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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Unterwegs
kaufte ich eine Flasche Scotch. Damit betrat ich zum zweiten Mal heute morgen das Hôtel Jean. Der Concierge begrüßte mich wie einen
alten Bekannten. Ich ging sofort hinauf zu Mauguio. Der Schlüssel steckte. Ich
ging hinein. Mauguio lag immer noch im Bett. Er schien sich zu langweilen. Er
war alleine.
    „Salut“, sagte ich. „Wie geht’s
der Beule? Ich weiß nicht, ob Sie mich wiedererkennen. Aber ich war gestern nacht dabei, als Jacqueline Sie auf ihrem Bettvorleger
gefunden hat. Nestor Burma ist mein Name. Ein Gläschen für die trockene Kehle?
Davon braucht keiner was zu wissen“. Ich zeigte ihm die Flasche. „Gehört zu
meinen Hausmitteln.“
    „Gläser finden Sie auf der
Ablage im Badezimmer“, sagte er, schon überredet.
    Kurz darauf hielten wir jeder
ein Glas in der Hand. Unzerbrechlich, „dura lex“. Der Junge studierte bestimmt
Jura.
    „Jetzt erzählen Sie mal, wie
das passiert ist“, fordert ich ihn auf.
    Er seufzte. Würde er ja gerne,
schon aus Dank für die schottische Medizin. Aber gestern war er so blau gewesen,
daß er sich an nichts mehr erinnerte. Und durch den Schlag war’s auch nicht
besser geworden. Ich versuchte, ihm auf die Sprünge zu helfen. Nur um sicher zu
gehen. Ein paar Einzelheiten, die nur er mir liefern konnte, hätten sich nicht
schlecht gemacht, aber im großen und ganzen hatte ich
für mich schon Licht ins Dunkel gebracht. Apropos Licht...
    „Als Sie in Jacquelines Zimmer
kamen, brannte da Licht?“ Er dachte kurz nach, nahm einen Schluck.
    „Ja, ich glaub schon... hm...
doch, es brannte Licht.“
    „Fanden Sie das nicht
merkwürdig?“
    „Ach, wissen Sie, ich war so
stinkbesoffen! Hab so gut wie nichts mehr mitgekriegt. Und wenn man blau ist,
wundert man sich über gar nichts. Man nimmt es gar nicht mehr richtig auf.“
    Er kannte sich anscheinend gut
aus mit diesem Zustand. „Aber, sagen Sie mal“, fügte er hinzu, „was soll das
mit dem Licht?“
    „Entweder hat es Jacqueline
brennen lassen, oder es war außer Ihnen noch jemand im Zimmer. Denken Sie in
Ruhe darüber nach. Versuchen Sie, sich an so viele Einzelheiten wie möglich zu
erinnern. Und teilen Sie Ihre Erinnerungen nur mir mit. Ich komm wieder
vorbei.“
    Ich ließ ihm die Flasche da und
haute ab.
     
    Da ich mich schon mal um Kranke
kümmerte, rief ich Hélène von einem Bistro in der Rue des Ecoles aus an.
    „Wie geht’s?“ fragte ich.
    „Sehr gut. Sie können mich
wieder küssen.“
    „Von wegen! Um mir den Tod zu
holen!“
    Sie lachte schon wieder:
    „Verliebt, aber keinen Mut,
hm?“
    „Na gut. Ich komme.“
    „Können Sie ruhig. Und keine
Angst. Ich wollte Sie nur auf die Probe stellen.“
    „Das wollen in den letzten
Tagen mehrere.“
    „Ach! Das müssen Sie mir
erklären. Ich bin gesund, wirklich. Mein Arzt sagt, gestern haben die Bazillen
zum letzten Mal angegriffen. Hab sie erfolgreich abgewehrt. Jetzt bin ich etwas
schlapp, aber ich stelle keine öffentliche Gefahr mehr dar.“
    „Bin sofort bei Ihnen. Machen
Sie sich etwas hübsch, aber bleiben Sie im Bett. Man kann nie wissen.“
    „Was kann man nie wissen,
Monsieur Draufgänger?“
    „Sie könnten einen Rückfall
bekommen, wenn Sie aufstehen.“
    „Einen Rückfall! Was für ein
hübsches Wort!“
     
    Das Zimmer roch weniger nach
Medikamenten als nach Hélènes Parfüm. Das schöne Kind lag im Bett, gegen einen
ganzen Haufen Kissen gelehnt. Wache Augen, verführerisches Lächeln, aber
genauso blaß wie Yolande — vielleicht hatte die auch gerade eine Grippe
überstanden. Über dem Nachthemd trug Hélène ein Angorajäckchen, an Handgelenken
und Hals enganliegend. Wirklich ‘ne riesengroße Gemeinheit, so eine Grippe.
    „Langweilen Sie sich sehr im
Büro?“ fragte Hélène.
    „Werd wohl bald genug Spaß kriegen.“
    Ich setzte sie ins Bild.
    „Wenn ich das richtig
verstehe“, zog sie Bilanz, „dann zweifeln Sie nicht am Selbstmord von Paul
Leverrier. Sie wissen nur nicht, warum er sich das Leben genommen hat. Und Sie glauben,
Mauguio ist niedergeschlagen worden.“
    „Jawohl. Gestern nacht wollte ich mich vor allen Leuten nicht darüber
auslassen. Deswegen hab ich die Version mit dem Sturz gegen den Nachttisch in
die Welt gesetzt und Mauguios Worte als besoffenes Gelalle hingestellt. Aber
für mich ist er niedergeschlagen worden. Das muß etwa folgendermaßen vor sich
gegangen sein: Als er aus bekannten Gründen in Jacquelines Zimmer kommt, ist
schon jemand da. Dieser Jemand flüchtet vor Mauguio ins

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