Bamberger Verrat
Mordfall ⦠Hallo, hallo, hörst du mich noch?« Aber Kunigunde antwortete nicht. Die Verbindung war tot.
Hans Kromm: Dieser Name war heute früh in der Soko-Sitzung gefallen. So hieà doch der Vater des verschwundenen Charly Baumann. Und gestern ⦠natürlich, darum war ihm der Name so bekannt vorgekommen ⦠gestern hatte Frau Schnelein um eine Telefonerlaubnis für den Gefangenen Kromm gefragt. Und jetzt wieder dieser Name. Das war ein bisschen viel Zufall.
Er rief Frau Schnelein an.
»Ich rufe wegen unseres gestrigen Gesprächs an, Frau Schnelein.«
»Ach, entschuldigen Sie, Herr Staatsanwalt, ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihnen die E-Mail zu schicken. Aber ich mach das â¦Â«
»Nein, nein, das ist kein Problem. Es geht mir um den Gefangenen Hans Kromm. Der hat gestern doch unbedingt telefonieren wollen, nachdem er Besuch bekommen hatte, nicht wahr? Wer war denn dieser Besucher?«
»Es war eine Besucherin.«
»Eine Frau? Könnten Sie mir vielleicht den Namen und die Adresse dieser Besucherin sagen?«
»Warten Sie bitte kurz? Ich frag an der Pforte nach und ruf Sie dann zurück.«
Drei Minuten später hatte Frau Schnelein die Auskunft parat: »Die Frau heiÃt Rita Gerstner, wohnhaft Nürnberg, SperberstraÃe 3.«
Rita Gerstner. Eine Rita hatte Tante Kunigunde erwähnt, da war sich Benno sicher, auch wenn er sonst nicht viel verstanden hatte. Da war eindeutig Klärungsbedarf vonnöten.
»Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass Hans Kromm in etwa zwanzig Minuten in Ihrem Büro ist, Frau Schnelein? Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
»Ja. Er arbeitet in der Schreinerei. Das müsste zu schaffen sein.«
»Danke. Bis dann.«
Mit dem Fahrrad fuhr Benno in wenigen Minuten durch die Lange StraÃe und über die Untere Brücke bis zur Dominikanerkirche, die vor wenigen Jahren zur Aula der Universität umgebaut worden war. Doch dort musste er absteigen, denn aus der SandstraÃe quoll ihm der Verkehr in einer fast ununterbrochenen Kolonne entgegen. Wie gut, dass der Stadtrat kürzlich eine Verkehrsberuhigung der StraÃe beschlossen hatte. Er zwängte sich, sein Fahrrad schiebend, zwischen den Autos und einer Touristengruppe, die vor dem »Schlenkerla« darauf wartete, den Tempel des Rauchbiers stürmen zu können, hindurch.
Eigentlich wollte er gleich danach zum Fluss hinunter abbiegen, um am Leinritt entlangzufahren â mit dem Blick auf »Klein-Venedig« und auf Hannas Häuschen. Aber dann siegten die Versuchung und sein knurrender Magen, und er schob sein Fahrrad weiter bis zu jener Metzgerei, die für ihren saftigen Leberkäse so berühmt war, dass manche behaupteten, es handle sich um den besten Leberkäse der Welt.
Der weitere Weg zum Gefängnis stellte allerdings hohe Geschicklichkeitsanforderungen: mit der linken Hand das Rad schiebend, in der Rechten das knusprige Brötchen mit der mehrere Zentimeter dicken Fleischscheibe. Aber Benno schaffte es, ohne sich zu bekleckern, und vor dem Gefängnistor schluckte er den letzten Bissen herunter, bevor er klingelte.
32
Kriminalrat Hanfstängl hatte es sich nicht nehmen lassen. »Was wollen Sie denn noch?«, so hatte er Werners Einwände vom Tisch gefegt. »Wir haben hier einen Drogendealer mit einer Waffe â einer russischen Waffe! Der hat den Sohn eines ehrbaren â¦Â« â auf Werners Blick hin verbesserte er sich â »â¦Â eines bekannten Bamberger Bauunternehmers erschossen. Und wir haben eindeutige Hinweise auf die Mafia! Na also! Ich werde jetzt das Sondereinsatzkommando anfordern, ja, das werde ich.«
Deshalb schob sich jetzt eine Kavalkade von Polizeifahrzeugen langsam den stillen Paradiesweg entlang. Diese schmale StraÃe hatte noch Reste ihrer ländlichen Vergangenheit bewahrt â Grasböschungen zu beiden Seiten und eine nur sehr unvollkommene Teerdecke â, obwohl sie inzwischen zur feinen Adresse mutiert war.
Auf der Südseite lagen in groÃen Grundstücken Bungalows und Landhäuser der teureren Art, aber auf der Nordseite gab es noch Felder, über die der Blick zu der im Tal sich ausbreitenden Stadt fliegen konnte, und einige mehr oder minder verwahrloste Gartengrundstücke. Eines davon war das von Tanja.
Eine dicke Hecke aus verschiedenen Büschen, die durch den Maschendrahtzaun gewachsen waren,
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