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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Badezimmer. Dort kann
er nicht ewig bleiben. Nach einiger Zeit kommt er raus, der andere merkt es
nicht, und setzt Mauguio außer Gefecht. Dann beschmiert er die Marmorplatte
sorgfältig mit Blut, damit es wie ein Unfall aussieht.“
    „Und was machte Ihr Jemand im
Zimmer der Stripperin?“
    „Der hat irgendwas gesucht, was
mit Pauls Tod in Zusammenhang steht... oder auch nicht. Aber gesucht hat er
was. Die Bücher im Regal lagen durcheinander, und Yolandes Buch lag unter dem
Bett. Ich weiß nicht, ob er gefunden hat, was er suchte. Mitgenommen hat er
jedenfalls nichts. Jacqueline vermißt nichts, weder von ihren eigenen noch von
Pauls Sachen.“
    „Und was haben Sie jetzt vor?“
    „Pauls Freunde aufsuchen und
darauf warten, daß Mauguio sich an irgendetwas erinnert. Ich muß herausfinden,
wer ihn niedergeschlagen hat. Am besten fang ich mit Van Straeten an, dem
zwielichtigen Magier, von dem mir Inspektor Masoultre erzählt hat. In den
Zeitungen stand damals auch was über ihn.“
    „An Ihrer Stelle würde ich mit
Yolande beginnen.“
    „Mit Yolande?“
    „Ja, wegen des Buches. Sie
haben es nur oberflächlich durchgeblättert. Vielleicht war doch was Wichtiges
drin.“
    „Glaub ich nicht, aber ich
kann’s mir trotzdem mal genauer ansehen.“

Die Magie des
Magiers
     
    Im Quartier latin machte ich
mich auf die Suche nach Yolande. Ich ging in fast alle Studentenkneipen, aber
ohne Erfolg. Keine Yolande und auch kein Gérard. Jacqueline hätte mir
vielleicht helfen können, aber ich konnte sie nicht erreichen. Also entschloß
ich mich, Van Straeten aufzusuchen. Ich besorgte mir seine Adresse von meinem
Freund Marc Covet, dem trinkfreudigen Journalisten. Damals hatte er im Crépuscule über den Magier geschrieben, eine der letzten pittoresken Gestalten des Quartier latin. Früher hatte es davon gewimmelt, aber seit
einiger Zeit wurden sie immer seltener. Marc Covet kannte die Adresse von Van
Straeten. Rue Rollin.
    Ich ließ mein Auto an der Rue
des Arènes stehen, überquerte die Rue Monge und stieg die Treppe zur Rue Rollin
hinauf. Zwischen zwei baufälligen Häusern kam ich durch ein Tor auf einen Hof mit
verkümmerten Bäumen. Hier wohnte also dieser Holländer, ganz hinten in einem
niedrigen Pavillon. Die Tür wurde scheinbar von einem Windfang aus Glas gegen
Wind und Kälte geschützt. Mehrere Scheiben fehlten. Auf dem schönen Rot der Tür
prangte ein Schild mit dem Namen des Mieters, darunter geheimnisvolle Zeichen.
Eine Klingel gab es nicht, dafür einen antiken Türklopfer: eine Hand mit einer
dicken Kugel. Das Kupfer von Schild und Klopfer mußte unbedingt mal
blankgeputzt werden. Die Hand war mit Grünspan bedeckt, sah giftig aus, halb
verrottet. Ich hob sie ganz vorsichtig an und ließ sie wieder fallen. Keine fünf Sekunden später stand der Kerl vor mir. Mit einer
Hand hielt er sich an der Tür fest, mit der andern am Türrahmen. Sah aus, als
wollte er mich nicht reinlassen.
    „Monsieur Van Straeten?“ fragte
ich.
    „Höchstpersönlich. Sie
wünschen?“
    Seine Stimme klang
hinterhältig, einschmeichelnd, leicht schmierig. Passend zu dem, der sprach.
Schwer zu sagen, wie alt er war. Mittelgroß, gutgeschnittene, aber schmuddelige
Tweedjacke, schwarzes Hemd ohne Krawatte. Vielleicht war das Hemd ursprünglich
nicht schwarz gewesen. Überraschenderweise korkenzieherte seine Hose nicht.
Bestimmt ein Versehen. Der Kerl hatte ein ausgemergeltes, fast asketisches
Gesicht. Sein Kinn schmückte ein rötlicher Bart, seinen Kopf üppige Locken.
Sein Blick war verschwommen, verschlagen, so als bedeckten häßliche Flecken die
Augäpfel. Der Blick von jemandem, der sich bei Schulschluß am Collège Sévigené
rumtreibt, eine Zeitung vor dem Bauch, um seine schlampige Kleidung zu
verbergen, bis daß die Gelegenheit günstig ist. Seine Hände erinnerten in
vielerlei Hinsicht an den Türklopfer: schön, feingliedrig, mit langen dünnen
Fingern. In Eau de Javelle getaucht und mit Stahlwolle abgebürstet, hätten sie
mit den geweihten Händen eines Erzbischofs konkurrieren können. Der Junge
gefiel mir auf Anhieb. Mein Instinkt sagte mir, daß ich mit ihm nicht viel Zeit
vergeuden würde.
    „Ich möchte Ihr Wissen in
Anspruch nehmen“, sagte ich im Tonfall eines Trottels, den man ordentlich zur
Ader lassen kann.
    Er schien zu überlegen.
Schließlich bat er mich herein. Wir gingen durch einen Vorraum und kamen in
eine Art Arbeits-, Sprech- oder Empfangszimmer. Auf dem Boden lag ein bunter
Teppich. Es war

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