Bamberger Verrat
zwischen Herrn Baumann und Herrn Kostner beschreiben?«
»Deswegen konnte ich Marty am wenigsten leiden, wegen der Art, wie er Charly behandelt hat, krass von oben herab. Und Charly hatâs noch nicht mal bemerkt und sich herumschubsen lassen.«
Sie zupfte an ihrem Nasenring. »Und auÃerdem hat er mich dauernd angemacht, obwohl Charly doch â¦Â« Sie stieà ein verächtliches Zischen aus.
»Könnte es sein, dass das Herrn Baumann vielleicht doch nicht mehr gepasst hat?«
»Und er deshalb Marty umgebracht hat?«, fragte Tanja spöttisch. »Charly? Nie im Leben!«
»Frau Steinhübel.« Werner beugte sich Tanja entgegen, um seinen Worten eine gewissermaÃen vertrauliche Eindringlichkeit zu verleihen. »Herr Baumann ist offenbar unmittelbar nach dem Mord abgetaucht und hat sich seitdem weder bei seiner Arbeitsstelle noch bei seiner Mutter blicken lassen. Wir müssen ihn unbedingt finden.«
Tanja beugte sich ihm in einer spöttischen Nachahmung seiner Geste entgegen, bis ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt war.
»Um was zu tun?«, fragte sie zynisch. »Ihm einen Mord anzuhängen?« Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Und ich soll Ihnen dabei helfen?«
»Ach wo«, mischte sich Claudia Jung ein. »Wir wollen niemandem einen Mord anhängen.« Sie sammelte die Legosteine rund um Wills Pseudolaufstall ein und gab sie ihm zurück, frisches Wurfmaterial sozusagen. »Wir wissen noch nicht, wer Martin Kostner umgebracht hat. Aber aufgrund seiner Tätigkeit im Drogenmilieu liegt der Schluss natürlich nahe, dass sein Tod etwas damit zu tun hat. Es könnte ja sein, dass die Konkurrenz ihn ausschalten wollte. Und damit sind natürlich auch seine ⦠seine Helfer gefährdet. Wir wollen Herrn Baumann finden, bevor die ihn finden. So sieht es aus.«
Will begann zu maunzen, weil er sich unbeachtet fühlte. Tanja ging zu ihm hinüber, hob ihn hoch und drückte ihn an sich, als brauche sie etwas, um sich festzuhalten.
Claudia Jung streckte Will einen Finger hin, den er glucksend umklammerte, aber sie achtete darauf, Tanja nicht zu nahe zu kommen.
»Herr Baumann hat bei seiner Flucht offenbar Lebensmittel aus seiner Wohnung mitgenommen. Ich denke, das könnte darauf hinweisen, dass er sich irgendwo verstecken will. Er ist doch öfter für Martin Kostner nach Italien gefahren. Gibt es dort oder auf dem Weg dorthin vielleicht eine Wohnung oder eine Hütte, die er einmal erwähnt hat? Irgendein Versteck, das er jetzt aufgesucht haben könnte? Bitte, Frau Steinhübel, bitte helfen Sie uns. Und ihm.«
Tanja löste Wills Händchen von Claudia Jung, ging zum Fenster und starrte auf den grauen Fluss. Das Schweigen dehnte sich.
SchlieÃlich sagte sie tonlos: »Ich habe ein Gartenhäuschen am Paradiesweg. Ich war ein paarmal mit Charly dort. Er weiÃ, wo der Schlüssel versteckt ist.«
30
Hannas Handy klingelte, als sie im Hochzeitshaus die alte steinerne Wendeltreppe zum Seminarraum hinaufrannte. Sie schaute auf das Display: Tante Kunigunde. Keuchend nahm sie das Gespräch an.
Tante Kunigunde klang schrecklich aufgeregt. »Hanna, du musst sofort Benno anrufen!«
»Tantchen, ich kann nicht. Ich hab jetzt Seminar.«
»Aber es ist unheimlich wichtig. Ich hab dir doch gestern von der unehelichen Tochter von Franz Novak erzählt. Und ihre Schwester â¦Â«
»Tante Ku, bei aller Liebe!« »Tante Ku« sagte Hanna nur, wenn sie stocksauer war. »Ich muss jetzt mein Seminar halten.«
Sie sah auf die Uhr. Zehn Uhr sechzehn. Schon eine Minute über die Zeit, und sie musste den Beamer noch startklar machen.
»Bitte, glaub mir doch, es â¦Â«
»Ruf Benno doch selbst an!«
»Aber ich bin gerade im Zug, und ich hab seine Nummer nicht.«
»Die kann ich dir geben!« Wenn sie eine Telefonnummer auswendig wusste, dann diese. »01  752â¦Â«
»Warte, warte. Ich brauch erst was zum Schreiben.«
Hanna hörte, wie Kunigunde ihr Handy weglegte, in ihrer Tasche kramte, dann jemanden fragte: »Haben Sie vielleicht etwas zum Schreiben?«
Gemurmel, erneute Frage: »Sie vielleicht?«
Der Sekundenzeiger auf Hannas Uhr rückte unerbittlich vorwärts.
» TANTE KUNIGUNDE !«, schrie Hanna ins Telefon, so laut, dass Kunigunde sie offensichtlich hörte. »Ich ruf Benno an und geb
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