Baltasar Senner 03 - Busspredigt
Bemerkungen.«
Sein Freund hatte einen empfindlichen Punkt getroffen: Seine Beziehung oder, besser gesagt, Nicht-Beziehung zur Wirtin der »Einkehr« war ein ergiebiges Thema … »Kann sein, dass es eine frühere Freundin Antons war. Für seine einsamen Abende jedes Mal das Bild hervorzuholen wäre wohl zu umständlich.«
Der Scheck, den Baltasar von seinem Nachbarn erhalten hatte, musste diesem Scheckbuch entnommen worden sein. Die angegebene Bank war dieselbe wie auf der Kontokarte. Auf der Rückseite war eine Nummer notiert.
»Nehmen wir die Karte mit? In einen Geldautomaten stecken, und schon wissen wir …«
»Bist du verrückt?« Baltasar schüttelte den Kopf. »Ich will keinen Ärger mit der Polizei. Wir legen alles schön brav wieder zurück.«
»Willst du die Beamten über unseren Fund informieren?«
»Vorerst nicht. Sonst müsste ich erklären, wie ich zu meinen Erkenntnissen gekommen bin.«
Sie verschlossen Sekretär und Schrank und gingen in den ersten Stock. Das Badezimmer wies keine Besonderheiten auf. Handtücher stapelten sich, sauber gefaltet, in einem Regal, die Waschlappen akkurat daneben. Ein Bademantel, Zahnbürste, das Rasierwasser einer Nobelmarke. Philipp schnupperte daran.
»Riecht nach Meer und Moschus, aber nicht unangenehm.«
Das Zimmer daneben war ein quadratischer Raum, dessen Funktion sich nicht sofort erkennen ließ. Ein Bett stand darin, aber ohne Kissen, Decken oder Bettwäsche. An der Wand lehnten mehrere gerahmte Bilder, einzeln in Luftpolsterfolie verpackt. In einer Vitrine standen Vasen, Gläser und Skulpturen aus Glas, jedes Stück offenbar ein Unikat und in einer kunstvollen Ausführung, wie sie Baltasar noch nie gesehen hatte. An der Decke hing ein überdimensionierter Kronleuchter, der ursprünglich einen Saal beleuchtet haben musste.
Philipp sah sich die Gemälde an.
»Wir müssten die Verpackung entfernen, aber soweit ich es erkennen kann, sind es alles Originale. Ich verstehe nicht, warum dein Nachbar die Bilder nicht aufgehängt hat. Platz genug wäre in dem Haus.«
»Also eine richtige Antiquitätensammlung. Was das alles wohl wert ist?«
»Keine Ahnung. Dazu bräuchte man ein Gutachten oder müsste die Auktionsergebnisse für vergleichbare Stücke nachschlagen.«
Das mittlere Zimmer war vollkommen leer geräumt. Strahler auf Stativen waren in den Ecken verteilt, die Reflektoren auf den Boden gerichtet, auf dem mehrere Blumenkästen standen, aus denen Pflänzchen sprießten.
»Ob sich der Herr Graf da sein eigenes Gras gezogen hat?« Philipp grinste. »Man gönnt sich ja sonst nichts.«
»Jedenfalls hat dieses Zimmer niemand bewohnt. Aussehen tut’s wie die Heimversion eines Treibhauses. Gärtnern war eben Antons Hobby.«
»Vielleicht züchtete er heimlich fleischfressende Pflanzen, du weißt schon, solche, die riesengroß werden wie in dem Film ›Kleiner Laden voller Schrecken‹.«
»In dem Jack Nicholson einen masochistischen Patienten spielt? War eine seiner ersten Rollen. Guter Film übrigens. Also pass auf, dass du nicht aus Versehen auf eine der Pflanzen trittst, die könnten kostbar sein.«
»Oder dein Herr Graf wollte auf der nächsten Gartenbauausstellung einen Sonderpreis einheimsen für die größte Gurke des Bayerischen Waldes, und das hier ist sein Versuchslabor.«
Sie gingen ins Schlafzimmer, es war der letzte Raum des Stockwerks. Ein Doppelbett thronte in der Mitte.
»Fällt dir was auf?« Philipp klopfte auf die beiden Kopfkissen. »Hergerichtet für zwei. Als erwartete dein Nachbar überraschenden Besuch und wollte vorbereitet sein, wahrscheinlich für amouröse Abenteuer. Sonst hätte er das andere Bett benutzt.«
»Ich habe nichts gemerkt, das hier ist für mich genauso neu wie für dich, ich war noch nie hier oben in den Räumen.«
»Vielleicht hat der gute Herr Graf den alten bayerischen Brauch des Fensterlns wiederbelebt, nur andersrum: Die Frauen mussten zu ihm hochklettern.«
Im Kleiderschrank reihten sich Anzüge und Freizeithosen, in den Fächern Hemden, Socken und Unterhosen, drapiert wie in der Auslage einer Boutique. Philipp studierte die Etiketten.
»Feinste Ware. Der Herr hatte Geschmack. Ging er oft zu Hochzeiten oder Beerdigungen?«
»Er trug meistens seine Gärtnerklamotten, nichts Teures. Die Kleidung hat er zum Waschen weggebracht, soviel ich weiß.« Baltasar zog die Schublade des Nachtkästchens auf. Eine goldene Armbanduhr, ein Luxusmodell, lag darin, daneben ein Mobiltelefon. Er schaltete es ein, auf
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