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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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nicht allein hingehen, er habe ein schlechtes Gefühl dabei und brauche jemanden an seiner Seite. Baltasar war überrascht, willigte aber ein. Sie verabredeten sich direkt in der Pathologie.
    Dort angekommen ließ er sich von einem Angestellten den Weg erklären. Schon auf dem Gang zum Sektionssaal befiel Baltasar dieser seltsame Geruch, fremd und unwirklich, eine widerliche Mischung aus Menschlichem und Chemie. Ein Mann im weißen Kittel hielt ihn auf.
    »Haben Sie sich verlaufen?«
    »Ich muss zur Obduktion von Anton Graf. Man hat mich herbestellt.«
    »Moment.« Der Mann verschwand. Nach einer Weile tauchte er wieder auf, begleitet von Oliver Mirwald.
    »Herr Senner, was wollen Sie hier? Das ist interne Polizeiarbeit und nichts für neugierige Priester. Der Leichnam ist noch nicht zur Beerdigung freigegeben. Fahren Sie wieder heim.«
    »Antons Sohn hat mich bei der Identifizierung seines Vaters um geistlichen Beistand gebeten. Wollen Sie dem jungen Mann wirklich diesen Wunsch abschlagen? Es ist auch so schwer genug für ihn.«
    Der Kommissar überlegte. »Also gut, wenn Herr Eder das wünscht, machen wir eine Ausnahme. Aber Sie halten sich im Hintergrund – und ja nichts anfassen!«
    »Warum muss Quirin seinen Vater nochmals identifizieren? Das habe ich schon getan.«
    »Lieber Herr Senner, wir zweifeln nicht an der Qualität Ihrer Aussagen, aber ein direkter Angehöriger ist etwas anderes. Außerdem wollen wir ihn sowieso befragen.«
    Im Vorzimmer wartete Quirin Eder. »Danke, dass Sie gekommen sind, Hochwürden. Das alles hier ist extrem ungewohnt für mich, die Polizei und so …«
    Sie gingen in den Sektionssaal, einen gefliesten Raum mit mehreren Edelstahltischen, die nebeneinander in einer Reihe standen. Neonlicht erhellte den Raum. Auf einem Tisch stand eine Waage, wie sie in Metzgereien verwendet wird. Eine dunkle Masse lag in der Wiegeschale. Auf einem der Seziertische lag eine Gestalt, mit einem Tuch zugedeckt. Baltasar hielt die Luft an. Ein Mann mit Halbglatze und randloser Brille, bekleidet mit Gummischürze und einer Art Haushaltshandschuhen, drehte sich zu ihnen um. Wieder musste Baltasar an einen Schlachter denken.
    »Guten Tag, ich bin Doktor Krause. Ich kann Ihnen gerade nicht die Hand geben, wie Sie verstehen werden. Wir sind seit einer halben Stunde fertig mit unserer Arbeit. Mein Kollege vom Institut für Rechtsmedizin der Universität München konnte leider nicht mehr warten, er ist bereits wieder auf dem Weg zurück. Wo ist denn der Hauptkommissar, Herr Doktor Mirwald?«
    »Hier bin ich.« Die Stimme war gedämpft durch ein Taschentuch, das sich Wolfram Dix vor den Mund hielt. »Ich brauchte gerade etwas frische Luft. Ah, Herr Senner, Sie auch hier? Warum das?«
    Quirin Eder erklärte, dass er den Pfarrer bei sich haben wollte.
    »Eigentlich passt mir das überhaupt nicht, aber gut, wir wollen an diesem Ort nicht streiten. Legen wir los. Je früher es vorbei ist, desto besser.« Der Hauptkommissar schien sich nicht von seinem Taschentuch trennen zu wollen. »Herr Eder, sind Sie bereit?«
    Der junge Mann nickte und trat an den Tisch. Der Kommissar gab ein Zeichen.
    Der Arzt schlug das Tuch zurück. »Sie müssen entschuldigen, wenn die Haare etwas wirr aussehen. Wir haben die Kopfhaut …«
    Dix erblasste. »Genug der Details.« Er presste die Worte durch sein Tuch. »Bitte weiter.«
    Es war Anton Graf. Seine Hülle, das, was von ihm übrig geblieben war. Er sah friedlich aus, wie er da lag, die Augen geschlossen, als schliefe er. Nur die Gesichtsfarbe passte nicht dazu, als hätte jemand ein Wachsmodell angefertigt und auf dem Tisch platziert. Auch störten Flecken am Hals. Oberhalb der Abdeckung war ein sichelförmiger Schnitt zu erkennen, mit dem der Brustkorb freigelegt worden war.
    »Nun, erkennen Sie Ihren Vater wieder?«
    Quirin wirkte unbeteiligt, er stand aufrecht, nickte.
    »Das nehmen wir zu Protokoll«, sagte Mirwald. »Sie und Ihr geistlicher Begleiter dürfen jetzt wieder gehen.«
    Quirin Eder verschränkte die Arme. »Ich will hierbleiben und genau wissen, was mit Herrn Graf geschehen ist. Er war schließlich mein Vater, verdammt noch mal!«
    »In der Ermittlungsphase können wir noch nichts rausposaunen«, entgegnete Mirwald. »Warten Sie, bis wir unsere Arbeit erledigt haben.«
    »Niemand will Sie von etwas abhalten.« Quirin berührte den Sektionstisch. »Hier liegt mein Vater tot vor mir, und ich darf nichts weiter wissen als die Tatsache, dass der alte Herr tot ist. Das

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