Baltrumer Bitter (German Edition)
bist zum
Sprechen.«
Jetzt musste sie. »Er … er ist … gerade mal für kleine
Königstiger. Aber ich bin da, wenn das Schiff anlegt. Versprochen.« Als ihr
Chef das Gespräch beendet hatte, saß sie für einen Moment reglos am
Frühstückstisch, dann sprang sie unvermittelt auf. Sie musste ihren Kollegen
finden, koste es, was es wolle.
In der Tür kam ihr die Vermieterin entgegen. Dahinter ein Mann
in Polizeiuniform. »Das ist Michael Röder. Unser Inselpolizist«, sagte Frau
Steenken und etwas Aufregung klang in ihrer Stimme.
»Frau Ufken, wenn Sie einen Moment Zeit für mich hätten?«
Klara hatte das Gefühl, dass der Boden unter ihr nachgab.
*
Was für ein grauenhafter Morgen. Sein Kollege Georg Hanefeld
hatte sich mit einem Rückfall wieder krankgemeldet, zahlreiche Anrufe von Insulanern
wegen umgestürzter Bäume hatte er beantworten müssen, und nun stand auch noch
ein wutentbrannter Gemeindebrandmeister vor seinem Schreibtisch. Eigentlich
konnte Arnold Steenken gut mit Meinders, aber im Moment …
»Axel, ich kann es leider nicht ändern. Der Chef ist noch nicht
da. Er kommt selten vor zehn Uhr«, versuchte Arnold erneut, den Brandmeister zu
beruhigen.
Er erreichte jedoch genau das Gegenteil. Mit Zorn in den Augen
sah Axel Meinders ihn an. »Bis zum Dunkelwerden haben wir gerackert, verdammt
noch mal. Und was ist? Kein Nachfragen, wie es läuft, seitens der Obrigkeit.
Keine Nachfrage, ob wir Hilfe brauchen. Nichts. Stattdessen steht das Arschloch
auf der Buhne und angelt. Das kann doch alles gar nicht wahr sein. Und ihr?«
Axel Meinders zeigte auf die halb volle Flasche Bitterlikör, die noch vom Abend
zuvor neben dem Computer stand. »Ihr macht euch ’nen schönen Lenz im Büro.
Klasse. Was glaubste eigentlich, was passiert, wenn die Feuerwehr mal Nein
sagt? Da kann die Sirene tröten, so lange, wie sie will. Dann kommen wir
einfach nicht. Tolle Idee, oder? Wäre heute gar kein Problem, die Jungs von
dieser Idee zu überzeugen.«
»Jetzt ist es aber gut.« Arnold war aufgestanden und schob sich
an Meinders vorbei. »Sprich mit demjenigen, der dafür verantwortlich ist.
Entweder wartest du, oder du kommst wieder. Kannst dich entscheiden. Wenn es nach
mir gegangen wäre, hättet ihr alle Unterstützung gehabt.« Er schob den
verblüfften Meinders aus der Tür und schloss sie hinter ihm.
Gleich darauf klingelte wieder das Telefon. »Steenken,
Gemeindeverwaltung.«
»Hier ist Hermanda. Arnold, bist du das?«, hörte er seine
zukünftige Parteikollegin am anderen Ende.
»Ja, was gibt’s denn?«, fragte er, obwohl er eigentlich gar
keine Lust hatte, einen weiteren umgeknickten Baum in seine Überlegungen
aufzunehmen.
»Arnold, stell dir mal vor, der Ulfert Pallmann denkt darüber
nach, seine Häuser zu verkaufen. Die im Ostdorf, du weißt schon.«
»Hermanda, darüber sollten wir bei unserer Versammlung morgen
sprechen. Ich habe das schon gehört und mir ein paar Gedanken gemacht. Das
würde jetzt zu lange dauern, dir das zu erklären …«
»Erklären Sie ruhig, erklären Sie ruhig.« Steenken sah das
hämische Grinsen auf dem Gesicht des Bürgermeisters, der seine breite Gestalt
durch die Tür schob. »Vielleicht haben Sie bald gar nichts mehr zu erklären.
Parteipolitik im Rathaus wird nämlich nicht gerne gesehen. Habe ich in all den
Jahren hier gelernt, mein Bester.«
Arnold reichte es. Noch hatte der Morgen kaum begonnen, und er
hatte die Schnauze bereits voll bis obenhin. »Raus hier!«, brüllte er. Und noch
einmal: »Raus hier. Ich habe zu arbeiten!« Zu seiner grenzenlosen Verblüffung
verschwand Lohmann ohne ein weiteres Wort.
Er musste weg. Raus aus diesem Laden. Wenn er noch eine Minute
länger hierbliebe, würde es Mord und Totschlag geben. Auf dem Flur stieß er
beinahe mit Thea Holle zusammen.
Sie schaute ihn erstaunt an. »Was ist denn mit dir los?«
Er erzählte ihr mit knappen, immer noch aufgebrachten Worten,
wie sein Tag bisher gelaufen war. »Und kein Hanefeld, der mir was abnimmt«,
sagte er sauer. »Nichts gegen Sommergrippe, aber ich habe ihm gleich gesagt, er
solle sich lieber richtig auskurieren. Stattdessen kommt er viel zu früh wieder
zum Dienst, nur um dann doppelt so lange auszufallen.«
»Es ist natürlich doof für ihn, so alleine zu Hause. Da ist
halt keiner, der ihn pflegt. Dabei ist er eigentlich ein ganz Netter. Nur ein
bisschen eigenbrötlerisch. Weißt du noch, wie wir bei der Weihnachtsfeier
vergeblich versucht haben, ihm Jasmin
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