Baltrumer Bitter (German Edition)
die Angst vor Hunden haben! Es gibt
bestimmt eine Anleinpflicht auf der Insel, oder? Prima, wenn der Polizeihund
dabei eine Ausnahme machen kann, nicht wahr?«
Michael Röder und seine Frau starrten Kockwitz sprachlos an.
»Ich … ich glaube, ich muss denn mal wieder … Der Frischemarkt hat nicht ewig offen. Bis später, Michael.« Sandra Röder leinte Amir an, suchte
aufgebracht die Pedale ihres Rades, rutschte ab und fiel fast über ihren
Lenker. »Verdammt!«, murmelte sie. Dann trat sie erneut auf das Pedal, das
protestierend knackte, und war gleich darauf verschwunden.
»Treffer – versenkt«,
bemerkte Röder. »Macht es dir eigentlich Spaß, Leute vor den Kopf zu stoßen?
Findest du es peinlich, freundlich zu deinen Mitmenschen zu sein?«
»Nein. Ich kann nur jegliche Art von Ungerechtigkeit,
Vorteilsnahme und Machtausspielung nicht ab«, antwortete Kockwitz bestimmt.
»Wenn ich nur ansatzweise das Gefühl habe, dass irgendwo so was läuft, werde
ich sauer. Und Hunde ohne Leine machen mich erst recht sauer.«
»Dann pass mal auf, dass du nicht abdrehst auf der Suche nach
Gerechtigkeit«, sagte Röder. »Ich meine: dass du damit nicht übertreibst. Sonst
kannst du dir und anderen das Leben ganz schön schwer machen.«
Sofort hakte Kockwitz ein. »Was soll das heißen? Ich muss alles
hinnehmen, damit ich mit meiner Umwelt gut zurechtkomme? Das glaubst du selber
nicht. Ich werde immer meine Finger in Wunden legen. Ob es der Umgebung passt
oder nicht. Gut – manchmal könnte ich vielleicht etwas verbindlicher sein, das
gebe ich zu. Aber meine Grundhaltung, die ändert sich definitiv nicht.« Mit entschlossenen
Schritten bog Kockwitz zwischen dem Restaurant Charly und dem gelben
Langnesepavillon auf den schmalen, roten Weg ein, der zur Wache führte.
Röder hatte Mühe, ihm zu folgen. Er hätte zu gern gewusst, was
diese konsequente Haltung bei Kockwitz ausgelöst hatte. Aber er war sich
ziemlich sicher, dass er es nie erfahren würde.
Er war froh, die anderen Kollegen wiederzusehen.
»Gut, dass ihr kommt«, sagte Arndt Kleemann. »Berend hat mit
Wybrands gesprochen und ich mit diesem Idioten von Lohmann. Wie schaut’s bei
euch aus?«
Michael Röder berichtete, was er von Margot Steenken erfahren
hatte. Die Spannungen, die sich zwischen ihm und Klaus Kockwitz während der
Befragung ergeben hatten, erwähnte er nicht. Später vielleicht, wenn der
Kollege seinen Stil nicht änderte, würde Röder die Sache zur Sprache bringen.
Aber noch hoffte er, dass sich der Mann in Zukunft zusammenreißen würde.
Vergessen hatte er dessen Anschuldigungen beileibe nicht.
»Tja, leider wollte uns die gute Frau nicht sagen, wo sich ihr
Mann aufhielt.« Kockwitz’ Stimme troff vor Ironie. »Auch wo er sich am Abend
zuvor aufgehalten hat, wusste die arme Frau offensichtlich nicht. Oder es war
ein grandioses Ablenkungsmanöver. Weiß man’s?«
»Kannst du dich mal zusammennehmen?!« Röders Vorsatz, sich
zurückzuhalten, hatte sich verflüchtigt. »Ist doch wahr …! Alle und jeden
verdächtigen hilft nicht weiter. Selbst ich bin bereits in die Fänge meines
Kollegen geraten«, schimpfte er. »Ich nenne so was blinden Aktionismus.
Gründliches Zuhören und Nachdenken würde uns eher weiterbringen!«
»Und ich nenne es: die Augen nach allen Seiten offen halten.
Ohne Ansehen der Person!«, setzte Kockwitz noch einen drauf.
»Ist jetzt mal Ruhe im Dom«, donnerte Arndt Kleemann. »Was ihr
hier treibt, nutzt uns überhaupt nichts. Ich will von jedem einen detaillierten
Bericht über das, was ihr erfahren habt. Dann wird ausgewertet! Klar? Und zu
diesem Zwecke werden wir jetzt in unsere neue Einsatzzentrale umziehen. Die
anderen sollen schließlich auch mitbekommen, was sich in der Zwischenzeit
abgespielt hat. «
Im Hotel Sonnenstrand wurden die Männer freundlich
von der Chefin des Hauses, Birgit Ahlers, empfangen und in einen kleinen Raum
neben dem Frühstückssaal begleitet. »Eigentlich bin ich überflüssig, so gut,
wie ihr euch inzwischen hier auskennt«, sagte sie lächelnd zu Arndt Kleemann.
»Eure Kollegen haben bereits alles vorbereitet. Wenn ihr etwas braucht, meldet
euch bitte.«
»Du benötigst den Raum im Moment wirklich nicht?«, fragte
Röder.
Birgit Ahlers verneinte. »Die nächsten drei Tage nicht. Dann
erst haben wir wieder eine Gruppe im Hotel, die den Raum gleich mitgebucht
hat.«
»Dann werden wir uns mal ranhalten, dass der Fall bis dahin
gelöst ist«, stellte Arndt Kleemann entschlossen
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