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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Ordnung«, sagte sie und versuchte, es ernst zu meinen. Ihre Gefühle waren in Wirklichkeit noch viel zu verletzt dafür, aber sie wollte nicht an einem einzigen Tag wegen gleich zweier Jungen weinen. »Bring mich einfach nach Hause, ja?«
    Und er brachte sie heim.
    Die Rückfahrt zog sich sogar noch länger hin als die Fahrt zur Schule. Der Schneefall war nach wie vor so heftig, dass die Pflüge nicht mehr hinterherkamen, und die paar Autos, die überhaupt noch unterwegs waren, krochen nur noch voran. Balthazars Wagen hatte keinen Allradantrieb, aber Balthazar schaffte es trotzdem, ihn unter Kontrolle zu halten. Mit Fahrzeugen konnte er ebenso gut umgehen wie mit Pferden.
    »Ich sollte Mom und Dad anrufen«, sagte Skye, um die Stille zu brechen. »Sie werden es heute Nacht bestimmt nicht zurückschaffen. Normalerweise bezahlt ihnen ihr Arbeitgeber dann ein Hotelzimmer in Albany.«
    Balthazar sagte: »Es tut mir leid, dass ich dich heute Morgen verletzt habe.«
    Skye starrte ihn von der Seite an. »Darüber sprechen wir doch gerade gar nicht.«
    »Ich bin nur so erleichtert, dass du überhaupt wieder mit mir redest«, gestand er. »Das meine ich ernst. Ich hätte nicht so … barsch zu dir sein dürfen. Oder so unhöflich. Und ich hätte dich nicht beißen sollen.«
    Er bereut es nicht, dass er von mir weggegangen ist , stellte Skye fest. Er bereute nur, dass er sie überhaupt so nah an sich herangelassen hatte.
    Deshalb entgegnete sie: »Du bist hier, um mich zu beschützen. Das ist alles, wie ich inzwischen begriffen habe.«
    »Okay.« Er klang ungläubig, was man ihm nicht verübeln konnte, dachte Skye, denn schließlich fand sie sich selber wenig überzeugend.
    »Ich hoffe, dass wir trotzdem noch Zeit miteinander verbringen können.«
    »Wohl kaum.« Zusammen durch den Schnee reiten. Im Keller ihres Elternhauses Selbstverteidigung üben, erhitzt und schwitzend und jede Berührung genießend. Einander die ganze Freiarbeitsstunde lang Kurznachrichten schreiben. Musste sie das alles wirklich aufgeben? Ja. Skye wusste, dass sie um ihrer selbst willen keine Ausnahmen machen durfte. »Du bist immer noch hier, und das weiß ich zu schätzen. Du ahnst ja gar nicht, wie sehr. Aber wir sollten das, was zwischen uns war, hinter uns lassen.«
    »Hinter uns lassen«, wiederholte Balthazar, als er endlich das Auto in die Auffahrt ihres Zuhauses lenkte.
    »Du machst einfach … was immer du so machst. Ich werde mehr mit Madison herumhängen. Vielleicht zu Hause lernen. Das wird mich schon nicht umbringen. Ich werde sogar mit Keith Kramer zum Valentinsball gehen. Also, ja. Wir lassen das, was zwischen uns war, hinter uns.«
    Er warf ihr einen Blick zu. O Gott, warum sah er am allerheißesten aus, wenn er wie verrückt eifersüchtig war? Es war so absurd, dass ein so beeindruckender Junge wie Balthazar eifersüchtig auf ein Abziehbild wie Keith war, und zu einem anderen Zeitpunkt hätte Skye das wahnsinnig komisch gefunden. Aber so, wie die Sache lag, tat es beinahe ebenso weh wie seine Zurückweisung an diesem Morgen.
    »Vielen Dank«, sagte Skye, als sie aus dem Wagen stieg. »Gute Nacht.« Sie lief ins Haus und schloss hinter sich die Tür, ohne noch einen Blick zurück zu ihm zu werfen.
    Vergiss es, sagte sie sich und meinte es auch so. Denk nicht über die Tatsache nach, dass du Balthazar eifersüchtig gemacht hast. Das darf nicht der Grund dafür sein, dass du zum Tanz gehst. Allerdings kannst du seine Reaktion vielleicht ein klitzekleines bisschen genießen.

Was früher geschah …
    (Dritter Einschub)
    Philadelphia, Pennsylvania
    Oktober 1918
    Die einzige menschliche Katastrophe, die einem Vampir noch mehr Nahrung im Überfluss bot als der Krieg, war eine Epidemie.
    Das bedeutete, dass 1918 ein sehr gutes Jahr für die Untoten war.
    Zwar war der Krieg noch nicht offiziell beendet, aber es war offensichtlich, dass er in den letzten Zügen lag; jeden Tag erwartete man einen Waffenstillstand. Da das Ende von einem der blutigsten Konflikte in der Geschichte Amerikas ganz nahe war, hätte die Bevölkerung Philadelphias ausgelassen und voller Tatendrang sein sollen. Stattdessen schlenderte Balthazar durch nahezu verlassene Straßen.
    In den letzten paar Wochen war eine tödliche Welle der Spanischen Grippe durch die Stadt getobt, und sie wies dieselbe Ansteckungskraft auf, mit der sie schon zuvor Millionen von Menschen vom Polarkreis bis nach Südafrika getötet hatte. Die Opfer – seltsamerweise gewöhnlich die Jüngsten und

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