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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Wohnung von Charly Baumann zur Verteilung in kleinere Portionen abpacken sollten. Wir waren pünktlich vor Ort, denn wenn Martin [vom Vernommenen »Marty« genannt, der Protokollant] »elf Uhr« sagt, hält man sich besser daran. Aber »Marty« kam nicht. Wir haben ihn immer wieder auf seinem Handy angerufen, aber er antwortete nicht. Um halb zwölf setzte uns der Wirt vor die Tür, weil er schließen wollte. Wir warteten noch eine Weile vor dem Eingang, aber weil es zu regnen begann, beschlossen wir, in Charlys Wohnung zu gehen und dort zu warten.
    Nein, einen Schlüssel hatten wir nicht, aber für Harry [Hans Hennig, d. P.] ist so ein Schloss kein Problem. In der Wohnung fanden wir ein großes Durcheinander vor. Wir erkannten, dass Charly [Baumann, der Besitzer der Wohnung, d. P.] sich offenbar aus dem Staub gemacht hatte. Auf dem Tisch fanden wir diesen an Charly gerichteten Brief [s. Anhang].
    Benno öffnete den Anhang. Der abgebildete Brief war mit einem PC geschrieben und begann ohne Anrede und Datum:
    Â»Treffpunkt Bamberger Hain, König-Ludwig-Denkmal, 4.   April, 23   Uhr. Dort werde ich Ihnen, wie besprochen, das Material übergeben.« Darunter stand ein handschriftlicher Vermerk: »Das wirst du mir büßen, du Verräter.«
    Benno runzelte die Stirn und klickte zurück zum Protokoll.
    Wir erkannten, dass die handschriftliche Anmerkung von Marty geschrieben war, dessen Handschrift wir schon oft gesehen hatten, wenn er uns Zettel mit Anordnungen zukommen ließ. Wir schlossen daraus, dass Charly Marty irgendwie betrogen hatte. Den Brief habe ich dann als Beweisstück an mich genommen, um ihn Charly zeigen zu können, wenn wir ihn treffen. Wir waren sehr wütend wegen des Betrugs. Harry begann nun, Bücher aus den Regalen und Bilder von der Wand zu reißen. Dann ging er auf die Toilette. Das macht er immer, wenn er sehr wütend ist, das ist wie ein Drang für ihn. Ich habe ihn angebrüllt, er soll aufhören, weil wenn Marty zurückkommt und wieder da wohnen will, müssten wir alles wieder in Ordnung bringen, und er wäre sehr sauer. Aber wenn Harry erst einmal in diesem Zustand ist, ist er schwer zu stoppen. Ich musste ihn mehrfach anschreien.
    Wir haben immer wieder auf Martys Handy angerufen, und weil er nicht antwortete, haben wir gedacht, er wird es sich halt anders überlegt haben. Aber das war ungewöhnlich. Weil wir nicht wussten, was wir machen sollten, haben wir beschlossen, am nächsten Tag nach Charly zu suchen, und sind heimgefahren. Heute Vormittag habe ich wieder Martys Handy und in Charlys Wohnung angerufen, und weil ich keine Antwort bekam, habe ich bei Martys Mutter angerufen, um sie zu fragen, ob sie weiß, wo er sein könnte. Da hat sie mir erzählt, dass er gestern ermordet wurde.
    Es ist eigenartig, was einem in so einem Moment durch den Kopf geht. Im ersten Augenblick dachte ich nur: Gut, dann müssen wir die Wohnung nicht sauber machen [der Vernommene meint damit die Wohnung von Charly Baumann, d. P.]. Dann erfüllte mich großer Zorn, weil ich dachte, dass Charly den Mord verübt und das Rauschgift an sich genommen habe. Harry und ich überlegten, wo wir Charly finden könnten, und fuhren zunächst zu seiner Wohnung. Da aber war alles unverändert. Deshalb fuhren wir dann zu der Wohnung seiner Freundin Tanja. Dorthin hat Charly uns einmal mitgenommen, als wir gemeinsam unterwegs waren und er etwas, das er vergessen hatte, holen wollte. Es war damals spät in der Nacht, und er wollte seine Freundin und das Kind nicht wecken, weshalb er den Weg durch den Garten nahm.
    Auch wir nahmen nun diesen Weg, da man von dieser Seite leichter unbemerkt in die Wohnung gelangt [der Vernommene meint damit, dass man auf der wenig begangenen Kanalseite besser einen Einbruch verüben kann als am Haupteingang vorn an der Straße, d. P.]. In der Wohnung war niemand, und wir begannen, nach den Drogen zu suchen. Harry zog wieder seine Nummer mit dem Klo ab, obwohl ich ihm davon abriet wegen möglicher dna-Spuren. Er wollte auch auf Tanja warten, um, wie er sagte, »die Wahrheit aus ihr herauszuvögeln«. Aber mir war das zu riskant, da ich wusste, dass über Tanjas Wohnung ein Büro ist, wo tagsüber gearbeitet wird. Weil wir nicht wussten, wo wir sonst noch nach Charly suchen sollten, fuhren wir wieder nach Hause.
    Erst später kam ich auf die Idee, dass vielleicht nicht Charly

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