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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Kräftigsten – begannen zu husten und klagten über Ohren- und Kopfschmerzen. Dann kam das Fieber, heiß wie Feuer. Die Pulsschläge der Kranken beschleunigten sich und wurden so schnell und pochend wie die Herzen von Hasen, kurz bevor sie zur Strecke gebracht werden. Balthazar konnte sie schon aus großer Entfernung hören. Der Tod packte sie an der Lunge, die sich entzündete und anschwoll, sodass die Luft nicht mehr durch den Körper gelangte. Die Leidenden liefen schwarzblau an und starben eines entsetzlichen Todes durch Ersticken.
    Manchmal konnte Balthazar ihnen diese letzten, schlimmen Momente ersparen. Ihr Blut schmeckte faulig; der Virus konnte einem Vampir zwar nichts anhaben, aber dieser Erreger war so verdorben, dass er sogar das Vergnügen schmälerte, ohne Schuldgefühle Menschenblut zu trinken. Doch wenn der alleinige Dienst, den Balthazar der Menschheit erweisen konnte, darin bestand, einigen Kranken einen gnädigen Tod zu bescheren, dann war er dazu bereit.
    In Philadelphia wütete die Spanische Grippe derart heftig, dass die Stadtverwaltung anordnete, man möge Gräben für Massenbeerdigungen ausheben. Einige Bestatter ergriffen aufgrund der gestiegenen Nachfrage die Gelegenheit und erhöhten ihre Preise; andere teilten den Hinterbliebenen mit, dass sie die Gräber für ihre Liebsten selbst ausheben müssten. Verzweifelten Ärzten und Krankenschwestern gingen die Medikamente aus.
    Das war der Grund, warum ein verdächtig jung aussehender Mann mit der Behauptung durchkam, er sei ein Medizinstudent »weit aus dem Westen des Landes«.
    Balthazar trug einen Stoffschutz über dem Gesicht, wenn er die Straßen entlangging und seine Runden drehte. Natürlich konnte er sich nicht mit der Grippe anstecken – der Tod machte einen vollkommen immun dagegen –, aber er hätte ansonsten zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Jeder trug diese Maske in der irrwitzigen Hoffnung, sich auf diese Weise vor der Epidemie schützen zu können. In seinem dunkelbraunen Anzug, dem Hemd mit dem hohen Kragen und dem Hut mit der tief herabhängenden Krempe sah Balthazar seinem angeblichen Beruf entsprechend aus. Mit einem langen Mantel und einer Brille mit Drahtgestell wirkte er noch dazu ein paar Jahre älter, als er eigentlich war. Der Fahrer eines Streifenwagens etwas weiter die Straße hinunter griff sich ein kleines Bündel, das in eine Decke gewickelt war, und warf es ohne viel Federlesens hinten auf die Rückbank; vermutlich hatte er ein kleines Kind aufgesammelt, das in einer Stadt gestorben war, in der es kein Holz für Särge mehr gab.
    Die Tatsache, dass Balthazar ständig Zeuge der verheerenden Zerstörungskraft der Grippe war, hatte in ihm den Wunsch geweckt, mehr zu tun, als allein den Elendsten der Kranken einen raschen Tod zu verschaffen. Zu seinen Lebzeiten hatte sich die Medizin zumeist nur auf vage Vermutungen stützen können; alles, was einer echten Medizin nahe kam, brachte man mit Hexerei in Verbindung. Aber im zwanzigsten Jahrhundert würde er vielleicht die Möglichkeit bekommen, mehr zu lernen. Vielleicht würde er eines Tages Menschen heilen können, anstatt ihnen den Tod zu bringen.
    Doch im Augenblick war der Tod seine einzige Gabe.
    Als er sich dem Haus näherte, das er gesucht hatte, sah er eine junge Krankenschwester die Straße entlanglaufen; die Enden ihrer weißen Haube fielen ihr rechts und links über die Wangen, und in der Hand hielt sie einen Korb mit Nahrungsmitteln für die Kranken. Seit Tagen war sie die erste echte Krankenschwester, die er zu Gesicht bekam; die wenigen anderen, die nicht selber krank waren, waren viel zu beschäftigt, um die Krankenhäuser zu verlassen. Balthazar hob die Hand zum Gruß, doch mitten in der Bewegung stockte er.
    Über dem Mundschutz erkannte er Charitys Augen.
    Die ersten Worte, die Balthazar in den Sinn kamen, waren: »Wo ist Redgrave?«
    »In Frankreich.« Sie sagte dies mit ihrer zarten, kindlichen Stimme. Natürlich war er noch immer auf den Schlachtfeldern. Redgrave liebte die Sterbenden des Krieges, wie es wohl bei fast allen Vampiren der Fall war, doch es erschien Balthazar als ein großes Opfer, den Ozean zu überqueren, nur um sich an den Gefallenen gütlich zu tun. Redgrave hatte das offenbar anders gesehen. »Bist du allein in Philadelphia?«
    Charity schüttelte den Kopf. »Constantia ist auch hier. Die anderen sind bei Redgrave geblieben.«
    Balthazar war enttäuscht, dass Charity nicht allein unterwegs war, allerdings nicht sehr

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