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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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alles nicht besonders sauber, aber ich hatte es mir schlimmer
vorgestellt. Die Möbel sahen gar nicht mal so billig aus. Der riesige
Eichentisch war echt, genauso wie die drei Stühle. Verschiedene
Tierkreislichter leuchteten an der Wand. Zwischen zwei verglasten Regalen hing
ein längliches Bild: eine nackte Frau mit tollen Brüsten über einem schlafenden
jungen Mann, der von der Gefahr nichts ahnte. Sollte nämlich eine Brust
abfallen, wäre es um den Jungen geschehen. War das nun Morpheus nach einer
Geschlechtsumwandlung? Oder Die Jugend und der Traum? Oder ein Physiker,
der sich mit dem Problem der Satelliten herumschlägt? Oder ganz einfach ein
schlafender Mann und eine nackte Frau, nichts weiter? Die einfachsten
Erklärungen sind manchmal die besten. In einem Winkel des Zimmers stand ein
Globus auf einem Dreifuß. Ein Vorhang verdeckte den Durchgang zu einem weiteren
Zimmer. Daneben stand eine Uhr in Marschrichtung, mit schwingendem Pendel und
lautem Ticktack. Links davon eine ausgestopfte Eule, rechts der unvermeidliche
Totenkopf. Hinter einem Stapel Bücher sah ich ein Straßenschild, die Trophäe
eines nächtlichen Streifzugs von Studenten. Das Schild nahm dem Rest der
Einrichtung viel von seiner Ernsthaftigkeit, wenn man das alles überhaupt
ernstnehmen konnte.
    „Setzen Sie sich, Monsieur“,
sagte Van Straeten. „Monsieur... Ich hab Ihren Namen nicht richtig verstanden.“
    „Martin. Arthur Martin.“
    Er setzte sich hinter den
Tisch, auf dem ein ganzer Stapel Zeitungen lag, vor allem der Figaro. Ich setzte mich ebenfalls.
    „Wer hat Sie zu mir geschickt?“
fragte der Scharlatan.
    „Niemand.“
    „Aber irgendwoher haben Sie
doch meine Adresse?“
    „Sicher. Ich weiß nicht mehr,
in welcher Zeitung ich sie gelesen habe, etwa vor einem Monat... weiß nicht
mehr genau, worum’s da ging... Selbstmord, glaub ich.“
    Unauffällig beobachtete ich
ihn. Ich meinte, er zuckte zusammen. War mir aber nicht sicher.
    „Kurz“, fuhr ich fort, „ich hab
mir Ihre Adresse notiert, für alle Fälle. Damals litt ich schon unter Asthma.
Ich war mir sicher, eines Tages würde ich alle Ärzte zum Teufel schicken.“
    „Sie haben Asthma?“
    „Ja, von Zeit zu Zeit.
Anfallartig. Das kommt von den Nerven. Und kein Arzt konnte mir bis jetzt
helfen. Die Pillen haben mir nur den Magen kaputtgemacht. Und dann das
Luftschlucken! Asthma und Luftschlucken, hat beides was mit der Luft zu tun,
aber... Nun, ich denke, Sie sind Heilpraktiker...“
    In diesem Augenblick klopfte es
an der Tür. Besuch. Van Straeten runzelte die Stirn. Erneutes Klopfen. Der
Besuch hatte es eilig. Van Straeten stand auf und ging öffnen. Ich blieb
alleine. Kurz darauf hörte ich Stimmen, dann Lärm wie bei einer Drängelei. Ich
stand jetzt ebenfalls auf, wollte sehen, was da los war. Die Tür zum Zimmer
wurde heftig aufgestoßen, knallte gegen die Wand. Ein Bild fiel runter. Ein
weiteres Bild: Van Straeten, mit zerzaustem Bart, wurde in sein Allerheiligstes
zurückgestoßen, schneller, als ihm lieb war. Ein junger großer Kerl hatte ihn
am Schlafittchen gehabt.
    „Aha!“ sagte der Neue, als er
mich sah. „Kleine Besprechung, hm?“
    „Besuch“, antwortete ich mit
meinem dümmsten Gesicht.
    Er stieß die Tür mit dem Fuß
zu, kam auf mich zu und beugte sich runter. In seinen Augen lagen gleichzeitig
Wut und Trauer. Er lachte.
    „Mensch, Sie haben eine
Visage... damit können Sie kleine Mädchen vernaschen. Hat dieses Schwein
    Er zeigte auf Van Straeten. Der
hatte sich um die Standuhr gerollt und wartete auf irgendein Zeichen, um wieder
aufzustehen.
    „Hat dieses Schwein Sie noch
nicht dazu überredet?“
    Er wartete die Antwort nicht
ab. Gab’s darauf überhaupt eine? Plötzlich stürzte er sich auf den Magier,
stellte ihn schonungslos auf die Beine und gab ihm ein paar gepfefferte
Ohrfeigen. Dabei lachte er den Armen aus.
    „Das ist nur die Anzahlung,
alte Drecksau! Heute kriegst du Ohrfeigen, morgen hau ich dir die Fresse blau.
Und wenn du dann immer noch nicht kapiert hast, bring ich dich um. Klar? Da, hab deine Fotos mitgebracht. Kannst sie dir in die Haare
schmieren. Aber nicht woanders hin. Klar?“
    Er holte einen Umschlag aus
seiner Tasche und warf ihn auf den Schreibtisch. Der Umschlag landete auf dem
Zeitungsstapel, rutschte dann weiter und fiel zu Boden. Die Fotos lagen
verstreut vor meinen Füßen. Ich rührte mich nicht.
    „Hast du verstanden?“ fragte
der neue Gast und schubste Van Straeten in einen Sessel.
    „Hast du

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