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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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sogar seinen Jagdschein wegnahmen, dann würde er seine Fähigkeiten eben
»dem Feind«
zur Verfügung stellen.
    In der Nacht vom 14. auf den 15.   11.   1958 floh er. Er ging fünf Mal hin und zurück, brachte in Wäschekörben und Kartoffelsäcken einen Teil seines Besitzes (darunter sechzehn Geweihe) über die Grenze, versteckte die Sachen auf westlicher Seite im Gebüsch. Auch 1958, als die Grenze noch nicht so perfekt zum »Eisernen Vorhang« ausgebaut war wie dann nach 1961, ist eine solch ausgedehnte Aktion nur mit der speziellen Kenntnis Novaks von der Situation in seinem Grenzabschnitt zu erklären. Schließlich schob er mit Hilfe seiner Frau auch noch sein Motorrad hinüber, ging noch einmal zurück, wusch sich, verabschiedete sich von Sonja und verließ um vier Uhr früh das Gebiet der
DDR
, in der Meinung, es sei für immer.
    Dieses Kapitel war schnell erledigt gewesen, alle Fußnoten hatten gepasst. Kunigunde stand auf, rekelte sich ein bisschen und ging in die Garderobe, um ihr Pausenbrot zu essen.

15
    Als Werner Sinz das Auto im Hof der Polizeiinspektion parkte, hielt neben ihm ein weiterer Dienstwagen, aus dem Carla Kunder stieg, Sachbearbeiterin des K2, Eigentumskriminalität.
    Â»Hallo, Carla«, rief Claudia Jung. Die beiden waren sich gleich an Claudia Jungs erstem Tag in der Kantine begegnet, hatten sich sofort gemocht und zu einem Kinoabend verabredet.
    Â»Hallo, Claudia«, antwortete Carla Kunder. Sie ging mit den beiden Kollegen zur grauen Betonburg des Hauptgebäudes. »Also, ihr könnt euch nicht vorstellen, was ich gerade erlebt habe.« Carla Kunder redete gern. »Mich schüttelt’s noch immer. So eine Schweinerei! Da ist jemand in eine Wohnung nicht nur eingebrochen und hat ein Riesendurcheinander angerichtet, er hat auch noch das ganze Klo mit Scheiße beschmiert! Wie pervers muss denn jemand –«
    Â»Halt mal! Was sagst du da?«, unterbrach Werner sie.
    Â»Da hat aber jemand eine gute Verdauung«, murmelte Claudia Jung.
    Carla Kunder hob verwundert die Augenbrauen. »Was ist denn mit euch los?«
    Â»Ach, nix weiter. Wir kommen bloß gerade aus einer Wohnung, die genauso ausgesehen hat. Das kann ja wohl kein Zufall sein. Kommst du bitte mit in mein Büro und erzählst mir Genaueres von deinem Fall?«
    In Werners kleinem Büro im ersten Stock zog Carla Kunder ihren Notizblock aus ihrer Tasche und begann in sachlichem Ton: »Um zehn Uhr siebenundvierzig ging bei der Vermittlung der Anruf einer Frau Dr.   Tal ein und –«
    Â»Hanna? Hanna Tal?«, rief Werner. »Ist bei Hanna eingebrochen worden?«
    Â»Ach, du kennst Frau Tal? Nein, sie rief für eine Freundin an, Tanja Steinhübel. In deren Wohnung im Haus Nonnenbrücke 2 wurde eingebrochen.«
    Â»Nonnenbrücke 2? Das ist doch das Haus am Nonnengraben, oder? Stimmt, da ist Tanja Steinhübel ja jetzt als so eine Art Hausbesorgerin angestellt.«
    Â»Ah, diese Dame kennst du also auch?«, bemerkte Carla Kunder spöttisch.
    Â»Ja, aus einem früheren Fall. Ich kenne keineswegs größere Mengen der Bamberger Damenwelt, falls dein Gegrinse das andeuten sollte«, sagte Werner, halb amüsiert, halb geschmeichelt.
    Â»Okay, das erklärt jedenfalls, warum Frau Tal anfangs unbedingt dich sprechen wollte. Aber erstens warst du in der Soko-Sitzung und zweitens nicht zuständig. Und da ihr ja alles, was laufen kann, für euren Mordfall abgezogen habt, bin ich halt allein zu der angegebenen Adresse gefahren. Schönes Haus übrigens.« Sie zog wieder ihre Notizen zurate. »Ich traf dort um kurz nach elf Uhr ein. Frau Steinhübel wirkte sehr verstört und hat wenig gesagt, und ihr Kind hat fast dauernd geschrien.« Sie blickte auf und schob sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr. »Es war nicht einfach. Zum Glück war diese Dr.   Tal dabei, die beruhigend auf die junge Frau eingewirkt hat, sonst wär’s ganz katastrophal gewesen.«
    Â»Wann war denn der Einbruch? War Tanja Steinhübel in der Wohnung?«
    Â»Nein, es passierte, als Frau Steinhübel heute Morgen beim Einkaufen war. Woher der Täter das wusste, ist unklar. Er scheint durch den Garten gekommen zu sein. In der Gartenmauer zum Kanal hin ist so eine kleine alte Pforte. An der fanden sich Aufbruchspuren, und ein Fenster der Wohnung von Frau Steinhübel war eingeschlagen und

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