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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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und mich aus dem Zimmer.
    „Er braucht Ruhe“, erklärte er
draußen.
    Wir gingen zusammen in die
zweite Etage. Vor Jacquelines Zimmer verabschiedete er sich von uns.
    „Auf Wiedersehn, meine Kleine.
Monsieur Burma...“
    Er sah mich an.
    „Ich geh auch“, sagte ich. „Wollte
nur mal nach Mauguio sehen.“
    „Ja, dann...“
    Unten auf der Rue Valette
knöpfte er sorgfältig seinen Mantel zu und schlug den Kragen hoch. Ein
unangenehmer Wind blies uns von der Montagne Sainte-Geneviève ins Gesicht.
    „Ich würde mich gerne mit Ihnen
unterhalten“, sagte Leverrier.
    „Einverstanden.“
    „Bei mir vielleicht? Dort sind
wir ungestört. Sind Sie mit dem Wagen da?“
    „Ja.“
    „Ich auch. Ich wohne am
Boulevard Saint-Michel. Gegenüber der Rue Auguste-Comte. Treffen wir uns dort.
Dritte Etage.“
    Die Tauben im Luxembourg übten
Tiefflug über der nackten Frau, die auf ihrem Sockel lag, von Fieber
geschüttelt. Glücklicherweise ist sie an die Stelle der zwei Chemiker getreten,
der Entdecker des Chinin und Wohltäter der Menschheit: Pelletier und Caventou
oder Pelztier und Kaviar oder Tierkadaver und Kapelle oder so ähnlich. Das
Denkmal mußte von Leverriers Wohnung aus zu sehen sein.
    Nach unserem Verfolgungsrennen
trafen wir uns im Hausflur wieder. Oben in der dritten Etage führte der Arzt
mich in eine weiträumige, luxuriös ausgestattete Bibliothek und ließ mich dann
ein paar Minuten alleine. Auf dem Tisch lag ein Buch. Ich nahm es und sah’s mir
an. Ein wundervolles Exlibris: ein Ritter in seiner Rüstung schützte mit seinem
Blechkram einen Knirps im Adamskostüm und warf den Fehdehandschuh einem Skelett
zu, das auf einem Thron saß, zu Tode gelangweilt. Und schon kam mein Gastgeber
zurück. Hinter ihm ein Dienstmädchen reiferen Alters mit verschiedenen
Erfrischungen. Sie stellte das Tablett auf den Tisch und verschwand wieder.
Leverrier goß uns was ein, setzte sich und bot mir einen Sessel an. Dann
runzelte er die Stirn.
    „Was ist davon zu halten,
Monsieur Burma? Ich meine von diesem Studenten, bei dem wir eben waren.
Mademoiselle Carrier ist sehr nett... sympathisch... Ich tu ihr gerne einen
Gefallen. Aber ich glaub, sie gehört zu den Leuten, denen immer irgendetwas
zustößt.“
    „Sie ist verführerisch und
aufreizend“, sagte ich. „Mauguio ist verrückt nach ihr. Ständig oder nur, wenn
er besoffen ist. Läuft aber anscheinend auf dasselbe hinaus. Gestern nacht wollte er sie überraschen. Dringt bei ihr ein, und
wenn sie nach Hause kommt... Der übliche Trick. Gestern nacht reichte es aber nicht mehr für Zudringlichkeiten. Blau, wie er war, ist er
gestürzt und mit dem Hinterkopf auf die Nachttischplatte geknallt. Als
Jacqueline ins Zimmer kam, war er ohnmächtig.“
    „So hat sich das abgespielt?“
    „Ich war nicht dabei, aber…“
    „Wissen Sie... ich hab mich
nämlich gefragt, verstehen Sie... Vielleicht konnte dieser Mauguio doch noch
zudringlich werden...Jedenfalls war das seine Absicht... Und Mademoiselle
Carrier hat sich verteidigt. Vielleicht hat sie ihm was auf den Schädel
gegeben, oder sie hat ihn von sich gestoßen, und er ist unglücklich gefallen.
Ich mag das Mädchen. Es täte mir leid, wenn die Geschichte Konsequenzen für sie
hätte. Und ich persönlich will mich aus solchen Geschichten raushalten. Ich hab
meine eigenen...“
    „Ich war dabei, als
Mademoiselle Carrier den Betrunkenen auf ihrem Bettvorleger gefunden hat.“
    „Sie hat’s mir gesagt, aber...
Na gut, Sie beruhigen mich. Obwohl...“
    Er trank einen Schluck.
    „...der Medizinstudent hat mir
gesagt, daß Mauguio behauptete, niedergeschlagen worden zu sein.“
    „Sie sind Arzt, Monsieur. Sie
haben den... das Opfer untersucht.“
    „Ach, wissen Sie! Für mich ist
ein Schlag ein Schlag. Die Gerichtsmediziner haben ein geschultes Auge für
solche Sachen. Mir jedenfalls hat Mauguio nichts dergleichen erzählt. Er hat
überhaupt nichts erzählt. Gedächtnisverlust durch Alkohol, verstehen Sie? Er
erinnert sich an nichts.“
    „Heute Gedächtnisverlust und
gestern Halluzinationen und Gelalle eines Besoffenen.“
    „Bestimmt. Möchte nur wissen,
warum ich mir seinetwegen den Kopf zerbreche. Sein Zustand ist nicht ernst.
Morgen ist er wieder auf den Beinen. Übrigens... darüber wollte ich eigentlich
gar nicht mit Ihnen reden, Monsieur. Ich hab was anderes auf dem Herzen, sehr
viel schmerzlicher für mich... und vielleicht wollte ich nur ablenken...“
    Er bedeckte seine Augen mit der
Hand.
    „Sehr

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