroschocker für die Soutane oder das gute alte Pfefferspray, da bleibt kein Auge trocken.«
»Ich will nicht im nächsten Stirb-langsam-Film auftreten«, sagte Baltasar. »Erst muss ich den Täter identifizieren, ich hoffe bei Gott, ich entdecke in deinem Material etwas, was mich endlich auf die richtige Spur bringt.«
»Wir haben das Zeug doch schon mehrmals durchgesehen. Immer ohne Erfolg. Du wirst noch vor Frust vom Glauben abfallen, und das will ich andererseits auch nicht.«
»Ich dachte immer, du willst mich zum Atheisten machen. Da ist es schon ein Trost, wenn du mir meinen Glauben lässt.«
»Wo denkst du hin, Glaube ist schließlich die Voraussetzung für deinen Job. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass du plötzlich arbeitslos wirst.«
»Zeig mir lieber, welche Schätze du ausgegraben hast.«
»Vorher brauche ich einen Kaffee, ich muss erst richtig wach werden, du bekommst auch einen Schluck, wenn du willst.«
Sie gingen gemeinsam die Einträge der Jugendlichen auf den Internetplattformen durch, Philipp gab Baltasar Ausdrucke von den jüngsten Kurznachrichten.
»Sieht so aus, als wende sich die Stimmung zwischen Valentin Moser, seinem Kumpel Jonas und der gemeinsamen Freundin Marlies«, sagte Philipp. »Jedenfalls hat sich der Ton zwischen den Zeilen für mein Empfinden geändert.«
»Wahrscheinlich ahnt Jonas, was läuft«, meinte Baltasar.
Sie breiteten die Fotos, die Philipp beim heimlichen Besuch in Antons Haus gemacht hatte, auf dem Tisch aus.
»Was hast du über die gestohlenen Glasskulpturen und die Gemälde herausgefunden?«
»Auf Auktionen sind die Stücke bisher nicht aufgetaucht und auch früher nicht öffentlich am Markt angeboten worden. Das heißt, die Werke müssen aus Privatbesitz stammen, wobei ich nicht ausschließen kann, dass die Bilder unter der Hand verkauft wurden. Aber sie sind nicht als gestohlen gemeldet.«
»Wie würdest du die Stücke einschätzen?«
»Bei den Glasarbeiten habe ich mich schwergetan, passende Preise zu finden«, sagte Philipp. »Das
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