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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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seinen Fersen und den Verlust hinwegtrösten können. Aber jetzt, um halb sieben, hatte der Schuhladen bestimmt schon geschlossen. Und morgen früh würden sie seine alten Schuhe garantiert schon entsorgt haben. Mist, Mist, Mist!
    Doch vielleicht hatte er ja Glück, vielleicht war ja doch noch jemand in dem Laden, wenn er sich sehr beeilte.
    Er rannte in den Hof zu seinem Fahrrad. Es hatte wieder zu nieseln begonnen, ein Nieseln, das gerade in Regen überging. Eilig riss Benno seinen Plastikponcho aus der Satteltasche und streifte ihn über. Fünf Minuten später stand er vor dem Schuhladen. Aber natürlich war der schon dunkel, und die Eisengitter waren heruntergelassen. Leise fluchend bog Benno von der Langen Straße ab in den Grünen Markt. Bei diesem Wetter war fast niemand mehr unterwegs.
    Da konnte er es wohl riskieren, durch die Fußgängerzone zu radeln. Sonst käme er vielleicht auch noch zur Soko-Sitzung zu spät. Nein, heute war wirklich nicht sein Tag.

25
    Hanna spannte ihren Regenschirm auf. Das Nieseln begann gerade in Regen überzugehen. Unter den Straßenlaternen sammelte sich tropfende Trostlosigkeit. Hanna fror trotz ihres Daunenmantels. Die sonst so geschäftige Kapuzinerstraße war menschenleer. Am Kranen dümpelten die Ausflugsschiffe dunkel und verschlossen vor sich hin.
    Nur oben am Obstmarkt sah Hanna einen einsamen, ponchoverhüllten Fahrradfahrer von der Langen Straße in den Grünen Markt abbiegen. Er erinnerte sie irgendwie an Benno. Doch an den wollte sie nicht denken. Und an Paolo schon gar nicht. Nicht-Denken war eine gute Methode, nur schwer zu verwirklichen. Der Mistkerl! Er hatte nicht angerufen, den ganzen Nachmittag nicht.
    Sie war immer noch fassungslos wegen Paolos unbegreiflichem Abgang und hatte dauernd darauf gewartet, dass er anrufen oder vorbeikommen würde, um zu erklären, was ihn dazu getrieben hatte. Aber von Paolo war kein Lebenszeichen gekommen. Mehrmals hatte Hanna ihren rudimentären Stadtrundgang von heute Nachmittag vor ihrem geistigen Auge Revue passieren lassen. Was war da nur geschehen?
    Irgendwann war die Stimmung gekippt, als wäre plötzlich ein Schalter umgelegt worden. Danach wirkte Paolo hinter seiner höflichen Fassade verändert, als ginge er nicht mehr auf sie zu, sondern von ihr weg. Hanna versuchte sich zu erinnern, was denn der Auslöser dafür gewesen sein könnte. Als der Mann sie gegrüßt hatte an der Ecke der namenlosen Gasse hinter der Unteren Brücke? War das der Moment gewesen? Paolo war so bemüht unbeteiligt weitergegangen. Hatte er vielleicht Verbindungen hier in der Stadt, von denen sie nichts wissen sollte?
    Sie war sowieso erstaunt, dass er nur ihretwegen nach Bamberg gekommen sein sollte. Schluss jetzt – sie wollte einfach nicht mehr darüber nachdenken.
    Hanna tauchte in die Helle von Tante Kunigundes Küche ein wie in ein warmes Bad. Sie schälte den Narzissenstrauß aus der Plastiktüte. »Alles, alles Gute zum Geburtstag, liebste Tante. Vierunddreißig Narzissen, weil du höchstens halb so alt bist, wie du aussiehst.«
    Â»Freches Ding«, lachte Kunigunde und warf Hanna über den Strauß hinweg einen Luftkuss zu. Sie stellte die Blumen in einen alten Steinguttopf. »So viel Frühlingsversprechen! Danke.«
    Â»Vom Markt. Heute früh erst geschnitten. Die halten ewig, sagt die Frau Dechant.«
    Die Narzissen leuchteten von der Fensterbank.
    Tante Kunigunde nahm ihr Päckchen entgegen. »Das mach ich später auf, ja? Jetzt komm erst mal mit ins Wohnzimmer. Ich hab den Sekt schon vorbereitet.«
    Im Wohnzimmer war der Tisch liebevoll gedeckt: das gute Porzellan, dreierlei Gläser, gefaltete Stoffservietten, brennende Kerzen. Natürlich gab es nicht nur die von Hanna bestellte Pizza. Das brachte Kunigunde nicht fertig. Nach der Vorspeise – gebratener Ziegenkäse auf blumenkastengezogenem Rucola mit steirischem Kürbiskernöl – stellte sie zwei Teller mit cremiger Spargelsuppe auf den Tisch, aufgetaut, aber mit Sekt aufgelockert. Und die Pizza hatte sie mit Oliven vom Türken, Parmaschinken vom Italiener und wieder ein paar von den Rucolablättern garniert.
    Â»Aber du solltest doch nicht …«, protestierte Hanna.
    Â»Ach was, das Ganze hat mich keine Viertelstunde gekostet. Lass mir doch die Freude.«
    Sie setzten sich zu Tisch, und Hanna erzählte eifrig: von Tanja

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