Baltasar Senner 03 - Busspredigt
gemacht haben.«
»Mittags war ich kurz im Gasthaus ›Einkehr‹ essen, Sie können die Wirtin Frau Stowasser fragen. Ansonsten hab ich Dinge zu Hause erledigt.«
»Kann das jemand bezeugen?«
»Weiß ich nicht. Meine Haushälterin Teresa war unterwegs. Sonst habe ich mit niemandem gesprochen.«
»Also kein Alibi.« Die Genugtuung war Mirwald anzuhören. »Sehen Sie, Herr Senner, so funktioniert Polizeiarbeit. Ich glaube natürlich nicht, dass Sie was damit zu tun haben, vorerst jedenfalls nicht, aber wir müssen Sie auf der Liste der Verdächtigen stehenlassen.«
»Wer kümmert sich denn um die Beerdigung?« Baltasar wandte sich an Dix. »Ich würde gern den Gottesdienst vorbereiten.«
»Dazu ist es noch zu früh. Der Leichnam liegt noch in der Pathologie. Das kann dauern, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Zudem fehlt die Identifizierung des Toten durch einen Angehörigen. Wir geben Ihnen Bescheid, wenn die Formalitäten erledigt sind.«
»Und mein Aussageprotokoll? Ist mit Ihrem Besuch nun alles erledigt? Ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß. Ich muss mich um meinen kaputten Kirchturm kümmern.« Der Pfarrer berichtete von seinem Unfall, den heruntergefallenen Glocken und den anderen Schäden.
»Wir bestimmen, wann alles erledigt ist«, sagte Mirwald. »Das mit Ihren Glocken tut mir leid. Sie sollten ein Spendenkonto einrichten – unter dem Stichwort ›Aktion Sorgen-Senner‹. Ich gebe Ihnen auch ein paar Euro dazu. Versprochen!«
8
D er Zitronenduft des Putzmittels drang durchs Haus, schlich sich durch die Ritzen und traf Baltasar in seinem Arbeitszimmer. Er ließ den Bleistift fallen. Vor ihm auf dem Schreibblock türmten sich Zahlenkolonnen mit Berechnungen, was die Instandsetzung der Glockenanlage kosten könnte. Es half nichts, er brauchte einen Fachmann dafür. Im Flur kam ihm Teresa entgegen, sie führte ihren Wischmopp wie ein Minensuchgerät und stoppte es vor seinen Füßen.
»Sie im Weg sein, ich sauber machen. Haben Sie nichts zu erledigen?«
Baltasar verstand den Hinweis und hütete sich, seiner Haushälterin zu widersprechen. Er nahm seine Jacke und verließ das Haus.
Eine Bemerkung von Kommissar Mirwald war bei ihm haften geblieben: Spenden. Womöglich war das die Lösung für seine Probleme, immerhin eine neue Perspektive, seine Stimmung hob sich. Es war wohl doch nicht alles verloren. Warum sollten die Menschen nicht für einen guten Zweck Geld geben – für die Glocken der Gemeinde?
Es gelüstete ihn nach einer Leberkassemmel. In der Metzgerei traf er auf Agnes Wohlrab, die Frau des Bürgermeisters. Sofort wurde er bestürmt mit Fragen zum Tod seines Nachbarn.
Baltasar berichtete von den Ermittlungen der Polizei und von seinem letzten Zusammentreffen mit Anton Graf.
»Dann waren Sie also der Letzte, der ihn lebendig gesehen hat, Hochwürden«, sagte Agnes Wohlrab. »Wie gruselig, wenn man sich vorstellt, einige Stunden später wird der arme Mann …«
»Kannten Sie ihn?« Baltasar gab seine Bestellung auf.
»Ich hab ihn einige Male in der Kirche gesehen, und auf der Straße, wie es eben so ist, wenn man sich zufällig trifft. Aber ich hatte privat keinen Kontakt mit ihm. Mein Mann kannte ihn besser.«
»War Ihr Gatte mit meinem Nachbarn befreundet? Anton hat mir nie davon erzählt, was aber nichts heißen muss, denn offenbar behielt er einiges für sich.«
»Xaver hat sich in jüngster Zeit mehrmals mit ihm getroffen, soweit ich weiß«, sagte Agnes Wohlrab, »Herr Graf war erst vergangene Woche bei uns zu Besuch. Aber ich habe mich zurückgezogen und ferngesehen, das waren Männergespräche, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Offen gestanden, nein.«
»Na, über Fußball halt und Politik und so, und über Geschäfte, wer grad was macht und wo es sich lohnt zu investieren.«
»Und Frauen?« Der Metzger Max Hollerbach schaltete sich ein. »Herrengespräche drehen sich oft auch um das Thema Frauen, verzeihen Sie, Frau Bürgermeister, wenn ich das so direkt sage.«
»Mein Xaver würde es nicht wagen, in meiner Anwesenheit … Nicht, wenn ihm sein Leben lieb ist.«
»War Herr Graf denn verheiratet gewesen? Oder hatte er eine feste Beziehung, zumindest ein Gspusi?« Die Neugier des Metzgers war unüberhörbar.
»Ich hab ihn jedenfalls nie mit weiblicher Begleitung angetroffen«, sagte Agnes Wohlrab, »aber solcher Klatsch interessiert mich auch nicht.«
»Ich hab ihn schon mal gesehen, den Herrn Graf mein ich, das war vor längerer Zeit in Grafenau«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher