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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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in seinem Mundwinkel hing eine brennende Zigarette.
    »Sie können also Dachstühle und Glockengebälk reparieren.« Baltasar erzählte von dem Unfall.
    »Ich kann alles.« Der Mann drückte seine Zigarette aus. »Bin gelernter Zimmerer. Drei Jahrzehnte auf Baustellen, Neubau und Altbau, ich hab alles gemacht. Seit drei Jahren bin ich selbstständig, die Firma, die mich angestellt hatte, ging pleite.«
    Beim Besteigen der Kirchturmtreppe pausierte der Mann mehrmals, sein Atem rasselte. Die Plattform oben sah schlimmer aus, als Baltasar sie in Erinnerung hatte – ein Durcheinander verschiedenster Materialien.
    »Haben Sie schon Glockenkonstruktionen instand gesetzt, Herr Bierbichler?«
    »Das ist im Prinzip dasselbe wie ein Dachstuhl, Holzbalken, die zu einer stabilen Konstruktion zusammengefügt werden, da gibt es wenig Unterschiede. Gut, die Glocken, die hängen noch dran wie ein Stierbeutel.« Er lachte, es klang wie ein schlecht geschmierter Flaschenzug. »Und die haben mehr Gewicht.«
    »Also, was meinen Sie?«
    Der Mann ging die Wände ab, drehte einige Balken, die am Boden lagen, immer wieder »Oh – Oh – Oh« sagend, stieß mit dem Fuß gegen die Dicke Martha. Der Widerhall war kläglich.
    »Na, na, na.« Er schien mit sich selbst zu reden. Dann wandte er sich an Baltasar. »Das sieht schlimm aus. Richtig schlimm.«
    »Das weiß ich. Und?«
    »Es wird richtig viel Arbeit. Da muss einiges neu gemacht werden. Sehen Sie her.« Er rieb an der Mauer, Putz bröselte herab. »Weich wie Camembert, die ganze Fläche ein Witz. Wie soll da noch was halten?«
    »Ich will den Turm nicht abreißen, sondern nur die Halterungen der Glocken wieder in Gang bringen.«
    »Das sagen Sie so leicht. Erst müssen die Fundamente stimmen, in denen die Halterung verankert ist. Und das Holz erst.« Er zerrieb einige Fasern zwischen den Fingern. »Total morsch, sehen Sie her, sehen Sie, wie leicht das geht. An einigen Stellen ist der Schwamm drin. Der breitet sich aus wie eine ansteckende Krankheit, wenn Sie nicht bald was dagegen tun.«
    »Aber was kostet das Ganze? Das kann doch nicht so wild sein.«
    »Das kommt darauf an.«
    »Auf was?«
    »Ob Ihnen die Mehrwertsteuer wichtig ist.«
    »Offen gesagt, Steuerfragen interessieren mich nicht. Ich will eine Summe wissen.«
    »Nun, ich mein, brauchen Sie eine Rechnung?«
    Baltasar musste ausgesehen haben wie ein wandelndes Fragezeichen, jedenfalls schob der Handwerker eine Erklärung nach.
    »Eine Rechnung fürs Finanzamt, meine ich. Oder wir machen’s, wie es im Bayerischen Wald üblich ist – wir lassen die Blutsauger vom Finanzamt außen vor.«
    »Sie reden von Schwarzarbeit.«
    »Was für ein grässliches Wort. Das ist gelebte Nachbarschaftshilfe, ein Sozialprojekt gewissermaßen, man hilft sich gegenseitig, und jeder hat etwas davon.«
    »Und was ist mit der Garantie? Wenn etwas nicht funktioniert?«
    »Sie haben mein Wort drauf, Hochwürden, das ist mehr wert als jeder Vertrag. Ein Bayerwalder hält sein Versprechen.«
    »Sie haben immer noch nicht gesagt, was es kosten soll.«
    »Ja, mei, das lässt sich nicht so pauschal sagen. Alte Mauern, altes Holz, da können immer Überraschungen passieren. Deshalb kann ich Ihnen keinen Pauschalpreis nennen. Ich mach’s Ihnen auf Regie.«
    »Was heißt das?« Baltasar spürte ein Magengrummeln.
    »Ich rechne nach Material und angefallenen Arbeitsstunden ab, das hat den Vorteil, wenn’s schneller geht, zahlen Sie auch weniger.«
    »Und wenn es länger dauert?«
    »Nun seien Sie nicht gleich pessimistisch. Ich fang einmal an, und dann sehen wir weiter.«
    »An welche Größenordnung haben Sie gedacht? Als Fachmann müssen Sie das doch abschätzen können.«
    »Also, das ist nur eine Daumenpeilung, aber sechsstellig wird’s schon werden.«
    Baltasars Laune sank augenblicklich.
    »Was heißt das, 100.000 Euro oder 900.000?«
    »Das kann ich erst sagen, wenn ich sehe, wie die Arbeiten vorangehen. Geben Sie mir den Auftrag, und ich lege morgen los.«
    »Da muss ich erst drüber nachdenken. Und Sie garantieren, dass die Glocken danach wieder klingen wie vorher?«
    »Das wird schon, Herr Pfarrer. Warum sollte es nicht? Kaputt sehen die Dinger nicht aus. Aber wenn Sie sich vorher vergewissern wollen, ich kenn einen Spezialisten in Regensburg. Ich schreib Ihnen die Adresse auf.«
    9
    D er Anruf kam von Quirin Eder. Der uneheliche Sohn seines Nachbarn hatte eine Bitte: Ob Hochwürden ihn begleiten könne zur Identifizierung seines Vaters, er wolle

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