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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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fest. »Also dann. Lasst uns
arbeiten.« Er nickte Birgit Ahlers freundlich zu.
    Die Kollegen hatten in der Mitte drei Tische zusammengestellt
und Stühle darum verteilt. Auf einer Pinnwand waren die ersten Polaroidfotos
des Toten angeheftet. Sie standen in heftigem Kontrast zu den
Dünenlandschaften, die in großformatigen Rahmen von der Wand leuchteten.
    Berend Luiken war der Erste,
der das Wort ergriff: »Kommen wir zu Wybrands. Das Wichtigste vorweg: Ihr
werdet es nicht glauben – der Visser war sein Sohn. Der Mann ist fix und
fertig. Er hat am Telefon kein vernünftiges Wort rausgekriegt. Über das
Projekt, an dem er angeblich dran war, habe ich bis jetzt so gut wie gar nichts
erfahren. Ich habe mich aber für später zu einem persönlichen Gespräch mit ihm
verabredet. Arndt, es wäre nicht schlecht, wenn du dann dabei wärest. Er wird
…«, er schaute auf die Uhr, »… in einer guten Stunde hier sein.«
    »Natürlich«, bestätigte Kleemann und fuhr fort: »Mein Bericht
fällt kurz und schmerzlos aus. Der Bürgermeister hat völlig geblockt. Ob er
wirklich nichts wusste oder ob der mich mit seiner unglaublich provozierenden
Art einfach nur ausgebootet hat – keine Ahnung. Der Mann kann einen wirklich
zur Weißglut treiben. Sein einziger Hinweis bezog sich auf Arnold Steenken. Dem
Mann ist wohl besonders daran gelegen, unter anderem ein großes Hotelprojekt
auf der Insel zu verhindern. Allerdings bezweifele ich, dass das ein Grund ist,
jemanden zu ermorden. Außerdem hätte der Bürgermeister seinen Mitarbeiter am
liebsten sofort in der Zelle gesehen, weil der angeblich während des Dienstes
Kräuterschnaps an seine Kollegen ausschenkt.«
    »Würde aber dazu passen, dass er sich unserer Ermittlung
entzieht«, widersprach Kockwitz, was ihm wiederum einen vorwurfsvollen Blick
von Röder eintrug.
    »Wir werden uns bestimmt noch mit Steenken unterhalten«, sagte
Luiken. »Aber er ist natürlich nicht der Einzige, den wir auf der Liste haben.
Immerhin ist da noch diese Sonja Bartels, die extrem sauer war auf den Visser.
Auch von ihr haben wir noch kein Alibi für die Nacht. Wäre aber schon ganz
schön abgedreht, wenn sie ihn kaltblütig umbringt und dann bei der Polizei
auftaucht, um ihre Ex zu verdächtigen«, überlegte er. »Trotzdem, wir sollten
sie im Auge behalten.«
    »Auch Klara Ufken ist noch lange nicht aus dem Schneider«, gab
Röder zu bedenken. »Selbst wenn Margot – ich meine: Frau Steenken – erklärt
hat, dass der Visser das Haus verlassen hat. Vielleicht ist er wiedergekommen.
Oder die Ufken ist ihm gefolgt. Oder sie ist bei einem Spaziergang zufällig auf
ihn getroffen, der alte Streit ist wieder ausgebrochen und die Situation ist
eskaliert. Außerdem hat die Ufken behauptet, dass das Blut an seinen Klamotten
von Verletzungen während des Tornados herrührte. Er sei blutüberströmt nach
Hause gekommen, hat sie gesagt. Margot Steenken hat dies allerdings
abgestritten. Völlig durchnässt sei er gewesen, aber definitiv nicht blutig.
Und als er gegangen sei, wäre sein Gesicht aufgequollen gewesen. Das ist
alles.«
    »Wir werden Frau Ufken noch
einmal intensiv befragen müssen«, fasste Kleemann zusammen. »Also – es gibt
noch verdammt viel zu tun. Wenn wir wenigstens wüssten, wo sich Visser aufgehalten
hat … Annalena, hast du noch weitere Fotos von der Leiche? Irgendwie
vorzeigbare?«
    Annalena Siepkenewert schaute ihn leicht genervt an. »Was
meinst du, warum ich hier bin?« Sie schlug ihr Laptop auf.
    »Okay. Andere Frage: Wo schlafen wir heute Nacht? Ich hoffe,
hier im Hotel?«, fragte Kleemann.
    »Das klappt. Habe mit Glück noch Zimmer bekommen«, erklärte
Berend Luiken.
    *
    Als ihn der Anruf des Bürgermeisters erreichte, saß Jan
Wybrands mit hängendem Kopf auf der Strandmauer. Noch konnte er kaum glauben,
was ihm der Polizist da gerade mitgeteilt hatte. Der Mann, der sich ihm vor ein
paar Monaten erst als sein Sohn vorgestellt hatte, sollte tot sein? Unfassbar.
Genau wie damals der Gedanke, einen Sohn zu haben. In den ersten Wochen,
nachdem Frank in seinem Leben aufgetaucht war, hatte er es nicht glauben
wollen. Sein Innerstes hatte sich einfach geweigert zu akzeptieren, dass aus
dieser flüchtigen Beziehung ein Kind entstanden sein sollte. Ein Kind, von dem
er über zwanzig Jahre nichts gewusst hatte. Das sie ihm vorenthalten hatte. In
den Wochen darauf, als er angefangen hatte, sich an seinen neuen Status als
Vater zu gewöhnen, war die Wut auf diese Frau stetig angewachsen.

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