Bamberger Verrat
sie sich recht erinnerte, war er für die in Bamberg einsitzenden Gefangenen zuständig. Er würde wissen, was zu tun war.
29
»Guten Morgen, Hanna. Hier ist Werner. Hab ich dich aufgeweckt?«
»Du bist ein Witzbold!«, fauchte Hanna erbittert. »Der süÃe Will ist seit halb sechs munter und unterhaltsam. Erst dachte ich, auch gut, dann kann ich noch etwas arbeiten, aber ⦠Ich werd noch wahnsinnig.«
»Du Ãrmste.« Werners Mitleid blieb etwas oberflächlich. »Warum ich anrufe: Ich brauche deine Hilfe. Kannst du â«
»Sorry, Werner, immer gern«, unterbrach ihn Hanna. »Aber momentan geht gar nichts. Ich muss unbedingt in die Uni. Ich bin eh schon spät dran.«
»Hanna, es ist wirklich dringend. Kannst du nicht kurz mit Tanja sprechen und â¦Â«
»Ich muss wirklich los, tut mir leid. Sprich doch selbst mit ihr. Wart, ich geb sie dir.«
Das Telefon wurde weggelegt, und Werner hörte Hanna im Hintergrund rufen: »Tanja! Da ist ein Herr, der dich ganz dringend sprechen möchte. Kommst du mal? Ich geh dann. Bis heute Abend!«
Eine Tür schlug zu. Dann Tanjas Stimme, misstrauisch: »Jaa?«
»Hallo, Frau Steinhübel. Hier ist Werner Sinz.«
»Ach, Sie sindâs.« Tanja klang erleichtert.
Guter Anfang, dachte Werner und fuhr fort: »Frau Steinhübel, ich weià ja, dass Sie nicht gerne mit der Polizei kooperieren, aber wir bräuchten dringend Ihre Hilfe. Herr Baumann â¦Â«
»Nein!«, schrie Tanja.
Der Hörer knallte auf den Tisch. Werner rieb sich das Ohr und überlegte, was er denn jetzt schon wieder falsch gemacht hatte.
Er wollte gerade auflegen, da hörte er Tanjas verzweifelte Stimme: »Ach Will, du Rabenaas. Doch nicht Hannas Kunstbücher. Gib sofort her.« Dann Babygebrüll, das im Crescendo in den Hörer drang, als Tanja diesen aufnahm und »Sekunde!« sagte. Dann entfernte es sich wieder und steigerte sich zum Forte.
Tanja kam ans Telefon zurück und fragte genervt: »Ja, also, was ist?«
Werner resignierte. »Bleiben Sie bitte, wo Sie sind. Wir kommen demnächst vorbei.« Er legte auf und rief in den Nebenraum: »Frau Jung, wir müssen los.«
Es hat doch was für sich, Frauen bei der Polizei zu haben, dachte er.
Als Werner und Claudia Jung in der Schulgasse ankamen, saà Will friedlich in einem aus den Polsterauflagen des Sofas konstruierten Laufstall und spielte mit groÃen Legosteinen. Tanja bügelte â Bücher. Auf Werners erstaunt fragenden Blick hin sagte sie: »Hanna hat ihre wertvollen groÃen Kunstbücher ausgerechnet im untersten Regalfach stehen.«
Claudia Jung kniete sich vor dem Sofa hin. Will lächelte sie an und warf einen Legostein nach ihr. Sein Zielobjekt lachte und fragte: »Darf ich ihn mal hochnehmen?«
»Besser nicht«, antwortete Tanja. »Seit ein paar Wochen fremdelt er.«
»Schade«, meinte Claudia Jung, blieb aber sitzen und flirtete mit Will.
Werner räusperte sich. »Es geht um Folgendes«, begann er vorsichtig. »Ãhm, haben Sie heute schon die Zeitung gelesen?«
Tanja sah ihn an, als hätte er gefragt, ob sie heute schon am Nordpol gewesen sei.
»Die Zeitung? Nein.« Sie stellte das Bügeleisen beiseite.
»Dann wissen Sie also noch nicht, dass Martin Kostner ⦠dass er ermordet wurde?«
»Marty? Ermordet?« Tanjas Augen wurden riesengroà in ihrem blassen Gesicht. »Aber wer �«
»Genau das versuchen wir herauszufinden. Deswegen muss ich Ihnen jetzt einige Fragen stellen, und ich muss Sie bitten, sie so wahrheitsgetreu wie möglich zu beantworten. Geht das?«
Tanja nickte mechanisch, als hätte sie seine Frage kaum gehört.
»Also: Wie gut haben Sie Herrn Kostner gekannt?«
Tanja studierte intensiv und lange ihre Turnschuhe. Dann schaute sie auf: »Das habe ich Ihnen doch gestern schon gesagt. Ich kenne ⦠ich kannte ihn, weil wir früher in derselben Gegend gewohnt haben und weil er mit Charly befreundet war. Wir waren ein paarmal zusammen weg, auf dem Keller oder Pizza essen oder so, wo ich Will halt mitnehmen konnte.«
»Und wie war Ihr Verhältnis zu Herrn Kostner?«
Tanja lieà sich wieder Zeit mit der Antwort. SchlieÃlich sagte sie leise: »Ich konnte Marty nicht ausstehen. Er war ein voll arrogantes Arschloch.«
»Hm. Und wie würden Sie die Beziehung
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